Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
086 - Das Grab des Vampirs

086 - Das Grab des Vampirs

Titel: 086 - Das Grab des Vampirs
Autoren: Frank Sky
Vom Netzwerk:
ein. Was hatte die alte Frau gemeint? Hatte sie sich nur interessant machen wollen oder wußte sie mehr als andere?
    Ira ging zu einem der Lakaien, die an der Tür standen.
    „Wo ist der Comte de Rochelles?“ fragte sie.
    „Ich bedauere, aber ich weiß es nicht. Er wird sich vielleicht in eines der Herrenzimmer zurückgezogen haben.“
    „Kann ich mich ein wenig nach ihm umsehen?“
    „Selbstverständlich.“
    Ira war froh, den Festsaal verlassen zu können. Die Szene erschien ihr gar zu unwirklich und gespenstisch. Im Vorraum hielten sich einige Damen und Herren auf. Sie plauderten leise miteinander. Dicht neben ihnen befand sich ein Spiegel. Ira überprüfte ihr Aussehen und fand alles in Ordnung; nur etwas bleich sah sie aus. Sie eilte weiter und kam in eine Bibliothek. Kaum war die Tür hinter ihr zugefallen, als sie erstarrte. Ihr war nachträglich etwas aufgegangen.
    Als sie vor dem Spiegel gestanden hatte, hätte sie die anderen Gäste im Spiegel sehen müssen. Das war aber nicht der Fall gewesen, obwohl diese hinter ihr gesessen hatten.
    Iras Gedanken überschlugen sich. Endlich begriff sie, was um sie herum geschah. Sie erkannte die Gefahr, konnte aber keinen Ausweg finden. Deshalb klammerte sie sich an die einzige Person, die sie in diesem Haus kannte: Den Comte de Rochelles.
    Sie eilte durch die Bibliothek zur anderen Tür und öffnete sie. Ein großer Mann stellte sich ihr in den Weg. Er blickte lächelnd auf sie herab und streckte eine Hand nach ihr aus.
    „Sie kommen zu mir, meine Schöne? Ich hatte nicht erwartet, von Ihnen eine derartige Gunst gewährt zu bekommen.“
    Sie wich vor ihm zurück. Seine Kleidung roch vermodert, und seine Augen waren starr, wie die Augen eines Toten.
    Er legte ihr die Hand auf die nackte Schulter und ihr war, als berühre ein Stück Eis ihre Haut. Sie sprang förmlich zurück.
    Im Vorraum des Schlosses standen etwa fünfzehn Damen und Herren, die sich leise unterhielten. Keiner von ihnen schien Ira überhaupt zu bemerken, doch als sie zum Ausgang flüchten wollte, verschoben sich die Gruppen der Plaudernden und versperrten damit wie unbeabsichtigt Ira den Weg. Sie wagte es in ihrer Angst nicht, sich den Weg zur Tür mit Gewalt freizukämpfen.
    Bei dem Versuch, an einer etwas fülligen Dame vorbeizukommen, prallte sie mit dieser zusammen. Dem weiblichen Gast entfiel das Glas. Es zerschellte auf dem Boden und der blutrote Wein ergoß sich über den weißen Marmor. Schlagartig drehten sich die anderen Gäste herum und blickten entsetzt auf die rote Pfütze, als hätte Ira soeben die größte Kostbarkeit des Universums verschüttet.
    „Das wirst du mir büßen“, sagte die Dame drohend. „Ich werde es mir wiederholen – aus deinen Adern.“
    Ira blickte auf den Boden und konnte nicht fassen, was sie gehört hatte. Sie hatte keinen Wein verschüttet, sondern Blut. Jetzt begriff sie, weshalb der Comte de Rochelles ihr verwehrt hatte, diesen „Wein“ zu trinken. Dennoch zog sie daraus noch immer nicht den einzig richtigen Schluß.
    Sie wich vor dem weiblichen Vampir zurück und beobachtete, wie sich die wülstigen Lippen der Frau teilten und zwei lange, nadelspitze Reißzähne entblößten.
    Laut und dröhnend schlug die Turmuhr Mitternacht.
    Eine Lampe nach der anderen erlosch. Die Lakaien zogen die Vorhänge beiseite, so daß das Mondlicht hereinfallen konnte.
    Gehetzt blickte Ira sich um. Vergeblich suchte sie nach dem Comte Maurice de Rochelles, der ihr der einzige zu sein schien, der ihr noch helfen konnte. Flüchtig dachte sie an Dietmar Runge, aber er konnte sie nicht aus diesem Schloß herausholen. Er wußte ja nicht einmal, wohin sie mit dem Grafen gefahren war.
    „Sie gehört mir!“ rief die Dame, deren Blut Ira verschüttet hatte. „Sie gehört mir allein!“
     

     
    Runge hatte Mühe, das Pferd zu halten. An den Reaktionen des Tieres merkte er, daß er sich seinem Ziel näherte. Es scheute vor dem Wald zurück. Das Gelände stieg jetzt sanft an. Im Mondlicht konnte Runge das Schloß erkennen, dessen Türme über die Wipfel der Bäume hinausragten.
    Die Turmuhr schlug zwölfmal. Im Schloß erloschen die Lichter.
    Runge ritt auf einen Hohlweg zu, als das Pferd erneut scheute. Es bäumte sich unvermittelt auf, so daß er aus dem Sattel rutschte. Seine Finger krallten sich in der Mähne des Tieres fest, doch es stellte sich erneut auf die Hinterbeine und schlug aus.
    Runge glitt ab und stürzte ins Gras. Das Pferd warf sich herum und raste davon. Er war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher