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084 - Medusenblick

084 - Medusenblick

Titel: 084 - Medusenblick
Autoren: A.F.Morland
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fiel auf Luxons Gesicht. Entsetzlich sah er aus.
    Luxon und die Frau mußten nicht viel reden. Es stand für sie beide fest, daß die Partnerschaft, die sie heute eingegangen waren, ewig halten würde.
    Ein Duo des Grauens waren sie geworden, und das wollten sie für alle Zeiten bleiben, denn gemeinsam waren sie doppelt gefährlich. Einer ergänzte den andern, und sollten sie angegriffen werden, konnten sie sich gemeinsam besser verteidigen als jeder für sich allein.
    Sie erreichten eine verputzte Mauer. Eine Gittertür versperrte ihnen den Weg. Die Frau brach das Schloß mit ihrer magischen Kraft auf.
    Roderick Luxon beneidete sie um diese Kraft, die ihm nicht zur Verfügung stand. Er wollte wissen, wieso sie besser gewappnet war als er.
    Sie erklärte ihm, von wem sie die Kraft bekommen hatte, und er hörte zum erstenmal den Namen Phorkys. Wie der Vater der Ungeheuer aussah, wußte er, denn er war ihm als Mensch ja begegnet.
    Ohne diese Begegnung wäre er nicht das geworden, was er nun war.
    »Werde ich Phorkys wiedersehen?« fragte Luxon.
    »Kann sein«, antwortete die Frau. »Du kannst ihn ja darum bitten. Vielleicht erfüllt er dir deinen Wunsch,«
    Sie durchschritten einen schmalen Gartenstreifen. Hohe dichte Büsche säumten den mit Waschbetonplatten belegten Weg. Hier wurden die Verstorbenen aus dem Altersheim entlang getragen. Dies war ihr allerletzter Weg.
    Luxon wollte das Leichtmetalltor öffnen, durch das man in das Altersheim gelangte, doch es war abgeschlossen. Er trat beiseite, um seine Schwester an das Tor zu lassen.
    Augenblicke später waren sie drinnen.
    Und siebzig Menschen schwebten in tödlicher Gefahr.
    ***
    Ty Alexander war achtzig. Ein alter, gebrechlicher, einsamer Mann, spindeldürr, mit eingesunkenen Wangen und hohen, kantigen Backenknochen und zwei Reihen zu großer falscher Zähne.
    Er war schon ein wenig verkalkt, erzählte manchmal zweimal hintereinander dasselbe, weil er sich nicht erinnern konnte, daß er es schon mal gesagt hatte.
    Trotz seines hohen Alters hielt er sich kerzengerade, und er hatte noch eine erstaunlich kräftige Stimme. Er war Schauspieler gewesen, hatte in vielen Lustspielen mitgewirkt, die heute noch oft im Fernsehen liefen. Er schaute sie nicht an, denn es war schmerzlich für ihn, sich selbst zu sehen, jung und vital, temperamentvoll und das Publikum zu Lachstürmen hinreißend.
    Als seine Frau starb, war er siebzig, und er bekam schwere Depressionen. Er konnte nicht mehr spielen, unternahm einen Selbstmordversuch, der mißlang, und verbrachte eine Zeitlang in einer Nervenklinik.
    Mit zweiundsiebzig versuchte er ein Comeback, doch die Zeit hatte ihn überrollt. Neue Kollegen waren da, die sich von ihm nicht verdrängen lassen wollten.
    Das Fernsehstück, in dem er mitwirkte, wurde ein Flop, und von da an wollte niemand mehr in der Branche etwas von Ty Alexander wissen. Man schrieb ihn ab.
    Und er ging ins Altersheim.
    Er fand hier ein paar gute Freunde, mit denen er sich eng zusammenschloß. Sie hatten nie Schwierigkeiten mit Max Eaton. Der Heimleiter ließ sie in Ruhe. Sie hatten gewissermaßen eine Sonderstellung.
    Nach und nach klopfte der Tod bei Ty Alexanders Freunden an. Einen nach dem anderen holte er fort, den letzten vor vierzehn Tagen, und nun war Ty Alexander allein. Er zog sich zurück und kapselte sich ab.
    Der alte Schauspieler saß in seinem Zimmer und las in Shakespeares gesammelten Werken. Seine Augen waren schon schwach. Er brauchte dicke Brillen zum Lesen, aber er hörte noch erstaunlich gut, deshalb entging ihm auch das Geräusch nicht, das plötzlich durch die Stille geisterte.
    Schritte näherten sich seiner Tür. Er hob den Kopf und nahm die Brille ab. Mit Daumen und Zeigefinger massierte er die Nasenwurzel. Er legte das Buch weg und erwartete, daß gleich jemand an die Tür klopfen würde.
    Vielleicht brauchte einer der Heiminsassen etwas.
    Die Schritte verstummten.
    Ty Alexander griff nach seinem Stock. In letzter Zeit waren seine Beine schwach geworden. Als er einmal beinahe gestürzt wäre, hatte er sich den Stock zugelegt, um beim Gehen etwas mehr Sicherheit zu haben.
    Ächzend erhob sich der greise Schauspieler.
    Sonderbar, die Schritte waren nicht mehr zu hören. Folglich stand jetzt jemand vor der Tür.
    Alexanders Augenbrauen zogen sich böse zusammen und zitterten nervös. Wer lauschte an seiner Tür? Ein Dieb? Es kam hin und wieder vor, daß einer der Heiminsassen bestohlen wurde. Max Eaton bestritt das zwar energisch, doch
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