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0906 - Das Vermächtnis der Hexe

0906 - Das Vermächtnis der Hexe

Titel: 0906 - Das Vermächtnis der Hexe
Autoren: Oliver Fröhlich
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ankam.
    Vor dem Stand diskutierten ein Mann und eine Frau darüber, ob für ihre Kinder eine Hexenmaske geeignet wäre oder ob die Kleinen doch lieber etwas weniger Gruseliges hätten. Die Frau plädierte energisch für die Maske eines niedlichen Hundes mit heraushängender Zunge. Neben ihnen standen ein Junge und ein Mädchen, die fünf oder sechs Jahre alt sein mochten. Mit großen Augen begutachteten sie gerade die Hexenmaske und schenkten den Argumenten der Mutter keinerlei Beachtung.
    »Entschuldigen Sie bitte!« Zamorra schob sich an den Leuten vorbei, immer darauf bedacht, nichts von dem Glühwein zu verschütten.
    Der Mann machte ihm bereitwillig Platz, von der Frau jedoch fing er sich einen giftigen Blick ein. In diesem Moment hätte ihr Gesicht selbst gut als Vorlage für eine Hexenmaske dienen können.
    Zamorra lächelte sie an und bedankte sich herzlich.
    »Guten Abend«, begrüßte er den kleinen Glatzkopf hinter dem Verkaufsstand. »Haben Sie vielleicht einen Jungen gesehen…?«
    »Sie können sich doch nicht einfach an meinen Kunden vorbeidrängeln!«
    »Tut mir leid, aber ich bin auf der Suche nach einem Jungen.«
    »Hab ich nicht gesehen!«, behauptete der Glatzkopf und wandte sich der immer noch giftig schauenden Kundin zu.
    »Sie wissen doch noch gar nicht, wie er aussieht!«
    »Hab ihn trotzdem nicht gesehen. Und jetzt hauen Sie ab, wenn Sie nichts kaufen wollen.«
    Trotzdem beschrieb Zamorra dem Verkäufer Rhetts Aussehen.
    »Hab ich nicht gesehen. Und jetzt hören Sie auf, mir mit Ihrer Fragerei die Kunden zu vergraulen. Ich bin echt genervt.«
    »Angenehm«, sagte der Meister des Übersinnlichen. »Ich bin Professor Zamorra.«
    Der Glatzkopf hatte offenbar das Humorverständnis eines Eiszapfens und wandte sich erneut seiner Kundin zu. Diesmal endgültig.
    Zamorra schüttelte den Kopf und verließ den Stand.
    Vielleicht sollte der Typ mal eine Mütze aufsetzen. Im Moment scheint sein Freundlichkeitszentrum eingefroren zu sein.
    Er trank einen weiteren Schluck Glühwein. Wieder fühlte er die heiße Flüssigkeit in den Magen rinnen. Doch diesmal blieb die Wärme in Höhe der Brust hängen und nahm sogar noch zu.
    Da erst wurde Zamorra klar, was das bedeutete: Die Hitze, die er spürte, kam nicht vom Glühwein, sondern vom Amulett!
    ***
    »Merde!«
    Er ließ den Becher achtlos fallen und öffnete die obersten Knöpfe des Mantels. Mit der Hand glitt er unter sein Hemd und fühlte nach Merlins Stern .
    Sicherlich hätte er sich den halben Striptease in dieser Kälte auch sparen und das Amulett einfach rufen können. Vor so vielen Zeugen hielt er das aber für keine so gute Idee.
    Er hakte das magische Kleinod von der Kette, die er um den Hals trug, und sah es an. Obwohl es heiß war, verbrannte Zamorra sich nicht die Finger daran. Die Luft um das Amulett flirrte und flimmerte. Magie oder lediglich der Temperaturunterschied zwischen Merlins Stern und der Umgebung? Zamorra wusste es nicht.
    »Mama, kaufst du mir auch so eines?«, hörte er ein kleines Mädchen fragen.
    Als er aufsah, stand vor ihm das grimmige Paar, das er gerade noch am Maskenstand zur Seite gedrängt hatte. Der Junge an der Hand des Mannes verbarg sein Gesicht hinter der Maske eines Dämons mit spitzen Ohren und blutunterlaufenen Augen. Das Mädchen presste sich mit einem Arm eine Hexenmaske gegen die Brust. Mit der freien Hand jedoch zeigte es auf Zamorras Amulett.
    Nun, da hat sich die Mutter mit ihrem Wunsch nach etwas Harmloserem wohl nicht durchsetzen können , dachte Zamorra.
    »Bitte, Mama! Ich will auch so eines!«
    Die Frau verdrehte die Augen und presste die Lippen aufeinander.
    Zamorra lächelte sie entschuldigend an und ließ Merlins Stern in die Manteltasche gleiten.
    »Tut mir leid«, sagte er dann zu der Kleinen. »Aber das hab ich nicht hier gekauft!«
    »Ich will trotzdem eines!«, quengelte das Mädchen weiter, bevor es von seiner Mutter weggezerrt wurde.
    Wortlos trottete der Mann mit seinem Sohn der Frau hinterher. Dennoch schenkte er Zamorra zum Abschied ein Schulterzucken und einen zerknirschten Blick, als wolle er sich für die Laune seiner gesetzlich Zugemuteten entschuldigen.
    Zamorra wartete noch ein paar Sekunden, dann zog er das Amulett wieder aus der Tasche. Inzwischen war es abgekühlt und lag schlafend und inaktiv auf Zamorras Handfläche.
    Er runzelte die Stirn.
    Was war hier gerade geschehen? Warum hatte das Amulett sich für einen Augenblick erwärmt? War etwas Schwarzmagisches in der Nähe, auf
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