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0875 - Die Rückkehr des Jägers

0875 - Die Rückkehr des Jägers

Titel: 0875 - Die Rückkehr des Jägers
Autoren: Andreas Balzer
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aufhielten, zogen die Jacken zusammen und beschleunigten ihre Schritte.
    Doch Jean Fournier schien die Kälte kaum zu spüren. Er ignorierte sie ebenso wie die neugierigen Blicke derer, die sich fragten, ob der grimmig aussehende Mann in dem langen, schwarzen Mantel tatsächlich der ehemalige TV-Star war, den sie in ihm zu erkennen glaubten. Eine seltsame Mischung aus Mitleid und Schadenfreude sprach aus diesen Blicken. Hochmut kommt vor dem Fall, schienen sie zu sagen. Noch vor wenigen Jahren hätte jeder öffentliche Auftritt des Jägers einen Massenauflauf verursacht. Inzwischen war die Zeit über ihn hinweggegangen, und Myriaden anderer Stars und Sternchen hatten nach ihm die Titelseiten der Boulevardzeitungen und Hochglanzblätter verziert.
    Zielstrebig näherte sich Jean einem bescheidenen Doppelgrab. Nicht weit entfernt lagen die sterblichen Überreste von Jim Morrison, die immer noch unzählige Pilger anzogen. Man muss nur früh genug sterben, um eine Legende zu werden. Wer überlebt, hat schon verloren , dachte Jean bitter. Der rebellische Doors-Sänger war für ihn früher immer ein Vorbild gewesen, doch jetzt verspürte er nur Abscheu und Ekel.
    Endlich war er am Ziel angekommen. Ich war viel zu lange nicht mehr hier. Die Schuldgefühle versetzten Jean einen tiefen Stich, als er vor dem schlichten Grabstein niederkniete. Pierre und Julie Fournier stand auf dem Granit. Mehr nicht. Verzeiht mir; ich war zu beschäftigt.
    Doch das war eine Lüge. Die Wahrheit war, dass es einfach zu schmerzhaft war, hierher zu kommen. Von einer Sekunde zur anderen war Jean wieder der achtjährige Junge, der hilflos zusah, wie seine Eltern starben. Hingeschlachtet von dämonischen Kreaturen, die Berakaa auf sie gehetzt hatte. Denn sie waren die Letzten des Bundes der ewigen Gerechtigkeit , der sich seit Jahrhunderten der Vernichtung des Dämons verschrieben hatte.
    Jeans Kindheit endete jäh in dem Augenblick, als die rotäugigen Bestien seine Mutter vor seinen Augen in Stücke rissen. Und als er auf der Flucht vor ihnen in das verbotene Zimmer seiner Eltern eindrang und dort den geheimnisvollen Dolch fand.
    Die Klinge der Vergeltung.
    Mit einem grimmigen Lächeln erinnerte sich Jean Fournier daran, wie er mit der magischen Waffe die drei höllischen Kreaturen erledigt hatte. Seit diesem Tag hatte es für ihn nur ein Ziel gegeben: die Arbeit seiner Eltern zu Ende zu führen und Berakaa zu vernichten.
    Doch der Dämon war tot, und es war, als sei der Jäger mit ihm gestorben. Welchen Sinn hatte sein Leben jetzt noch?
    Unwillkürlich musste er an Paul Gautard denken, dessen Schicksal dem seinem so ähnlich war. Jean wusste nicht, welche dämonische Kreatur die Familie des Milliardärs auf dem Gewissen hatte. Gautard hatte keinen Namen genannt, und aus irgendeinem Grund hatte Jean nicht gefragt. Fast so, als hätte ihn eine ungewohnte Scheu davon abgehalten, dieses Geheimnis zu lüften. Seltsam. Doch erneut schreckte sein Geist vor der bloßen Beschäftigung mit diesem Thema zurück.
    Was nützte dieses Wühlen in der Vergangenheit? Jetzt musste er an die Zukunft denken. Es gibt noch so viele andere Dämonen. Wollen Sie die wirklich alle ungestraft davonkommen lassen?
    Nein, das wollte er nicht. Entschlossen richtete sich Jean auf. Er spürte plötzlich eine unbändige Wut in sich, blanken Hass auf alle Kreaturen dieser verfluchten Schattenwelt, die ihm seine Eltern genommen und ihn gezwungen hatten, dieses Leben ohne Glück und Freunde zu führen. Nein, Berakaas Tod war noch lange nicht genug. Es war erst der Anfang! Der Jäger hatte ein neues Ziel. Und Paul Gautard würde ihm dabei helfen, es zu verwirklichen.
    ***
    Gegenwart
    »Nein, du wirst nicht fernsehen! Geh in dein Zimmer und mach Hausaufgaben!«
    »Aber…« Fooly sah Professor Zamorra mit seinen großen, tellerrunden Augen hilflos an, während er mit seinen plumpen viérfingrigen Händen nervös eine Fernsehzeitung zerknüllte. »Ich bin ein Drache…«
    »Das ist ja das Schlimme. Erinnere mich bloß nicht daran.«
    »Und Drachen machen keine Hausaufgaben. Nicht heute, nicht früher, nicht niemals nirgends nie.«
    Zamorra stöhnte ob dieser absurden Verneinungsorgie nur entnervt auf. Der Parapsychologe wusste, dass es wenig Sinn hatte, mit dem rund 1,20 Meter großen, nicht gerade schlanken Jungdrachen zu diskutieren. Mit seinen rund 100 Jahren war Fooly eben noch ein Kind, und genauso bockig und uneinsichtig benahm er sich auch.
    Aber diesmal würde Zamorra nicht
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