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0870 - Tabitas Trauerhalle

0870 - Tabitas Trauerhalle

Titel: 0870 - Tabitas Trauerhalle
Autoren: Jason Dark
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können und glich mich ihrem Schritt an, als sie in das Dunkel hineinging.
    Im letzten Moment sah ich die schmale Tür. Sie war ebenso dunkel wie die Wand, und man mußte sich schon auskennen, um sie entdecken zu können. Tabita bewegte sich neben mir. Ich schaute zu, aber sie hatte nur die Hand ausgestreckt, um nach der Türklinke zu fassen. Dabei wirkten ihre Finger wie Skelettknochen, über denen sich die Haut spannte. Ich hörte das leise Quietschen der Klinke, als sie sich nach unten bewegte, und ich sah, wie sie aufgezogen wurde. Es entstand ein Spalt, der verbreiterte sich, und von der anderen Seite her fiel ein Streifen Helligkeit in ihn hinein.
    Das war kein normales Lampenlicht, sondern der Schein zahlreicher Kerzen, der zuerst noch ruhig dalag, dann aber, als der leichte Luftzug die Flammen erwischte, unruhiger wurde und sich zitternd bewegte, so daß auch ich von ihm getroffen wurde.
    Ich konnte einen ersten Blick in die Scheune hineinwerfen und sah nur Kerzen an einer Seite.
    Große, kleine, dicke und schmale. Unterschiedlich hoch aufgebaut. Auf dem Boden stehend, auf einem Tisch ebenso wie auf irgendwelchen Hockern.
    Jeder Kerzendocht brannte. Die Flamme umtanzte ihn, mal stiller, mal unruhiger, je nachdem wie der Wind sie traf, und diese zweckentfremdete Scheune machte auf mich den Eindruck einer Leichen- oder Trauerhalle. Zumindest herrschte die gleiche Atmosphäre vor. Die Luft kam mir irgendwie klebrig vor, was mich bedrückte.
    Aber Jane sah ich nicht.
    »Das ist die Scheune«, hörte ich Tabita flüstern. »Meine Trauerhalle. Gefällt sie dir?«
    »Nein.«
    »Sie ist aber etwas Wunderbares.« Tabita sprach und öffnete die Tür weiter. »Sie ist einfach herrlich, das kann ich dir versichern. Durch sie weht ein besonderer Geist, den ich liebe, den ich kenne. Es ist der Hauch der anderen Welt, ein Atemzug aus dem Jenseits, ein Gruß aus der Totenwelt. So und nicht anders.«
    »Das sehen Sie.«
    »Es stimmt. Aber ich gebe zu, daß man einen Draht zu dieser Welt haben muß. Er wird dir fehlen, denn er ist nicht jedem gegeben, nur ganz wenigen.«
    »Jane Collins auch.«
    »Was denkst du an sie? Geh hinein, mein Freund! Genieße meine Trauerhalle und auch den Geist, der sie durchweht. Du gehörst zu den ersten Fremden, denen ich meine Welt öffne. Ich hoffe sehr, daß du es zu schätzen weißt.«
    Ich spürte den Druck ihrer Hand in meinem Rücken, und ich fragte mich, weshalb ich die Trauerhalle so schnell betreten sollte, wo sie doch zuvor Zeit gehabt hatte.
    Da stimmte etwas nicht…
    Als ich das leise Rascheln des Stoffs hörte, dachte ich wieder an den pensionierten Polizisten Jim Wayne, und die Warnung flirrte durch meinen Kopf.
    Ich schaute nach rechts und auch in die Tiefe. Wir befanden uns schon in der Scheune, so hatte sich Tabita auch von mir entfernen können, um genau den Platz zu bekommen, den sie brauchte. Mit der linken Hand hielt sie etwas umschlossen, das aus der Faust lang, silbrig und spitz hervorschaute. Es war keine erstarrte Schlange, es war auch kein Spielzeug, es war ein verfluchtes Messer.
    Und das stieß sie gegen mich!
    ***
    Jim Wayne hatte es nicht geschafft, dieser langen, schmalen und gefährlichen Klinge zu entgehen.
    Sie hatte sich tief in seinen Körper hineingebohrt und noch stand nicht fest, ob er diese Attacke auch überlebt hatte. Mir aber sollte es nicht so ergehen. Zwar war ich auch überrascht worden, aber ich hatte damit rechnen können, und als die Frau zustieß, ging ich blitzartig einen Schritt zurück.
    Ich hörte noch ihr Keuchen, mit dem sie den Mordversuch begleitete, sie wollte, daß ich starb, sie freute sich darauf, aber ich war zu schnell gewesen.
    Das Messer erwischte mich nicht so, wie sie es sich gedacht hatte. Es glitt leicht und beinahe sanft durch meine Kleidung und dann wie ein scharfer Kantstein über die dünne Haut an der Hüfte hinweg, wo sie eine Schramme hinterließ.
    Ich spürte den bitteren Schmerz und konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken in das sich der gezischte Fluch der Frau mischte.
    Sie wußte, daß sie mich nicht so getroffen hatte, wie sie es sich erträumt hatte, und mit einem Sprung in die Scheune brachte sie sich vor mir in Sicherheit.
    Dann stand sie vor mir.
    Ein böses Weib, noch immer den Schleier vor dem Gesicht. Den rechten Arm halb erhoben, die Faust um den Griff des Messers gekrallt, auf dessen Klinge sich die Lichtreflexe der Kerzen trafen und für ein Funkeln sorgten.
    Eine Gestalt wie gemalt. Schaurig und voller
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