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0858 - Missgeburt

0858 - Missgeburt

Titel: 0858 - Missgeburt
Autoren: Christian Montillon
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entführen.« [6]
    »Das weiß ich«, versicherte der Neuankömmling. »Glaub mir, ich kann die Situation gut einschätzen. Vielleicht besser als jeder andere.«
    Der Meister des Übersinnlichen fragte sich, ob er tatsächlich etwas Ungewöhnliches in Johannes' Tonfall gehört hatte. Wollte der Unsterbliche ihm indirekt etwas mitteilen? Wusste er etwas, das den anderen unbekannt war? Etwas, aus dem man Kapital schlagen konnte, um die verzweifelte Situation umzukehren?
    War Johannes bewusst, dass ihnen nur noch wenige Minuten blieben, wenn sie etwas gegen den Zwitter unternehmen wollten? Stand der Unsterbliche überhaupt bedingungslos auf seiner Seite? War er sich über den Ernst der Lage im Klaren?
    »Was ist mit Nicole?« Johannes wies auf die reglos Schwebende. Ihre Haltung hatte sich um keinen Millimeter geändert. Nach wie vor hielt sie die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet…
    »Das soll dir unser ›Gastgeber‹ erklären«, erwiderte Zamorra bitter.
    »Sie dient mir als Druckmittel.« Der Zwitter winkte ab, als handele es sich dabei um eine Nebensächlichkeit. »Aber was viel wichtiger ist - irgendetwas stimmt hier nicht.«
    Er hielt die Handflächen an die Schläfen, verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. »Ich kann es nicht genau benennen, aber etwas ist anders als es sein müsste.«
    Sah er eben noch ratlos und unentschlossen aus, stieß er im nächsten Moment einen wütenden Schrei aus und wirbelte zu Zamorra herum. »Wie hast du es getan?«
    Der Meister des Übersinnlichen verschränkte die Arme vor der Brust. »Wovon redest du?« Er gab seiner Stimme einen distanzierten Klang.
    Wie der Parapsychologe es schon einmal beobachtet hatte, stampfte der Zwitter mit dem Fuß auf. Sein Gesicht war eine Grimasse des Zorns. »Du weißt genau, was ich meine!«
    Er packte mit beiden Händen eine der Pritschen und stieß sie in einem Akt sinnloser Aggressivität kraftvoll gegen die Wand. Es krachte. Ein metallener Schließgurt wurde heruntergeschleudert. Der Lärm hallte in der Stille wider.
    Die Lippen des Zwitters bebten. »Du… du willst mich aus der Fassung bringen. Aber das wird dir nicht gelingen, hörst du? Es wird dir nicht gelingen.«
    Das ist es längst , dachte Zamorra. »Du reagierst wie ein trotziges Kind. Ich frage mich, ob deine geistige Stabilität längst irreparabel beschädigt ist. Vielleicht gibt es andere Möglichkeiten, dir zu helfen. Dir fehlt die nötige Distanz. Vertrau dich uns an.«
    Der Meister des Übersinnlichen versuchte Ruhe zu bewahren. Er gewann langsam Oberwasser, schöpfte Hoffnung, den Zwitter in einem psychischen Kampf besiegen zu können. Seine schwache Seele braucht einen Stärkeren, an den sie sich halten kann, der ihr Orientierung bietet.
    Ein Kichern antwortete ihm. »Wie hast du es getan? Und tu nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich rede. Sag es mir, sofort!«
    »Es ist gut, wenn wir darüber sprechen«, stimmte Zamorra kühl zu. »Schließlich soll auch Johannes darüber ins Bild gesetzt werden.«
    »Keine schlechte Idee«, erwiderte dieser, »und vielleicht kann mir jemand erklären, was… das hier soll.« Er wies auf Diana Cunninghams halb verwesten Körper und verzog angeekelt das Gesicht.
    Der weibliche Zombie nahm scheinbar alles hin, ohne auch nur die geringste Reaktion zu zeigen. Jetzt wurde zum ersten Mal deutlich, dass er offensichtlich alles mitbekam. Er drehte leicht den Kopf, öffnete wie schon vor Minuten den Mund.
    Zuerst drang wieder nur das geisterhafte Stöhnen daraus hervor - gefolgt von gutturalen Silben, gehauchten Vokalen und krächzenden Silben!
    Aber kein verständliches Wort.
    Oder doch?
    Hatte der Diana-Zombie nicht »tot« gesagt, und sogar versucht, seinen Namen auszusprechen? »Di-annnn… ah.«
    Vielleicht war es nur Einbildung gewesen, nichts als ein toter Hauch, der Leben vorspielte. Der Meister des Übersinnlichen vermochte es nicht zu sagen. Er hoffte, dass es stimmte, dass da tatsächlich ein Funken Verstand in der Kreatur war. Ein Teil seines Planes basierte darauf.
    »Worauf der Zwitter anspielt«, erklärte er, »ist die Tatsache, dass es ihm nicht gefällt, meine Gedanken nicht lesen zu können. Übrigens deine ebenso wenig, Johannes.«
    Zamorra lächelte schmallippig, als er in den Augen des Unsterblichen Verblüffung aufblitzen sah.
    Der Zwitter packte Zamorra an der Schulter; die Finger drückten schmerzhaft zu. »Wie hast du es getan?« Kleine Speicheltropfen sprühten in das Gesicht des
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