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0855 - Spektrum des Geistes

Titel: 0855 - Spektrum des Geistes
Autoren: Unbekannt
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nur mühsam Schritt mit ihm halten konnte.
    „Blinizzer meint, daß einer seiner Artgenossen ein Kunstwerk gefunden hat, das er mir verkaufen möchte", sagte der Vincraner erregt.
     
    *
     
    Auf den ersten Blick unterschied sich der andere Zwotter durch nichts von Blinizzer.
    Doch bei genauerem Hinsehen entdeckte Virna bei Blinizzer eine Delle auf der Stirn.
    Der Zwotter erwartete sie in dem Raum mit dem Hünenbett, in dem Virna erwacht war.
    Er saß am Bettrand, die kurzen Beine baumelten über dem Boden. Vor ihm - und ihn überragend - stand ein eineinhalb Meter hohes Ding, dessen Form nicht zu erkennen war, weil es umwickelt und verschnürt war.
    „Psychod wohlfeil", sang der Zwotter und deutete auf das Ding. „Schwer und Schweiß und aber Anstrengung und wohlfeil."
    Harzel-Kold achtete nicht auf ihn. Er stürzte sich förmlich auf den umwickelten Gegens-tand und löste mit zitternden Händen die Verschnürung. Er entspannte sich erst, als er die Umhüllung gelöst hatte und der Gegenstand frei vor ihm stand.
    Er kniete davor nieder, schloß die Augen und ließ die Fingerspitzen darüber gleiten.
    Es handelte sich dabei um eine Plastik aus einem grünlich schillernden Material.
    Virna erschien die Skulptur abstrakt. Am ehesten assoziierte sie damit noch eine abge-brannte Kerze ohne Docht, an der das flüssige Wachs jedoch nicht heruntergeronnen, sondern nach oben geflossen war. Der „Kerzenstummel" selbst war völlig glatt, wies nur Rillen in Form von Holzmaserung auf, die in die Höhe strebenden „Wachsbahnen" waren dagegen unförmig und rau.
    Harzel-Kold zog seine Hände zurück und erhob sich. Virna stellte fest, daß seine Erregung verflogen war. Aber in sein Gesicht war nicht die gewohnte Melancholie zurückgekehrt, sondern es zeigte einen Anflug von Zorn.
    „Das ist eine Fälschung", konstatierte er.
    „Nein, nicht, nein!" sang der Zwotter, der die Skulptur gebracht hatte. Blinizzer unterstützte ihn, indem er in den Gesang einstimmte: „Echt-Psychod! Nicht aber nimmer fälschlicher und zwingend schönvoller Psychod."
    „Nicht mit mir!" sagte Harzel-Kold. Sein Zorn war verraucht, der Blick seiner Augen war wieder schwermütig geworden, und Virna war es, als läge auch Trauer und Enttäuschung darin. „Das ist eine Fälschung. Entweder dieser Gauner bringt mir das Original, oder wir kommen nicht ins Geschäft."
    Zwischen Blinizzer und dem anderen Zwotter entspann sich ein Duett, das damit endete, daß sie die Skulptur wieder verpackten und gemeinsam aus dem Hause schafften.
    „Bist du sicher, daß es eine Fälschung ist, Harzel?" fragte Virna, aber er schien sie nicht zu hören.
    „Mir tun die Zwotter leid", sagte er wie zu sich. „Sie können zwar die Kunstwerke ihrer Ahnen nachbilden, aber sie haben nicht den Schöpferfunken wie diese. Sie haben nicht einmal die Phantasie, um eigene Werke zu erschaffen. Natürlich muß es ein Original geben, nach dem der Zwotter eine Kopie angefertigt hat. Äußerlich unterscheiden sich beide überhaupt nicht voneinander. Der Unterschied liegt tiefer - nicht in der optischen Erfassung, sondern in der geistigen."
    „Woran hast du die Fälschung erkannt, Harzel?"
    „Das Ding war tot, unbeseelt", antwortete er. „Die Kunst der Prä-Zwotter dagegen hat ih-re unverkennbare Ausstrahlung. Die Zwotter sind für diese parusischen Sendungen leider überhaupt nicht empfänglich, deshalb glauben sie mich mit Fälschungen täuschen zu können. Komm, Virna, ich werde dir zeigen, was den Wert der Prä-Zwotter-Kunst aus-macht."
    Er zog sie mit sich. Sie kamen durch einen breiten, niedrigen Gang ohne Türen. Er war an die fünfzig Meter lang und endete vor einem Panzerschott.
    „Das ist der Zugang zu meinem Heiligtum", sagte Harzel-Kold. „Kein Mensch außer mir hat es bisher betreten. Du bist der erste, der diese Wunderwerke schauen - und fühlen soll."
    Noch während des Sprechens öffnete er das schwere Schott. Es glitt lautlos auf, und Virna schauderte, als ihr kalte, modrige Luft entgegenschlug.
    Als das Schott aufgeglitten war, schaltete sich automatisch die Beleuchtung ein, und Virna blickte in ein riesiges Gewölbe, das von dicken Säulen getragen wurde.
    Dazwischen standen Podeste mit fremdartigen Plastiken darauf, der Boden war an manchen Stellen mit Reliefplatten belegt, an den Wänden hingen meist großformatige Bilder, die so echt wirkten, daß Virna glaubte, durch Fenster in eine fremde, unverständli-che Welt zu blicken.
    Hinter ihr schloß sich das Schott
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