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0836 - Die Traumzeit stirbt!

0836 - Die Traumzeit stirbt!

Titel: 0836 - Die Traumzeit stirbt!
Autoren: Christian Schwarz
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Old Bullas Leibesmitte dehnte sich zur Größe eines Kleinwagens aus und zerriss dann. Blut und Fleischfetzen regneten auf die im Kreis sitzenden Aborigines nieder, die bei diesem gespenstischen Vorgang entsetzt schrien und mit dem Platzen des unglücklichen Old Bulla umsanken, als seien sie Marionetten, denen jemand die Fäden gekappt hatte. Verkrümmt und mit verzerrten Gesichtern blieben sie liegen.
    Ein aufgeschrecktes Känguru, das in den Schutz eines Akazienwäldchens fliehen wollte, wurde noch in zweihundert Metern Entfernung mit der Wucht eines unsichtbaren Riesenhammers aus der Luft geholt und in den Sand gepresst, wo es mit zuckenden Gliedmaßen um sich schlug. Vögel fielen aus den Bäumen und aus dem tiefblauen Himmel, Beutelmäuse verendeten zu hunderten tief in der Erde, ein Ameisenigel blähte sich ähnlich wie Old Bulla zur sechsfachen Körpergröße auf, ohne jedoch zu platzen.
    Das Gebrüll des Tiers mischte sich mit dem Lainks, der, von tiefstem Grauen gepackt, brüllend in die Wüste rannte. Nach Norden, zum Uluru hin, obwohl er liebend gerne die entgegen gesetzte Richtung eingeschlagen hätte. Woturpas Macht ließ es nicht zu.
    Tränen liefen über Lainks zerfurchtes Gesicht, während er wie ein kleines Kind wimmerte, weil er längst nicht mehr brüllen konnte.
    Er lief und lief.
    Wer, bei allen Teufeln und Dämonen, war der Unheimliche?
    Laink fürchtete sich, Woturpa gegenüberzutreten.
    ***
    Homebush ßay, Sydney / Ayers Rock
    Der Wombat war einer Herzattacke nahe, als ein beschuhter Fuß quasi aus dem Nichts direkt vor seiner Nacktnase erschien. Er quiekte, warf sich herum und flüchtete aus den Regenbogenblumen, so schnell ihn seine kurzen, kräftigen Beine trugen. Erst vierzig Meter weiter beendete der Beutelsäuger seine wilde Flucht, drehte sich im hohen Gras und beäugte die beiden, die ihm da soeben den Schock seines Lebens verpasst hatten, empört. Es handelte sich eindeutig um zwei Menschen. Sie schienen ihm gefährlich zu sein.
    Der gut gekleidete Aborigene, der die Ankunft aus einiger Entfernung ebenfalls beobachtete, wusste, dass diese Menschen nicht gefährlich waren, jedenfalls nicht für Wombats. Er wusste auch, wie die Namen der beiden Weißburschen lauteten und dassderen Reise vor nicht mal einer Sekunde im Kellergewölbe eines französischen Loireschlosses namens Château Montagne begonnen hatte. Und er wusste, dass sie keine Zeit verlieren durften.
    Nicole blinzelte, als sie, einen Schritt vor Zamorra, aus den Regenbogenblumen trat. Sie trug ein hellgelbes T-Shirt, das so eng am Körper anlag, dass sie es genauso gut hätte weglassen können, und etwas winzig Kleines aus Jeansstoff, das sicher mal eine Hose werden wollte, wenn es erwachsen war. Schulterlange schwarze Haare mit verspielten roten Strähnchen vervollständigten das Erscheinungsbild, das Zamorra vor Antritt der Reise als »Hoppla, äußerst gewagt, das Ganze« eingestuft hatte. Der Meister des Übersinnlichen hatte sich in seinen weißen Anzug geworfen und sich auch nicht von Nicoles schnippischem Vorwurf, er weigere sich durch seine geradezu fahrlässig konservative Kleidung bewusst, äußere Zusammengehörigkeit zu demonstrieren, davon abbringen lassen.
    »So weit kommt's noch, dass ich wie dieser deutsche Showmaster, wie hieß er noch mal, ah ja, Thomas Gottschalk, durch die Weltgeschichte laufe. Wenn der sich wie ein Clown anzieht, ist mir das egal. Aber ich bin schließlich ein von allen geachteter Professor und muss auch kleidungstechnisch auf meine Seriosität bedacht sein«, hatte er alle weiteren Vorstöße Nicoles in diese Richtung entschieden abgeschmettert und sich auch von deren Argument »Ja, vor allem im australischen Outback« nicht entscheidend beirren lassen.
    Immerhin konnte sie ihn so weit becircen, dass der durch und durch seriöse Professor nun neben dem Einsatzkoffer die Reisetasche schleppte, in die Nicole Garderobe für die kühlen Down-Under-Nächte sowie ihren »Kampfanzug« gepackt hatte.
    Nicole lächelte, hob mit geschlossenen Augen das Gesicht zum strahlend blauen Himmel und genoss die ersten wärmenden Sonnenstrahlen in vollen Zügen. Das Wetter, das sie in Frankreich zurückgelassen hatten, konnte nur als Schande bezeichnet werden.
    Im Hintergrund erhoben sich das Olympiastadion und weitere Bauten des Olympischen Parks. Auch die Dächer der Olympiastadt, die seit den Olympischen Spielen 2000 wie ausgestorben dalag, erspähte er, nicht aber den Menschen, den sie treffen wollten.
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