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0890 - Die Vergessenen

0890 - Die Vergessenen

Titel: 0890 - Die Vergessenen
Autoren: Jason Dark
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den Wohnraum zu seiner Mutter, wo es zunächst gut aufgehoben war.
    So konnte ich mich um den Ertrunkenen kümmern.
    Er sah nicht nur scheußlich aus, er roch auch widerlich. Nach brackigem Wasser, nach Verwesung. Von seinem Gesicht war nicht viel zu sehen, weil die Haare wie strähniges Gestrüpp über die Stirn hinweg bis zur Nase reichten. Aber Janet hatte ihn genau erkannt. Ich hörte ihre zitternde Stimme, als sie mit ihrer Mutter sprach und ihr immer wieder erklärte: »Es ist Dad! Es ist mein Vater! Es ist dein Mann, Mutter! Er ist zurückgekehrt! er ist nicht tot, glaube ich. Lieber Gott, was tun wir…?«
    Sie mußte also einen Teil dieser dämonischen Metamorphose mitbekommen haben, aber ich wollte ihr den vollen Anblick ersparen und ging zugleich davon aus, daß eine Silberkugel wohl nicht ausreichen würde. Deshalb nahm ich mein Kreuz.
    In ihm steckte die Kraft des Lichts, des Guten, und es würde mir gegen dieses Wesen helfen, das mir - freiwillig oder nicht - plötzlich entgegenkam.
    Es packte zu.
    Aber es griff mit seiner graugrünen Pranke nach meinem Kreuz!
    Im letzten Augenblick war ihm die Gefahr bewußt geworden. Es hatte die Hand wegziehen wollen, was aber nicht mehr möglich war, denn ich hatte mein Kreuz vorgedrückt.
    Die Hand des Monstrums schloß sich darum und gleichzeitig berührte sie auch meine Haut. Es war ein widerlicher, ein kalter, ein ekliger Kontakt mit einem Untoten. Mir fiel auch kein direkter Vergleich ein, aber das Kreuz tat seine Wirkung. Es wehrte sich gegen die schreckliche Magie, und es strahlte ein Licht ab, das, von der Hand ausgehend, regelrecht in den Arm hineinschoß und ihn durchsichtig machte wie Glas.
    Das Licht verteilte sich und übernahm den gesamten Körper.
    Ich war einen kleinen Schritt nach hinten getreten, hatte das Kreuz aber nicht mehr an mich genommen, sondern es zwischen den Fingern des anderen gelassen.
    Das Wesen starb stumm.
    Ich kam mir vor wie ein Kinobesucher, der erlebte, wie ein Monstrum in Kontakt mit einem unter Hochspannung stehenden Zaun geraten war, dessen Energien aufgefangen hatte und verbrannte.
    Das Licht tötete ihn. Es war so stark, um Geist und Körper zu zerreißen und in Nichts aufzulösen. Dabei sah es so aus, als würde es zusammenfallen, aber es war verschwunden, und nur mein Kreuz löste sich aus dem vergehenden Wesen und landete mit einem leisen und klirrenden Laut am Boden.
    Ich bückte mich, hob es auf, steckte es wieder zurück in die Tasche und sah als Rest dicht vor mir nur den zerfetzten Körper des Hundes liegen.
    Den Mörder selbst gab es nicht mehr. Er hatte sich aufgelöst und würde nie mehr zurückkehren.
    Mit dem Fuß schob ich den Hunderest zurück ins Freie, damit ich die Tür schließen konnte. Auch bei mir trat so etwas wie ein Schock ein. Ich mußte mich zunächst einmal gegen die Wand lehnen und die Vorgänge verdauen.
    Einer war nicht mehr.
    Aber es gab noch die anderen beiden, die sich bestimmt ihre eigenen Ziele ausgesucht hatten.
    Meine Beine waren schwer, als ich mich drehte und den kurzen Weg zur Wohnzimmertür ging. Ich betrat den Raum und sah Mutter und Tochter dicht beisammen.
    Janet hatte in Kopfhöhe neben ihrer liegenden Mutter auf dem Boden gekniet. Sie hielt die gesunde und nicht verbrannte Hand der Mutter fest, als sie zur Tür schaute, mich sah und die Angst in ihren Augen einer Frage wich.
    Auf meinen Lippen zeigte sich ein verloren wirkendes Lächeln. Ich atmete die warme Luft ein und nicht mehr den Gestank der Verwesung.
    Dann nahm ich die letzten Worte der Tochter auf. »Ob es Ihr Vater gewesen ist, Janet, weiß ich nicht. Was oder wer immer er auch gewesen sein mag, es gibt ihn nicht mehr. Er ist erledigt, er wird nie mehr zurückkehren, und es ist auch gut so.«
    Beide Frauen schwiegen. Sie staunten, sie wollten etwas sagen, das konnte ich mir sehr gut vorstellen.
    Eve faßte sich als erste. »Nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Wieso?«
    Ich hob die Schultern.
    Janet weinte, aber ihre Mutter redete weiter. »Wie haben Sie das geschafft, John?«
    Etwas müde winkte ich ab. Heldenhaft fühlte ich mich nicht. »Es spielt keine Rolle, Madam, wichtig ist nur, daß ich es hinter mich gebracht habe und Sie beide in Ruhe weiterleben können. Sie brauchen keine Angst mehr vor einem Wesen namens Donald Todd zu haben.«
    Sie schwiegen. Aber sie lächelten nicht. Zu stark und fest steckte das Erlebte noch in ihnen. Ich sah auch, daß sie froren. Zugleich erweckten sie den Eindruck, als wollten sie reden,
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