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0855 - Spektrum des Geistes

Titel: 0855 - Spektrum des Geistes
Autoren: Unbekannt
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seine Frage of-fenbar keine Antwort, denn der fuhr fort: „Magie heißt Zauberei. Hältst du mich für einen Zauberer?"
    „Warum nicht?" Sie mußte unwillkürlich lächeln. „Du bist geheimnisumwittert, undurchschaubar und unnahbar."
    „Ich hoffe, daß ich dich vom Gegenteil überzeugen kann", sagte er ernst. Er blickte auf die Ortungsinstrumente. „Gleich ist es soweit."
    Noch während Virna auf den Ortungsschirm starrte, verschwand der Leuchtpunkt, der die GLUSMETH dargestellt hatte. Im selben Moment beschleunigte Harzel-Kold sein Schiff. Virna sah durch die Panzerplastkanzel, daß er geradewegs auf den wirbelnden Staubmantel zusteuerte.
    „Fliegen wir aus der Dunkelwolke?" fragte sie verwirrt.
    „Nein, nur in sie hinein."
    „Bedeutet das, daß Zwottertracht inmitten dieses mörderischen Mahlstroms liegt?"
    „Du wirst an meiner Seite umdenken lernen", sagte Harzel-Kold. „Ich kann meine Fähig-keiten nicht auf dich übertragen. Es ist schade, daß du die Dunkelwolke nicht mit meinen Augen sehen und mit dem Geist nicht so ertasten kannst wie ich, Virna. Aber wenn du dich mir anvertraust, dann bringe ich dich zumindest soweit, daß die paraplasmatische Sphäre ihre Schrecken für dich verliert."
    Das kleine Schiff drang in die dichteren Schichten der Staubhülle vor. Virna hielt unwill-kürlich den Atem an. Aber obwohl Harzel-Kold den Schutzschirm nicht eingeschaltet hat-te, war es ein ruhiger Flug. Es schien fast so, als würden die tobenden Elemente sich vor dem Schiff zurückziehen und den Weg freigeben.
    Harzel-Kold blickte über die Schulter zu ihr.
    „Ich war zu lange allein, Virna", sagte er. „Ich bin froh, endlich jemanden gefunden zu haben, mit dem ich mein Geheimnis teilen kann. Ich hoffe sehr, daß du mir auf dem Weg zur Erleuchtung folgen kannst. Willst du es versuchen, Virna?"
    Sie schluckte.
    „Ich will."
     
    *
     
    Vom All aus sahen die beiden Himmelskörper wie zwei Sonnen aus, der eine düsterrot, der andere golden. Harzel-Kold klärte sie darüber auf, daß der goldene Himmelskörper der Planet Zwottertracht sei.
    „Was für eine unwirklich schöne Welt", schwärmte Virna. „Warum strahlt sie so hell?"
    „Wenn wir näherkommen, wirst du erkennen, daß es kein Strahlen, sondern ein Flimmern ist", erwiderte der Vincraner. „Das kommt daher, daß die Atmosphäre bis in die höchsten Schichten hinauf yon Wüstenstaub durchsetzt ist. Zwottertracht besteht zu vier Fünfteln aus Wüste. Durch extreme Temperaturschwankungen kommt es zu Luftbewegungen, die den Staub aufwirbeln."
    Die rote Sonne stand vor dem Hintergrund verwaschen wirkender Materiewolken, vereinzelte Staubschleier schoben sich in den Sonnenraum und ließen den sterbenden Stern noch düster erscheinen. Der Planet Zwottertracht zog in seinem Schatten eine Staubfah-ne wie einen Kometenschweif hinter sich her.
    Harzel-Kold steuerte das Raumschiff auf die Nachtseite des Planeten zu und tauchte in den „Kometenschweif" ein. Das goldene Flimmern der Atmosphäre erlosch. Virna erwach-te aus ihrer Verträumtheit.
    „Zwottertracht ist kein zweites Gäa, aber der Planet hat seine eigenen Reize", sagte der Vincraner. „Warte mit deinem Urteil, bis du deinen Fuß darauf gesetzt hast."
    So dunkel, wie es zuerst geschienen hatte, war die Nachtseite des Planeten gar nicht.
    Aus der strahlenden Dämmerzone ragten verzweigte Leuchtfinger wie Nordlichter herüber, bewegten sich wie Treibgut in der Strömung, bildeten immer wieder neue Formen.
    „Warum landest du auf der Nachtseite?" fragte Virna.
    „Weil dort unser Ziel liegt", sagte er. „Außerdem wäre ein Anflug von der Tagseite reiner Selbstmord. Bei Tage erreichen die Stürme ihre größte Stärke, denn ..."
    Sie verschloß sich seinen Erklärungen, hörte überhaupt nicht auf das, was er dozierte.
    Endlich war seine Stimme verstummt, sie genoß wieder den Ausblick durch die Kanzel.
    Das veränderliche Netzwerk der nächtlichen Leuchterscheinungen war nunmehr hoch über ihnen. Unter ihnen war tintige Schwärze, und von der Planetenlandschaft waren kei-ne Einzelheiten zu erkennen.
    Virna war so in sich versunken, daß das Landemanöver völlig überraschend für sie kam. Außerdem setzten die Andruckneutralisatoren zu früh aus. Das kleine Raumschiff wurde heftig durchgeschüttelt, Virna verlor den Boden unter den Füßen und stürzte. Sie schlug mit dem Kopf gegen etwas Hartes und blieb benommen liegen.
    Sie vernahm Harzel-Kolds besänftigende Stimme, dann fühlte sie sich
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