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0826 - Der knöcherne Hexer

0826 - Der knöcherne Hexer

Titel: 0826 - Der knöcherne Hexer
Autoren: Jason Dark
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Er streute das gelbe Licht auf die graugrüne Fläche und ließ sie aussehen wie einen wogenden Spiegel, auf dessen Fläche sich mehrere Farben miteinander mischten, wobei blasse Grün- und Gelbtöne vorherrschten.
    »Wann ist es soweit?« fragte Swenja.
    »Das kann man nie genau sagen.«
    »Aber Sie haben das Geisterschiff schon gesehen?«
    Er nickte.
    Wir warteten und schwiegen. Meine Augen hatten sich mittlerweile auf die neue Landschaft tief unter mir eingestellt. Immer wieder versuchte ich den Blick in das Wasser tauchen zu lassen, um dort eine Bewegung wahrzunehmen. Wenn das Geisterschiff tatsächlich vom Grund her in die Höhe glitt, musste ich es schon vorher sehen können, noch ehe es die Oberfläche durchbrach.
    »Da, da ist was!«
    Swenja hatte wohl die besseren Augen. Um die Lichtinsel herum war es dämmrig, schäumten höchstens die Wellenkämme, aber innerhalb des Lichtflecks bewegte sich etwas.
    Es war das Schiff!
    ***
    Ja, wir hielten den Atem an und schauten dem schaurigen Vorgang zu. Kein Geräusch war zu hören, der alte, teilweise zerborstene Segler schob sich lautlos in die Höhe.
    Es war ein Zweimaster, von dem die Hauptmasten nur noch in Fragmenten vorhanden waren. Sie sahen aus wie angebrochene übergroße Streichhölzer. Die scharfen Klippen hatten den Segler an der Steuerbordseite aufgerissen wie gewaltige Messerklingen. Sie waren tief in den Bauch hineingedrungen, und der Wasserdruck musste die Menschen aus dem Bauch herausgespült haben.
    Skelette oder andere Überreste entdeckten wir nicht, aber auf dem Deck bewegte sich etwas.
    Ich dachte zuerst an eine Täuschung, hervorgerufen durch die Spiegelung des Wassers, aber das stimmte nicht, denn die Bewegung blieb, und sie wanderte zum Bug hin.
    »Rosas Mörder ist da!« keuchte der Wärter.
    Wir gaben ihm keine Antwort. Das Bild war einfach zu schaurig.
    Ich hatte den Eindruck, als würde dieser ehemalige Hexer über die Gewalt des Wassers gebieten, denn er verstand es, seiner Kraft zu trotzen. Normalerweise hätte er durch die Strömung vom Deck deshalb zerstörten Schiffes gespült werden müssen, aber selbst diese Kraft glich er mit beinahe lässigen Bewegungen aus.
    Ging er – schwamm er?
    So genau war es nicht zu sehen, jedenfalls blieb er an Bord, und das Schiff trieb mit schaukelnden Bewegungen immer mehr der Wasseroberfläche entgegen.
    Jetzt wurde mir klar, dass ich nicht hier bleiben konnte, und ich wandte mich an Scott Mullion, um zu erfahren, wohin der Knöcherne sich wohl bewegen würde.
    Mullion hörte mir nicht zu. Er war zu stark mit sich selbst beschäftigt. Ersprach, ohne dass er jemanden von uns gemeint hätte. Er brabbelte etwas vor sich hin, die Worte konnten wir kaum verstehen, und Tränen rannen dabei aus seinen Augen.
    Ich musste ihn rütteln, um ihn aus seiner Welt hervorzuholen. Er drehte den Kopf und starrte mich an.
    »Was wird es tun?«
    Scott schluckte. »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Es wird kommen und uns holen.«
    »Hierher also?«
    »Ja.«
    »Warum sind Sie da so sicher?«
    Er schlug mit der flachen Hand auf die dunkle Metallverkleidung des Scheinwerfers. »Es sucht mich. Es hat meine Frau getötet, aber es will mich. Ich bin ein Zeuge. Bucca kann keine Zeugen gebrauchen. Er will die Spuren löschen und…«
    »John, schauen Sie!«
    Swenja Harts Stimme hatte mich alarmiert. Sie deutete aufgeregt mit dem gekrümmten Zeigefinger nach unten. Etwas war geschehen, denn das Skelett hatte sich einfach über Bord schwemmen lassen. Anstatt in die Tiefe zu sinken, wurde es von einer Welle erfasst und ließ sich auf den Strand zutragen.
    Gleichzeitig versank das geheimnisvolle Geisterschiff wieder in der Tiefe, ohne die Oberfläche durchbrochen zu haben. Es war wirklich alles auf magische Art und Weise genau getimt, und ich konnte nur den Kopf darüber schütteln.
    Ich akzeptierte, dass dieser Hexer verschiedene Orte hatte, an denen er sich bewegte. Mal als normales Skelett, aber er kannte auch Verstecke, wo er sich auflöste und als Knochenhaufen liegen blieb.
    So hatte er es geschafft, die Menschen zu verunsichern.
    Mich ebenfalls, denn er wurde von den nahen Brandungswellen erfasst und lief in Gefahr, gegen Felsen geschleudert und dort zerschmettert zu werden.
    Das allerdings passierte nicht.
    Wir sahen den Hexer noch einmal tauchen, und einen Augenblick später war er aus der Umgebung des Lichts verschwunden. Zwar bewegte Scott den Scheinwerfer noch, nur schaffte es der breite Strahl nicht mehr, das Ziel
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