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0855 - Spektrum des Geistes

Titel: 0855 - Spektrum des Geistes
Autoren: Unbekannt
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ihr auf dem Weg ins Kinderzimmer zu, während die Meute grölend hinter ihnen drein folgte. An der Tür zum Kinderzimmer angelangt, genügte jedoch ein scherzhaftstrenges Kommando von Zimbat, um sie zum Verstummen zu bringen.
    „Kumpels! Derjenige, der mir Bran zum Weinen bringt, bekommt eine Woche Pflegedienst aufgebrummt."
    Man schlich auf Zehenspitzen ins Zimmer, bewunderte flüsternd das geschmackvolle Design und die automatische Wiege. Mille kam der Kleine etwas verloren vor, wie er in dem großen, nüchternen Kasten lag, umgeben von Geräten, die über sein Wohlbefinden wachten. Sie selbst hätte ein einfaches Bettchen vorgezogen, aber Zimbat hatte darauf bestanden, daß sein Sohn von Geburt auf in den Genuß der modernsten technischen Er-rungenschaften kommen solle. Er war ein unverbesserlicher Technokrat, aber dennoch ein Mann mit Herz, und Mille wußte, daß es keinen stolzeren Vater als ihn gab.
    Die Gäste umstanden gaffend die Wiege. Einige schossen Restlicht-Fotos, gruppierten die Eltern mit ihren speziellen Freunden um den Kleinen und sparten nicht mit den üblichen Floskeln.
    „Ist er nicht süß! Dir wie aus dem Gesicht geschnitten, Zimbat."
    Zimbat blickte stirnrunzelnd in die Wiege, betrachtete skeptisch das zerknittert wirkende Gesicht des Kleinen und meinte: „Bin ich wirklich so häßlich?"
    Mille verzieh ihm solche Spaße.
    „Kann man ihn nicht für einen Moment herausnehmen? Ich möchte einmal so etwas Ku-scheliges, Weiches an mich drücken."
    „Sprich mal mit deinem Mann, Jane."
    „Nein, ehrlich, Mille. Ein allerliebstes Kerlchen."
    Weitere Fotos wurden geschossen.
    „Wenn du einen Wunsch für deinen Sohn offen hättest, was würdest du ihm fürs Leben wünschen, Zimbat?"
    „Daß er nicht meine Nase bekommt", antwortete Zimbat schlagfertig. Er hatte damit einen solchen Lacherfolg, daß er seine Gäste zur Ordnung rufen mußte. „Erinnert euch, Freunde, was ich demjenigen angedroht habe, der Bran weckt. Ich glaube, wir beenden jetzt..."
    Er unterbrach sich, als er über die Köpfe der anderen hinweg einen Fremden sah, der sich durch ihre Reihen einen Weg zur Wiege bahnte.
    Er war mittelgroß, ungewöhnlich schmalbrüstig und hatte lange, dünne Glieder, was be-sonders deutlich zu erkennen war, weil er ein enganliegendes Gewand trug.
    Noch ungewöhnlicher als seine Gestalt war jedoch sein Gesicht. Die albino-weiße Haut verlieh ihm etwas Überirdisches, und die nachtblauen Augen und das metallisch schim-mernde Haar, das er über der ausladenden Stirn hochgekämmt und an der Seite straff nach hinten gebürstet trug, bildeten einen seltsamen Kontrast. Seine Augen waren starr auf die mechanische Wiege gerichtet, und dabei lächelte er milde.
    „Wer ist das?" fragte Mille leise und klammerte sich an ihren Mann.
    Zimbat zuckte die Schultern. Er wußte nur, daß dieser Mann keiner ihrer Gäste war.
    Doch er kam nicht dazu, sich darüber zu äußern. Denn als der Fremde die Wiege erreicht hatte, entdeckte er seinen Halsschmuck. Es handelte sich um einen ovalen Ring, an dem ein Klumpen eines unbekannten Metalls oder Minerals hing.
    Der Fremde stützte sich an den Rändern der Wiege ab und beugte sich darüber.
    „Du bist einer wie ich", sagte er dann mit einer weichen, einschmeichelnden Stimme.
    Das war alles. Er griff sich nur noch kurz an den ungeschliffenen Klumpen an seinem Hals, dann wandte er sich kurz Zimbat und seiner Frau zu.
    „Die Kräfte der verbotenen Künste sind schützend über ihm!"
    Bevor er sich endgültig abwandte, sah Mille noch, wie sich aus der rauen Fläche seines Halsschmucks das Bildnis eines winkenden Gnomen herauskristallisierte. Sie schrie in plötzlicher Panik auf. Bran wurde aus dem Schlaf gerissen und begann zu weinen. Ein Tumult entstand unter den Gästen, und als Zimbat in dem allgemeinen Durcheinander versuchte, dem Fremden zu folgen, um ihn zur Rede zu stellen, war dieser längst schon verschwunden.
     
    *
     
    Solange sich Bran Howatzer zurückerinnern konnte, hatte er immer Agraringenieur wie sein Vater werden wollen; Siedlungen und Farmen zu planen und zu bauen wie er, den gäanischen Kontinent Fatrone für die Menschheit erschließen zu helfen. Wie es aber meistens mit Kindheitsträumen ist, wurde nichts daraus. Der Grund dafür war einesteils der, daß mit zunehmendem Alter sein Vater von anderen Leitbildern verdrängt wurde.
    Andererseits war seine Abkehr von den Agrarwissenschaften auf eine Reihe mysteriöser Umstände zurückzuführen, von denen er
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