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0842 - Der Sternensammler

0842 - Der Sternensammler

Titel: 0842 - Der Sternensammler
Autoren: Volker Krämer
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zu sehen waren.
    Nicole erkannte es als Erste. »Gehe zum Buch, Dalius. Du musst…«
    Der Vampir stoppte die Erklärung mit einer Handbewegung. Als wüsste er nicht genau, was nun zu tun war.
    Mit den Kuppen der Zeigefinger berührte er vorsichtig seine geschlossenen Augen, löste die Zeichen ohne Druck auszuüben ab. Dann erst wagte er es, die Augen wieder zu öffnen… und ihm war, als stände die Zeit in diesem Raum still, eingefroren, konserviert; nur ganz kurz glaubte er, den huschenden Schatten der Katze zu erkennen, sonst war da keine Bewegung um ihn herum. Langsam bewegte der Vampir seine Zeigefinger zum Siegel hin.
    Doch das war alles andere als einfach. Von Sekunde zu Sekunde schien sich die Luft zu verdichten, machte ihm diese so simple Bewegung schwer. Beeile dich… sonst wirst du scheitern!
    Eine letzte Anstrengung, dann presste Laertes die Zeichen auf die Stellen des Siegels, die ihnen entsprachen. Schlagartig veränderte sich alles - die Luft wurde wieder normal, die Zeit nahm ihren ewigen Fluss auf, als sei nichts geschehen. Nicole atmete heftig aus.
    »Das Siegel - seht hin.« Es war wie beim ersten Siegelbruch, als Gryf ap Llandrysgryf, der Silbermond-Druide, Zamorra assistiert hatte. Das Siegel brannte lichterloh - seine Flammen züngelten von Laertes' Händen an ihm hoch, hüllten ihn vollständig ein… und erloschen. Gryf hatte damals kurzfristig das Bewusstsein verloren, doch Laertes schien unbeeindruckt von dieser ganzen Aktion.
    Dass er innerlich vollkommen aufgewühlt und verunsichert war, musste er schließlich niemandem zeigen.
    Zamorra schüttelte sich wie ein vom Regen durchnässter Hund. Die Trance, die ihn befallen hatte, wich endgültig.
    »Das 11. Siegel ist gebrochen.« Mit einem Blick, in dem Laertes Dankbarkeit zu erkennen glaubte, wandte der Parapsychologe sich an den Vampir. »Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet du mir hier als Helfer dienen würdest.«
    Laertes erging es nicht viel anders, doch in dieser Sekunde war er von etwas anderem gefesselt. Die weit geöffnete Buchseite veränderte sich. Aus dem scheinbar unsinnigen Gekrakel, das dem hageren Uskugen vorhin aufgefallen war, leuchteten nun grellweiße Schriftzeichen auf. Dalius konnte sie nicht entziffern, doch der Professor begann laut zu lesen.
    Hinter den Spiegeln hat die Welle alle Macht.
    Eine ganze Welt ist dem Untergang geweiht - wenn der »Gleiche« nicht die Wogen bricht. Denn wenn der Sternensammler sein Ziel erst erreicht hat, hält ihn niemand mehr auf.
    Zamorras Blick suchte Laertes und Nicole, doch die erhoffte Hilfe fand er in ihren Gesichtern nicht.
    Nicole zuckte mit den Schultern.
    Es war Laertes, der wie gewöhnlich auf jedes einzelne Wort explizit geachtet hatte.
    »Hinter den Spiegeln? Bist du sicher, Zamorra?«
    Der nickte.
    Laertes dachte laut. »Mehr als nur eine Spiegelwelt? Ich deute das zumindest so. Oder geht das hier in eine völlig andere Richtung, die mit dem Spiegelwelt-Phänomen nichts zu tun hat?«
    Zamorra schien unschlüssig, denn die Prophezeiungen der bisher geöffneten Siegel waren mehr als nur einmal unverständlich und mehrdeutig gewesen. Er war sich jedoch ziemlich sicher, dass die Antwort auf diese Frage nicht sehr lange auf sich warten lassen würde.
    Der Parapsychologe grinste müde. »Katzenvieh, rabenschwarzes. Was treibst du dich noch immer hier herum?«
    Die Katze hatte es sich am Kopf des Siegelbuches gemütlich gemacht, blickte unschuldig in die Runde.
    Gemütlich? Laertes war sich da nicht so sicher, denn als erfahrener Jäger, zu dem er zwangsläufig geworden war, registrierte er die feinen Zuckungen der Muskulatur des Tieres. Die Katze war alles andere als entspannt. Ganz im Gegenteil - die Felide schien auf etwas zu warten, das sie zu einer sofortigen Reaktion zwingen würde.
    Etwas? Hier… so dicht am gebrochenen Siegel?
    Dalius Laertes setzte an, Zamorra seine Beobachtung mitzuteilen. Die Worte wurden jedoch nie gesprochen, und sie waren nur einen Herzschlag später auch nicht mehr von geringster Bedeutung. Keiner der Anwesenden -Mensch, Uskuge oder Tier - hatte eine Chance zu reagieren, so schnell geschah alles.
    Es kam aus dem Siegelbuch heraus -ein Luftwirbel, mannshoch und an seiner Öffnung gut und gerne vier Fuß breit, stand urplötzlich im Raum. Laertes hörte Nicole schreien, sah, wie die Französin einen verzweifelten Versuch startete, sich vor Zamorra zu werfen… oder ihn aus der Gefahrenzone zu reißen. Was auch ihre Intention gewesen sein
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