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090 - Moerderische Knochenhaende

090 - Moerderische Knochenhaende

Titel: 090 - Moerderische Knochenhaende
Autoren: Frank Sky
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zerrten sie mit unwiderstehlicher Gewalt zu sich heran.
    „Mir gehörst du – für alle Ewigkeit“, sagte Silvana mit geisterhaft tonloser Stimme.
    Julia schrie verzweifelt um Hilfe, aber ihre Rufe gingen im Donnergrollen unter. Sie bemühte sich vergeblich, sich aus der Umklammerung ihrer Schwester zu befreien. Sie schlug mit den Füßen gegen den Sarg, und sie biß in ihrer Verzweiflung sogar in den kalten Arm Silvanas, wobei sie merkte, daß ihre Zähne nicht in das Fleisch eindringen konnten. Wie eine Ertrinkende kämpfte sie dagegen an, in den Abgrund gezogen zu werden, aber ohne den geringsten Erfolg.
    „Nein, Silvana, nein“, schrie sie, jedoch es half ihr nichts.
    Das Wesen im Sarg reagierte nicht auf ihr Bitten und Flehen. Mit unglaublicher Kraft zog es das Mädchen zu sich heran, bis Julia das Gleichgewicht verlor und in den Sarg stürzte. Ihr warmes, lebendiges Gesicht preßte sich an die eiskalte Wange der Toten.
    Julia hatte das Gefühl, von einer unwiderstehlichen Macht hinweggeschwemmt zu werden. Sie verlor das Bewußtsein.
    Der erste Donnerschlag kam auch für Carlotta Vespari überraschend, obwohl sie beobachtet hatte, wie schnell der Himmel sich verdunkelte. Sie hatte nicht mit einem Gewitter gerechnet und sich zudem auf ein Problem konzentriert, das sie am nächsten Tag mit den beiden Mädchen diskutieren wollte. Deshalb fuhr sie erschreckt zusammen, als es krachte. Es begann zu regnen.
    Sie erkannte, daß es zu weit zum Schloß war. Sie würde vollkommen durchnäßt sein, bevor sie dort ankam. Deshalb stellte sie sich unter eine Rotbuche, obwohl sie sich des Risikos bewußt war. Bis zur Kapelle war es nicht weit. Sie brauchte nur etwa hundert Meter zu laufen und würde dann im Trockenen sein.
    Als sie sich diesem Gebäude zu wandte, sah sie eine dunkle Gestalt auf die Kapelle zu rennen und dahinter verschwinden. Sie erschrak, denn sie wußte, daß die Zwillinge darin waren. Wer aber war der Mann? Sie hatte ihn in der kurzen Zeit nicht erkennen können.
    Sie begann zu laufen. Der Regen prasselte in wahren Sturzbächen herab, aber das kümmerte sie jetzt nicht. Sie wollte wissen, was bei der Kapelle geschah.
    Als sie bis auf fünfzig Meter herangekommen war, sah sie, daß Flammen von der Rückseite her hochschlugen, jedoch schon bald wieder vom Regen erstickt wurden. Der Blitz hatte die Kapelle getroffen.
    In höchster Sorge um Silvana und Julia rannte Carlotta Vespari weiter. Sie erreichte den Haupteingang, drückte den Türgriff herunter und öffnete. Julia lag auf dem Boden, die Beine seltsam verdreht.
    „Julia!“
    Sie lief zu dem Mädchen, kniete neben ihm nieder und legte ihm die Hand unter das Kinn, um nach dem Pulsschlag zu fühlen. Julia lebte, sie war nur bewußtlos. Behutsam richtete Carlotta das Mädchen auf. Sie hörte schwere Schritte und blickte sich suchend um, da sie nicht erkennen konnte, aus welcher Richtung sich ihr jemand näherte. Ihr Herz schlug plötzlich schneller. Sie hatte Angst, denn sie mußte an das Verbrechen denken, das in dieser Kapelle verübt worden war.
    Wieder schlug der Blitz in der Nähe ein. Für Bruchteile von Sekunden erhellte er das Innere der Kapelle.
    Die Erzieherin sah eine große, unförmige Gestalt auf sich zukommen. Erschreckt fuhr sie auf und wich zurück.
    „Signorina Carlotta? Signorina Julia? Ist alles in Ordnung?“ fragte die vertraute Stimme des Hausdieners Rodrigo.
    Carlotta Vespari atmete erleichtert auf.
    „Sie sind es, Rodrigo.“
    „Natürlich bin ich es. Wer sonst?“
    Er zündete zwei Kerzen an, so daß sie wieder sehen konnten.
    „Ich wußte, daß die Kinder in der Kapelle waren, und ich hatte beobachtet, daß der Blitz einschlug. Ich holte zuerst Silvana heraus, als Julia noch betete. Dann schlug der Wind die Tür zu, und ich konnte zunächst nicht hereinkommen.“
    „Der Regen hat den Brand gelöscht, es ist alles in Ordnung.“
    Julia kam wieder zu sich. Verwirrt und verängstigt blickte sie um sich.
    „Was ist passiert?“ fragte sie stockend.
    „Der Blitz hat eingeschlagen“, entgegnete Carlotta ruhig. „Weiter nichts.“
     

     

Beim Abendessen herrschte eine gedrückte Stimmung, obwohl Piero di Abbaccio überraschend im Schloß erschienen war. Carlotta Vespari hatte seinen Sportwagen bereits gesehen, als sie sich in ihrem Zimmer umgezogen und abgetrocknet hatte.
    Sie war von diesem Mann fasziniert, aber auch sie vermochte über seine scherzhaften Bemerkungen bei Tisch nicht zu lachen. Sie spürte, daß Julia
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