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0873 - Mond der Magie

0873 - Mond der Magie

Titel: 0873 - Mond der Magie
Autoren: Volker Krämer
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durch die Hülle getreten, als würde diese nicht existieren.
    Im Inneren des Kokons herrschte eine wahre Lichtflut, die Laertes-Sajols Augen für Momente überforderte. Doch dann sah er die Wurzel. Sie glich der Armakaths wie ein Ei dem anderen, doch etwas an ihr war dann doch völlig anders. Es war die Ausstrahlung, ja, es war tatsächlich eine übersteigerte Form von Kraft und Klarheit, die von ihr ausging. Die Wurzel war stark, stärker, als die von Armakath es je hätte sein können.
    Zamorra hatte Laertes berichtet, wie er einmal in mentalem Kontakt zu der Wurzel in den Schwefelklüften gestanden hatte. Nun machte auch der hagere Vampir diese Erfahrung. Die Stimme war direkt in seinem Kopf.
    Wer seid ihr? Niemand kann zu mir vordringen. Ich kann das nicht zulassen.
    Die Wurzel schien zu realisieren, dass sie es mit mehr als einem Wesen zu tun hatte.
    Es folgten Sekunden des Schweigens, doch Laertes bemerkte sehr wohl, wie die Wurzel versuchte, die Eindringlinge einfach abzustoßen, wie ein krankes Geschwür, das man abschnitt. Es gelang ihr nicht.
    Was wollt ihr von mir? Es gibt keinen berechtigen Grund, aus dem ihr hier seid. Geht!
    Laertes wusste nicht genau, wie er darauf reagieren sollte, doch dann wurde ihm schmerzlich bewusst, dass sich dieses Problem für ihn gar nicht ergab. Sajol hatte längst endgültig die Kontrolle über den geteilten Körper übernommen.
    »Du bist die Wurzel? Du bist also verantwortlich für die Stadt, die meine Heimat überzieht?«
    Die Antwort kam schnell, doch es war deutlich zu spüren, dass die Frage kein Verständnis gefunden hatte.
    Warum fragst du? Ich sehe keinen Sinn in einer Frage, dessen Antwort so offensichtlich ist.
    Sajol überhörte den Einwand einfach.
    »Hier ist nichts mehr, wie es einmal war. Als ich noch ganz klein war, da habe ich da oben gewohnt…« Er deutete mit den Fingern einer Hand in die Höhe. »Ganz weit oben auf dem Mond Sip. Das war der Mond der Magie, weißt du?«
    Was für einen Sinn soll ich in deinen Wort…
    Sajol unterbrach den Einwand ganz einfach.
    »Meine Mutter hat dort gewohnt, meine Schwester, mein Vater auch. Und auf Uskugen waren wir ganz oft…« Laertes bemerkte, wie Sajols Sprache von Wort zu Wort mehr dem eines Kleinkindes ähnlicher wurde. »Das war schön hier! Viele Leute… alle hatten gute Laune. Tiere, ein schöner Himmel mit ganz vielen kleinen Wölkchen. Das ist alles weg, weißt du?«
    Der Sinn deiner Rede ist mir nicht verständlich. Ich bin die weiße Stadt von Uskugen. Alles weitere ist ohne Belang.
    Sajol hörte das nicht - wollte es nicht hören.
    »Und du hast das alles gemacht? Das ist nicht gut. Das ist schlecht, weißt du? Du bist schlecht!«
    Dalius spürte die Energieflut, die plötzlich durch den geteilten Körper schoss. Nur mit Mühe konnte er sich noch so weit zurückziehen, um nicht selbst davon attackiert zu werden.
    Was dann kam, das glich einer eiskalten Exekution. Kaltes Feuer umspielte den Laertes-Sajol-Körper, Flammen, die sich explosionsartig in alle Richtungen ausbreiteten. In Laertes Bewusstsein wurde ein grässlicher Schrei laut, dann ein kurzes Wimmern - dann herrschte wieder Stille.
    Der Vampir wusste sehr genau, was er vernommen hatte. Das rasche Vergehen, das Sterben einer Entität, die von sich geglaubt hatte, unangreifbar zu sein. Es war das Ende der Wurzel von Uskugens weißer Stadt. Schnell, unbarmherzig und fast beiläufig, so wie ein kleines Kind einen Käfer zerquetscht… ohne seine Handlung wirklich zu begreifen.
    Wohin Laertes blickte, sah er nur Asche. Von der Wurzel war nichts übrig geblieben. Der Kokon stand noch, doch er schien nun durchsichtig wie Pergament zu sein. Dann hörte der Vampir ein kurzes Rascheln, und die Hülle zerfiel zu Staub.
    »Vater?«
    Laertes war überrascht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Sajol ihn jetzt kontaktieren würde.
    »Vater, ich bin so müde, weißt du? Ich möchte gerne schlafen. Darf ich? Mir ist gar nicht gut.«
    Der Laertes-Sajol-Körper sackte in sich zusammen. Ein Blick in das Höhlenrund genügte Laertes, um die Lage zu analysieren. Im Kokon war durch Sajols Angriff alles zu Asche geworden, doch das Wurzelgespinst, die dickeren Stränge mit ihren Knotenpunkten, sie brannten lichterloh. Er musste hier verschwinden, sonst war das Ende der Wurzel auch das seine.
    Laertes fühlte, wie die Magie zu ihm zurückkehrte. Instinktiv versuchte er einen Sprung an die Oberfläche, doch er scheiterte. Solange Sajol noch aktiv war, konnte er
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