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0907 - Imperium der Zeit

0907 - Imperium der Zeit

Titel: 0907 - Imperium der Zeit
Autoren: Simon Borner
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so lange aus dem Weg gegangen zu sein. Immerhin war das alles andere als selbstverständlich, machte er seinen »Mumpitz«, wie es in Worms letztlich geheißen hatte, doch heute öffentlich und vor einem - zumindest in der Theorie - Publikum aus weit über einhunderttausend Menschen an den Bildschirmen.
    Der Uniformierte grunzte gequält. »Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen«, sagte er leiernd.
    »Nichts zu… Was? Das kann doch nicht wahr sein. Ein Mann wurde ermordet, ich habe es gesehen, und Sie erzählen mir, es interessiere Sie nicht, was ich zu sagen habe? Was für ein Polizist sind Sie eigentlich?«
    Oookay, der letzte Satz war vielleicht ein wenig unclever , dachte Thomas, kaum dass er ihn ausgesprochen hatte. Doch irgendwie musste er der Mischung aus Unglauben und Verzweiflung Luft machen, die in ihm brodelte. Es tat gut, laut zu werden, das hatte er schon vor Jahren gelernt. Besonders, wenn man diese Lautstärke zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer einsetzen konnte.
    »Ach ja?«, fragte der Polizist sichtlich uninteressiert, hob seine Mütze und strich sich mit der linken Hand durch das kurze, angegelte schwarze Haar. »Und was haben Sie gesehen?«
    »Da war ein Rö…«, begann Thomas sofort, doch der Uniformierte fiel ihm umgehend ins Wort.
    »Ein Römer mit einem Speer, ist klar. Und warum überrascht mich das nicht?«
    Thomas zögerte und wies mit ausgestrecktem Arm auf den Überlebenden der Speerattacke, der weiter hinten auf dem Rücksitz eines Polizeiwagens saß und Löcher in die Luft starrte. »Weil der da Ihnen vermutlich schon das Gleiche erzählt und meine Aussage demnach bestätigt hat?«
    Der Polizist seufzte theatralisch. »Nein. Weil ›der da‹ sturzbesoffen ist und alles Mögliche erzählen würde, wenn man ihm nur lange genug zuhört.« Dann beugte er sich vor und zog hörbar Luft durch die Nase ein. »Und wenn ich Ihren Atem so rieche, haben Sie ihm beim Saufen vermutlich Gesellschaft geleistet. Also: Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Die rosa Elefanten tanzen eine Straße weiter.«
    »Hören Sie mal, wissen Sie überhaupt, wer ich bin?«, brauste Thomas auf.
    »Er vermutlich nicht, aber ich«, erklang plötzlich eine hämisch klingende Stimme in seinem Rücken. Scheuerer drehte sich um - und stand Dirk Olaf Schilp gegenüber, dem Redaktionsleiter des Trierer Studios von RPR1, einem beliebten Radiosender. »Und jetzt machen Sie sich vom Acker, Scheuerer, bevor Sie die Ermittlungen mit Ihren Geistergeschichten aufhalten. Heben Sie sich den Quatsch gefälligst für ihre Zuschauer auf.«
    Thomas wollte noch zu einer Erwiderung ansetzen, ließ es dann jedoch bleiben. Was brachte das schon? Und überhaupt: Was konnten die Damen und Herren in ihren schnieken Uniformen schon gegen ein Wesen ausrichten, das - so war Thomas mittlerweile überzeugt, auch wenn er sich es noch immer nicht eingestehen konnte - nicht von dieser Welt war?
    Nein, hier musste man andere Wege beschreiten, andere Hilfe suchen. Ohne ein weiteres Wort machte Thomas kehrt und entfernte sich vom Schauplatz des grauenhaften Verbrechens. Nachdem er aus dem Sichtfeld der Polizei und dieser Zecke von Schilp getreten war, griff er in seine Manteltasche und fischte sein Handy heraus.
    Es wurde Zeit, dass er jemanden anrief. Jemanden, der vermutlich nicht im Traum gedacht hätte, je wieder von ihm zu hören…
    ***
    »Ich hätte nicht im Traum gedacht, je wieder von dem zu hören«, seufzte Zamorra und steuerte den Jaguar auf die mehrspurige Zubringerstraße, die von der Autobahn in Richtung des Trierer Stadtzentrums führte. »Thomas Scheuerer…«
    »Ein alter Freund von dir, ja?«, fragte Nicole vom Beifahrersitz, und wenn er sich nicht täuschte, lag ein unausgesprochener Vorwurf in diesen Worten. Seine Begleiterin hatte kein gesteigertes Interesse an diesem Spontanausflug an die Mosel, das hatte sie schon mehrfach betont, und sie sah auch keinerlei Veranlassung dazu.
    »Absolut nicht«, sagte Zamorra. »Scheuerer ist ein… Unsere Wege haben sich vor einigen Jahren kurz gekreuzt, als ich in Worms einer Sache auf der Spur war, die zwar übernatürlich wirkte, sich dann aber als Bauernfängerei herausgestellt hat. Und der Bauernfänger hinter ihr war eben dieser Scheuerer, ein ziemlich abgebrühter Betrüger und Taugenichts. Für den ist Kleinkriminalität wie eine zweite Haut.«
    »Und weil der dich mitten in der Nacht anruft, lassen wir alles stehen und liegen?« Nicole rollte mit
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