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0874 - Das Tier

0874 - Das Tier

Titel: 0874 - Das Tier
Autoren: Jason Dark
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Lautstärke zu. Sie beherrschte für einen Moment unser gesamtes Denken, und wenn wir die Augen geschlossen hätten, wären wir uns tatsächlich vorgekommen wie in einer Kirche, da die äußeren Bedingungen ebenfalls stimmten.
    Wir rochen den Weihrauch und das Wachs der Kerzen. Die hallenden Klänge der Musik, dazwischen die schweren Stimmen der singenden Mönche, hier kamen einige Dinge zusammen, um die klöster- und kirchliche Atmosphäre perfekt zu machen.
    Wir hatten mit dieser Atmosphäre rechnen müssen. Trotzdem war sie uns fremd und überraschte uns.
    Es war besonders das Outfit der Gäste. Junge »Mönche« und »Novizinnen« bewegten sich auf einer kleinen Tanzfläche, hockten auf Kirchenbänken oder in Beichtstühlen dicht beisammen. Manche Gäste saßen auch allein und lauschten dem Gesang.
    Kerzen spendeten Licht. Nur dort, wo sich die Theke befand, half die Elektrizität mit, die Umgebung zu erhellen. Rauchschwaden zogen träge durch die Lichtarme oder hüllten die Gestalten ein, die an der Theke saßen oder hinter ihr bedienten.
    Da trugen die Keeper Meßdienergewänder. Das hatte ich auch noch nicht gesehen.
    »Mir ist es hier zu laut«, sagte Sheila.
    »Das können wir ändern«, erklärte Bill. »Wartet ihr an der Theke auf mich.« Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er verschwand, um den Platz ausfindig zu machen, der wichtig für ihn war.
    Plötzlich verstummten die Gesänge.
    Stille breitete sich aus. Auch die Gespräche waren nicht zu hören. Auf der Tanzfläche erstarrten die Paare, und niemand war da, der protestierte.
    Suko und ich waren zur Theke gegangen und hatten uns dort auf zwei Hocker gesetzt. Neben mir saß eine junge Frau, die an eine Nonne erinnerte. Sie schaute mich skeptisch an und nuckelte an ihrem Drink. Der Strohhalm steckte zwischen ihren dunkel geschminkten Lippen.
    Ein Geräusch unterbrach die beklemmende Stille. Es waren die harten Tritte einer Frau. Zielstrebig ging Sheila Conolly auf die Tanzfläche zu und stellte sich dort hin.
    Die Paare hatten ihr Platz geschaffen, und die Augen aller Gäste waren jetzt auf sie gerichtet.
    Bill stand plötzlich neben Suko. »Sie muß es einfach tun«, sagte er leise zu uns. »Sheila braucht ein Ventil, sonst dreht sie noch durch. Johnnys Verschwinden hat sie hart erwischt.«
    »Dich nicht?« murmelte ich.
    »Natürlich.«
    Es war Sheila anzusehen, daß sie etwas sagen wollte, und sie enttäuschte die Gäste auch nicht.
    »Ich möchte, daß Sie mir alle für einen Moment zuhören, und ich möchte auch, daß niemand diesen Raum hier verläßt. Es wird nicht lange dauern, aber mein Mann und ich versprechen uns von diesem Besuch hier bei Ihnen doch einiges.«
    Schweigen.
    Sheila holte Luft. Sie sammelte sich. Nur das Licht der Kerzen streifte über die Tanzfläche und ließ Sheila Conolly aussehen wie eine unheimliche Gestalt.
    »Es geht um zwei junge Männer. Ich werde Ihnen jetzt die Namen nennen und ich denke, daß zumindest einer hier bekannt ist. Der erste Name lautet Marty Stone. Der zweite Johnny Conolly, und dieser Johnny ist zufällig mein Sohn. Wer kennt die beiden? Hat sie jemand hier gesehen?«
    Ich hatte Sheila nicht aus den Augen gelassen. Trotz ihrer Sicherheit war sie mehr als unsicher. Am Zucken des Mundes war es gut zu erkennen. Sheila sah aus wie eine Frau, die dicht davor stand, in Tränen auszubrechen, aber sie hielt sich zurück.
    »Keiner?« fragte sie. »Keiner kennt die beiden? Nicht einmal Marty Stone, der hier jeden Abend zu Gast war?«
    Man hob die Schultern oder schüttelte die Köpfe. Damit wollte sich Sheila nicht zufrieden geben. In ihrer Nähe stand ein Paar, das sich eng umschlungen hielt. Einen großen Schritt ging Sheila auf die beiden zu, die zusammenschraken, als hätten sie ein schlechtes Gewissen, was sicherlich auch der Fall war.
    »Was ist mit euch? Wer von euch kann mir sagen, wo ich Marty Stone finde?«
    Sie hoben die Schultern. »Ihr lügt!«
    »Nein!« sagte das Mädchen. »Wir lügen nicht. Wir sind erst vor ein paar Minuten angekommen und haben Marty bisher nicht gesehen.«
    »Und Johnny?«
    »Auch nicht.« Jetzt sprach der junge Mann. Er trug ein schwarzes T-Shirt mit Bibelzitaten als Aufdruck. »Den Namen Johnny Conolly habe ich noch nie gehört.«
    Sheila schaute ihn an. Sie glaubte ihm, aber sie gab nicht auf. »Gut, aber es gibt sicherlich Gäste, die schon eine Stunde und länger hier sind. Wir werden sie fragen. Wir werden jeden einzelnen von euch fragen«, sagte sie, während
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