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0836 - Die Traumzeit stirbt!

0836 - Die Traumzeit stirbt!

Titel: 0836 - Die Traumzeit stirbt!
Autoren: Christian Schwarz
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Zögling an, die geheimen Zeichen in den Sand zu malen, die die-Verbindung zwischen ihnen, der Geisterwelt und der Auserwählten herstellen. Namatjira tut es mit zitternder Hand. Zweimal muss er korrigieren, bis Woturpa zufrieden ist.
    Namatjira will gerade mit einem Satz aufspringen, um der Geisterwelt seine Agilität und damit seinen berechtigten Anspruch auf Bima zu beweisen, als er entsetzt inne hält. Nur vier Schritte neben ihnen materialisiert eine unheimliche Gestalt aus dem Nichts. Das gut drei Meter große, tief schwarze Wesen mit den grellroten Augen, den Hörnern und den dampfenden Nüstern zuckt am ganzen Körper und schlägt unkontrolliert um sich. Der lange, kräftige Schwanz peitscht die Luft und trifft Woturpa am Arm. Dêr kippt mit einem Röcheln in den Sand und bleibt liegen.
    Namatjira quellen fast die Augen aus den Höhlen. Flammen und Funken wie von elektrischen Entladungen umzucken den Unheimlichen, der zudem wie ein Ochse brüllt. Namatjira weiß nicht, ob es real ist, was er hier sieht oder ob er zu viel Mingulpa gekaut hat, das nun eine verderbliche Wirkung entfaltet.
    Die grellroten Augen des bösen Geistes richten sich auf Namatjira. Der junge Mann hat den Eindruck, dass das Monstrum vor ihm in einem verzweifelten Kampf gefangen ist, in dem es den schwächeren Part abgibt, gegen wen auch immer. Denn ein Gegner ist nicht zu sehen. Trotzdem: Der böse Geist droht zu sterben!
    Doch der Schwarze mit der unsagbar runzligen Haut wehrt sich mit allem, was er aufzubieten hat. Zwei kleine Schritte, die ihm unendlich schwer zu fallen scheinen, bringen ihn an Namatjira heran. Er umarmt den jungen Mann und drückt seine riesigen Lippen auf die des Arantas.
    Spätestens jetzt müsste sich das Trugbild, geboren aus zu reichem Mingulpa-Genuss, auflösen! Es bleibt. Der Aborigine spürt die ledrigen Lippen auf seinen und die mächtige Präsenz seines Gegenübers. Unglaubliche, nie zuvorgefühlte Hitze überflutet Namatjira, als etwas auf ihn überspringt, sich blitzschnell ausbreitet und seinen Kopf zu sprengen droht. Er brüllt seine Pein hinaus, will das furchtbare Etwas, das in seine Persönlichkeit dringt und sie sofort assimiliert, auf den Schwarzen zurückwerfen und ist doch viel zu schwach dazu. Namatjira bemerkt, dass das Etwas, das von ihm Besitz ergreift, nicht nur sein Ich, sondern auch seine unsterbliche Seele angreift. Tiefes, unsägliches Grauen überflutet ihn und lässt keinen eigenen Gedanken mehr zu. Dafür breitet sich die Gedankenwelt des Dybbuks in ihm aus, eine Welt, die so fremd und furchtbar ist, dass er daran zu zerbrechen droht.
    Interessiert sieht das Wesen, das nur noch seiner äußeren Hülle wegen den Namen Namatjira verdient, wie sich das schwarze Monstrum erholt, meckernd lacht, sich dreimal blitzschnell um die eigene Achse dreht und in einer Schwefelwolke verschwindet.
    Da es den Schwarzen nicht mehr halten kann, wendet es sich nahe liegenderen Dingen zu. Der Unhold in Namatjira beugt sich über den bewusstlosen Woturpa, fetzt ihm mit einem Knurren, wie es kein Tasmanischer Teufel zustande brächte, die Kehle auf und säuft gierig dessen Blut. Kein Tropfen bleibt übrig.
    Danach verscharrt der Unhold den toten Woturpa in der Erde.
    ***
    Zentralaustralien
    Es holperte gehörig, als Shado die Piper auf einer längeren Sandpiste aufsetzte und, nach mehreren Froschhüpfern, langsam ausrollen ließ.
    Zur Linken, etwa zehn Kilometer entfernt, ragte der Ayers Rock in den Abendhimmel, zur Rechten erstreckte sich ein kleines, lichtes Wäldchen. Der Rauch eines Lagerfeuers stieg in den Himmel, es duftete verführerisch nach Braten. »Ah, Maitre Woturpa entbietet uns seinen Willkommensgruß mit einem saftigen Stück Fleisch«, stellte Nicole zufrieden fest. »Was hat er denn angerichtet? Wasserbüffel?«
    Shado schnupperte. »Malo«, erwiderte er dann.
    »Was denn, Känguru? Na, mir soll's Recht sein. Frische Maden wären mir zwar bedeutend lieber gewesen, aber in der Not frisst der Teufel auch Kängurus, Fliegen und was weiß ich nicht alles.«
    »Du liebst Maden?«, fragte Shado erfreut. »Nicht viele von euch Weißburschen tun das. Ich kann dir gerne welche besorgen, wenn du willst.«
    »Lass dich von ihr nicht aufs Glatteis führen«, mischte sich Zamorra grinsend ein. »Mademoiselle Nicole belieben zu scherzen. Die junge Frau mag höchstens Tomaten.«
    »Ja, vor allem die aus Holland«, gab Nicole zurück. »Schon mit vier Kilogramm kann ich meinen täglichen Bedarf von drei
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