Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0904 - Ein teuflischer Verführer

0904 - Ein teuflischer Verführer

Titel: 0904 - Ein teuflischer Verführer
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
etwas getan? Warum?
    Er sah das Bild vor sich. Das Gesicht, das durch das Fenster des Pfarrbüros geschaut hatte. Dieses kalte Gesicht, dieser harte, gefühllose Blick, das wissende Lächeln um die breiten Lippen. Ja, es gab nur einen, dem er die Verantwortung zuschanzen konnte.
    Er war in der Kirche, er hatte sie entweiht, und Alex Preston sah noch mehr, als er über die Lache hinweg gegen die Wand an der anderen Seite schaute.
    Auch sie war verschmiert worden, als hätte jemand mit einem dicken Pinsel das Blut dort verteilt.
    Er mußte schlucken, er würgte auch, aber er war nicht in der Lage, etwas zu tun.
    In diesen Augenblicken merkte Alex, daß er verloren hatte und ihm der Boden allmählich unter den Füßen wegglitt. Er fühlte sich so einsam wie nie zuvor in seinem Leben. Alles war anders geworden. Es hatte ihn aus seinen festen Grundsätzen hervorgerissen. Er war immer der Kirche treu geblieben, er hatte aus ihr die Kraft geschöpft, und er hatte auch gewußt, daß es Menschen gab, die genau das haßten, was er liebte. Doch nie zuvor hätte er damit gerechnet, einmal persönlich betroffen zu sein. Daß es nun eingetreten war, schockte ihn um so stärker.
    Er war bis an den Rand der Lache herangetreten. Wenn er jetzt auf dem direkten Weg den Altar erreichen wollte, mußte er durch diesen kleinen Blutteich laufen.
    Das tat er nicht.
    Er blieb stehen und erkannte, daß sich auf der Oberfläche sogar eine dünne Haut gebildet hatte.
    Demnach lag die Lache schon länger hier.
    Und wo, zum Henker, verbarg sich der Typ, den er hinter der Scheibe gesehen hatte, von dem alles ausgegangen war?
    Es war wie eine Zündung. Sein Gedanke schien aufgenommen worden zu sein, denn hinter sich vernahm er ein Geräusch, das sich anhörte wie ein leises Kratzen.
    Obwohl er von innerer Kälte fast erstarrt war, drehte sich Alex Preston um.
    In der dritten Bankreihe und direkt am Gang hatte sein Widersacher gelauert und eben auf diesen günstigen Zeitpunkt gewartet. Er schob sich nur langsam in die Höhe, weil er dieses Spiel genoß, und so geriet er intervallweise in Prestons Blickfeld.
    Alex sah zuerst das Gesicht. Es war glatt, bleich und teigig. Die beiden Augen wirkten wie Löcher, die jemand hineingedrückt hatte. Ihm aber kam dieses Gesicht jetzt ganz anders vor, als wäre es ein Abziehbild des Satans.
    Vor ihm drückte sich ein Besessener in die Höhe, ging einen Schritt zur Seite, trat hinein in den Gang und breitete die Arme aus. »Hier bin ich!« flüsterte er Alex zu…
    ***
    Preston wußte nicht, was er noch unternehmen sollte. Die Sicherheit dieses Lederjackenträgers hatte ihn geschockt und auf ihn den Eindruck gemacht, als würde ihm jetzt die Kirche außen und auch innen gehören. Ein widerlicher Typ, und Alex mußte sich schütteln. Auch deshalb, weil er daran dachte, daß seine Verlobte auf den teuflischen Charme des Verführers hereingefallen war.
    Er ließ die Arme sinken. »Du bist Alex, wie?«
    »Ja.«
    »Wie schön, daß wir uns gegenüberstehen. Ich heiße übrigens Lou. Lou Ryan.«
    »Ich kenne Sie nicht.«
    Ryan spitzte die Lippen. »Oh, das habe ich mir gedacht. Viele kennen mich nicht, und das ist auch gut so. Wenn mich jedoch jemand kennenlernt, sorge ich dafür, daß mich dieser Jemand nicht mehr vergißt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es ein Mann oder eine Frau ist.«
    »Ich weiß.«
    Lou lächelte teuflisch. »Denkst du vielleicht an eine bestimmte Person?«
    »Kann sein«, würgte Preston mühsam hervor.
    Ryan schnappte mit den Fingern. Das Geräusch hörte sich in der stillen Kirche überlaut an. »Laß mich raten, Freund. Du denkst da an ein weibliches Wesen, an eine junge Frau mit brauen Haaren, die sich so sittsam und im Glauben verbunden gegeben hat. Stimmt's?«
    Preston schwieg.
    Dafür lachte Ryan schallend. Die Wände gaben das Echo wider, und es hörte sich schaurig an. »Ich werde dich nicht länger auf die Folter spannen, Alex, und dir den Namen sagen. Es ist Vera Tanner, deine Vera, deine Verlobte. Nicht wahr, Alex?«
    Er hatte es bisher nicht glauben wollen und sich noch immer eine kleine Insel des Zweifels gelassen.
    Nun aber sah er es anders, und er spürte, wie ihm die Wahrheit das Blut in den Kopf trieb. Sein Mund war trocken geworden, er hatte zudem Mühe, seine Gedanken zu sammeln, und er wußte leider, daß er sich nicht geirrt hatte, was Veras Verhalten anging. Sie war dem Hundesohn vor ihm in die Falle gelaufen.
    »Sag doch was.«
    Er nickte nur.
    »Deine Vera, deine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher