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0874 - Das Tier

0874 - Das Tier

Titel: 0874 - Das Tier
Autoren: Jason Dark
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wunderbar und dann…?
    Es war über ihn gekommen wie eine Welle. Grauenhaft, schnell, nicht mehr zu halten. Er hatte sich auch nicht gegen dieses Meer stemmen können, sein Kopf war plötzlich prall gefüllt, aber nicht nur mit seiner eigenen Psyche, sondern mit der Botschaft des Fremden. Sie war hineingetost wie eine geistige Brandung, hatte ihn überschwemmt, ihm etwas befohlen, und dann hatte er es getan.
    Den Stein angehoben und zugeschlagen.
    Er hatte Johnny töten wollen!
    Noch immer erschrak Marty bei diesen Gedanken. Doch nicht er war es gewesen, sondern ein anderer. Jemand anderer hatte ihm den Befehl dazu gegeben, den Stein aufzuheben und ihn auf den Kopf seines Schulkameraden zu schmettern.
    Eine andere Stimme, eine andere Kraft, eine andere Macht.
    Er zitterte plötzlich, wobei er kaum noch denken konnte. Er war zu einem Ergebnis gelangt, und er sah seine Mutter plötzlich wieder mit anderen Augen an.
    Sollte sie die Macht über ihn gewonnen haben? War sie es, die ihn dazu gebracht hatte?
    Er öffnete die Augen.
    Die fiktiven Bilder verschwanden, und er mußte sich wieder in der Realität zurechtfinden, auch wenn dies nicht schwer war, denn die Mutter schaute ihn an.
    In ihren dunklen Augen glitzerte es, als würden darin Wassertropfen funkeln. Als hätte sie ebenfalls das Bild gesehen und auch seine geheimsten Gedanken erraten, flüsterte sie ihm zu: »Du darfst dich nicht gegen dein Schicksal stemmen, Marty. Du darfst es einfach nicht. Verstehst du das? Es ist unmöglich, dagegen anzukämpfen. Du mußt es akzeptieren, und du mußt auch ihn akzeptieren.«
    Marty schwieg, und er dachte nur über die Worte seiner Mutter nach. Sie hatte ihm etwas gesagt, mit dem er nicht zufrieden sein konnte. Es hatte direkt mit ihm zu tun, aber auch indirekt. Zwei Dinge, die zusammengehörten, aber trotzdem nicht paßten, zumindest seiner Meinung nach.
    Er stand auf, wobei seine Mutter ein wenig mithalf. »Ich verstehe dich ja, Marty, es war alles viel für dich, aber du wirst sehr schnell lernen, es zu akzeptieren. Wir haben es auch akzeptiert, und nicht nur das. Wir lieben es.«
    Noch immer sprach seine Mutter in Rätseln. Er wußte die Lösung nicht, sie war ihm fremd und lag in einem fernen Nebel verborgen. Aber es stand für ihn fest, daß man ihn in den Mittelpunkt gedrückt hatte und er diesen Kreis aus eigener Kraft nicht mehr verlassen konnte.
    »Du wirst ihn akzeptieren und auch lieben lernen. Hier unten hat er auf dich gewartet.«
    »Wer, Johnny?« Marty hatte die Frage erst nicht stellen wollen, sie war ihm wie von selbst über die Lippen gerutscht. Susan Stone jedoch lachte ihren Sohn an.
    »Versteife dich nicht zu sehr auf Johnny, mein Junge, er ist nur ein Teil von allem. Und nicht einmal der wichtigste.«
    Marty nickte, ohne es zu wollen. Mit leeren Blicken schaute er seiner Mutter zu, die sich zur Seite drehte, ihm dabei zulächelte und auf die rechte Tür zuging. Den Schlüssel trug Susan bei sich. Sie drehte ihn zweimal, winkte ihrem Sohn mit der freien Hand zu, drückte die Tür auf und flüsterte:
    »Komm, Marty, komm zu mir…«
    ***
    Wir waren zu viert!
    Sheila Conolly, ihr Mann Bill, mein Freund und Kollege Suko und ich. Wir betraten die Disco wie vier Westernhelden, die zum Duell antraten, wobei wir vom Hof her kamen und in eine Welt gelangten, die völlig anders war.
    Hier herrschte die Kirchen-Szene!
    Es war modern geworden, sich mit dem Hauch des Glaubens und der christlichen Mystik zu umgeben. Man betrat die Discos nicht mehr in einem grellbunten Outfit, sondern kleidete sich spartanisch in Mönchskutten und Nonnengewänder, man trug Jesuslatschen, setzte eine Leidensmiene auf, umgab sich mit Heiligenbildern und Kerzenschein, verzichtete auf hartes Licht und Laserstrahlen, sondern machte die Disco zu einer Kirche.
    Man saß in Beichtstühlen, man trank dort Klosterbier oder von Mönchen gebraute Liköre. Man stellte Kreuze auf oder schmückte sich mit ihnen, und als Halsketten diente in der Szene Rosenkränze.
    Es wurde weder Techno noch Rock gespielt. In der Kirchen-Disco entsprach die Musik dem Äußeren.
    Choräle und gregorianische Gesänge im Hifi-Sound hallten durch die Discos und törnten die Gäste an. Man freute sich nach innen, man wollte die Seele reinigen und sich auf die neue Spiritualität konzentrieren, und man trug Bibelzitate als Aufdrucke auf den T-Shirts.
    Die Szene war noch jung, doch sie boomte, und die offizielle Kirche schaute mit einem weinenden und einem lachenden
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