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0824 - Liebestanz der Totenbräute

0824 - Liebestanz der Totenbräute

Titel: 0824 - Liebestanz der Totenbräute
Autoren: Jason Dark
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um und hob die Schultern. »Ehrlich gesagt, nur sehr wenig.«
    »Warum? Ich finde es nicht gut, wenn man ältere Menschen vom öffentlichen Leben ausschließt.«
    »Das stimmt insofern, wenn man es nicht zulässt. Hier ist es anders. Ich glaube, dass die Insassen keinen Kontakt mit der Außenwelt wollen. Sie leben hier wie auf einer Insel – völlig für sich. Hin und wieder erhalten sie Besuch, aber in Caldric lässt sich kaum jemand von ihnen sehen. Die bleiben lieber unter sich.«
    »Das ist komisch.«
    »Finde ich auch. Außerdem scheint es hier nicht geheuer zu sein. Man hört ja hin und wieder etwas…«
    Sarah wurde neugierig. Außerdem hatte der Mann seine Worte so ausklingen lassen, dass eine Frage einfach nachgesetzt werden musste. »Was hört man denn so?«
    »Nichts Bestimmtes. Nur wenn ich mal Besucher zurückfahre und mich mit ihnen unterhalte, dann schnappt man hin und wieder etwas auf. Es ist den Leuten, die nicht in den alten Mauern wohnen, dort einfach nicht geheuer. Sie finden alles zu muffig und zu düster. Eine Frau hat mal von einem großen Grab mit Türen gesprochen.«
    Er hob die Schultern. »Mag sein, dass sie Recht hat.«
    »Ich werde es sehen.«
    »Soll ich Sie wieder abholen?«
    »Nein, das ist nicht nötig. Wie viel habe ich denn zu zahlen, Mister…?«
    Er sagte ihr den Preis. Sarah Goldwyn holte Geld hervor und legte noch einiges drauf, was den Fahrer natürlich freute, als er hörte, dass sein Gast auf das Wechselgeld verzichtete. Er nahm wohl an, dass er noch etwas reden sollte, denn er sagte: »Da gibt esnoch irgendwelche Gerüchte, die sich selbst bis Caldric herumgesprochen haben.«
    »Wie lauten die denn?«
    Der Fahrer wand sich etwas. »Wissen Sie, Lady, es sind eben nur Gerüchte.«
    »Ich bin ganz Ohr«, sagte Sarah lächelnd.
    »Man hat davon gesprochen«, er senkte seine Stimme zum Flüstern, »dass hin und wieder einige Frauen verschwunden sind, und niemand weiß, wohin.«
    »Sagen Sie nur? Tauchten sie wieder auf?«
    Er hob die Schultern.
    »Sind sie gestorben?«
    Wieder das Heben der Schultern.
    »Es gibt also keine Spur.«
    »Ja.«
    »Und was sagt man so?«
    »Dass sie vielleicht auf dem alten Friedhof sein könnten und man sie dort verscharrt hat.«
    »Es gibt hier einen Friedhof?«
    »Und ob. Weit hinter dem Haus. Er grenzt praktisch an das Grundstück. Aber das sind Vermutungen, ich will Sie damit nicht in Panik oder Schrecken versetzen.«
    »Auf keinen Fall, mein Lieber. Ich bin Ihnen sogar dankbar. Jetzt hätte ich noch eine Frage, bevor Sie mich loswerden.«
    »Ich plaudere gern mit Ihnen.«
    »Ich auch, aber trotzdem.« Sie räusperte sich. »Wem gehört das Haus eigentlich?«
    »Hm – tja, das ist wieder einmal diegroße Frage. Eigentlich einem Baron, Lady.«
    »Lebt er hier?«
    »Nein, er ist schon tot, denke ich. Er heißt Gulbekian. Ein Baron of Gulbekian. Alter osteuropäischer Adel, wie man sagt. Ein Mann, der sich hier eingenistet hat.«
    »Wann war das denn?«
    Mit beiden Händen winkte der Fahrer ab. »Das liegt schon sehr lange zurück.«
    »Jahre oder Jahrzehnte?«
    »Eher Jahrzehnte.«
    »Das ist wirklich lange«, bestätigte Lady Sarah und nickte. Dann öffnete sie die Tür und verließ den Wagen. »Einen schönen Tag noch, junger Mann!« rief sie zum Abschied.
    »Danke, Ihnen auch.«
    Sarah Goldwyn wartete, bis der Wagen davongefahren war, und wandte sich dann dem Haus und damit dem Eingang zu. Es war ein altes Gebäude, das konnte sie sehen. Dicke, rechteckige Steinblöcke bildeten das untere Drittel. Die Blöcke waren von einer grauen Schicht überzogen. Weiter oben hatten die Baumeister die Mauern aus rötlichbraunen Ziegeln errichtet. Sie waren nur mehr zur Hälfte sichtbar, denn Efeu wuchs an ihnen empor.
    Im unteren Geschoss wehten keine Gardinen hinter den Fenstern.
    Oben sah es anders aus, da wirkte der dünne Stoff wie leichte Totenhemden jenseits des Glases.
    Lady Sarah wusste nicht genau, ob ihre Ankunft beobachtet worden war, sie ging aber davon aus. Zumindest die Spaziergänger waren aufmerksam geworden, denn als sie sich umdrehte, sah sie einige Frauen, die zusammenstanden und in ihre Richtung starrten.
    Die Horror-Oma konnte sich nichthelfen, aber die Bewohnerrinnen erweckten auf sie den Eindruck, als ob sie keinen freien Willen mehr hätten, als wären sie Puppen.
    Sie hob die Schultern und war froh, nicht in diesem Haus wohnen zu müssen. Dann schritt sie auf die Treppe zur Eingangstür zu. Sehr breite Stufen erlaubten ein bequemes
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