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0824 - Don Jaime, der Vampir

0824 - Don Jaime, der Vampir

Titel: 0824 - Don Jaime, der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.K. Giesa
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Vorarbeiten zu müssen. Sie hatten es ihr geglaubt.
    Corinne glaubte es natürlich nicht. Sie besuchte zwar keine Hochschule, sondern hatte eine Metzgerlehre hinter sich und arbeitete in Feurs, aber sie kannte den Universitätsbetrieb durch Charlotte und andere doch gut genug. Und vor allem kannte sie Charlotte. Die tat für ihr Studium nicht mehr, als sie unbedingt tun musste, und war nicht besonders ehrgeizig.
    Sie setzte eher auf ihren Körper und war davon überzeugt, irgendwann einen reichen Stinkstief el zu heiraten, der ihr ein weitgehend sorgenfreies Leben ermöglichte. Vielleicht einen Politiker, der Ambitionen hatte, ins Europaparlament einzuziehen.
    Oder sich da schon längst dumm und dämlich verdiente…
    Über derlei Zukunftsperspektiven plauderten die beiden jungen Damen gerade ausdauernd miteinander, als Charlotte feststellte, in ihrem Zimmer nicht mehr allein zu sein.
    »Du, ich hab gerade Besuch gekriegt. Ich rufe dich wieder an!«, brachte sie das Gespräch zu einem abrupten Ende und schaltete das Handy ab. Sie starrte den Mann an, der gerade ihr Zimmer unaufgefordert betreten hatte.
    Der Typ von gestern!
    Dieser Don Jaime deZamorra, wie er sich nannte, und der einen 2CV-Kastenwagen fuhr, nicht mal eine richtige »Ente«, sondern nur eine selten gebaute Variante!
    »Och nö!«, entfuhr es ihr. »Nicht schon wieder du!« Ihr fiel ein, dass sie der Bequemlichkeit wegen gerade nichts als ein T-Shirt trug, nur dachte sie nicht daran, an diesem Bekleidungszustand etwas zu ändern. Sollten dem Jubelgreis doch die Augen ausfallen! »Was willst du? Und wie bist du herein gekommen?«
    »Durch die Tür. Was dachtest du denn?«
    »Und wer hat dich herein gelassen?« Sie konnte sich partout nicht vorstellen, dass ihr Vater Jaime die Tür geöffnet hatte. Ihre Mutter vielleicht, aus Neugier, aber dann hätte sie ihn sicher erst mal festgehalten, um ihn auszufragen, was aber sicher dem Vater nicht gefallen hätte. Nein, das war nicht vorstellbar.
    »Ich bin einfach hereinspaziert. Du hast es mir ja gestern, also vergangene Nacht, erlaubt.«
    O ihr heiligen Geister, dachte sie. Warum schließt hier keiner die Haustüren ab? Und wofür haben die überhaupt Schlösser, wenn doch keiner abschließt? In Paris wäre das alles unmöglich gewesen. Wer da seine Studentenbude offen ließ, fand nach seiner Rückkehr keine einzige Wein- oder Likörflasche mehr vor, und der Kühlschrank war ebenfalls geplündert…
    Da wäre Jaime garantiert nicht so einfach ins Zimmer marschiert!
    »Die Erlaubnis galt für gestern Nacht«, stellte Charlotte klar. »Nicht mehr für heute. Und jetzt verzupf dich.«
    »Das geht nicht so einfach.« Jaime setzte sich auf einen Stuhl. »Du hast mir erlaubt, hier zu sein, also bin ich hier, wenn es mir gefällt.«
    »Raus!«
    Er blieb ungerührt sitzen.
    Sie überlegte, ob sie es schaffen könnte, ihn hinauszuwerfen. Er war schmächtig und nicht gerade mit Muskelpaketen gesegnet. Wenn sie schnell genug war, konnte sie ihn überrumpeln, und wenn er erst mal in Bewegung war, konnte sie ihn in der Bewegung steuern und zur Tür hinaus, die Treppe hinunter…
    »Denk nicht einmal daran«, sagte er leise und lächelte gewinnend.
    Sie verzog das Gesicht. »Verschwinde und lass mich künftig in Ruhe, klar?«
    »Nein.« Er sah sie auf eine ganz seltsame Art an. Sekundenlang wurde ihr schwindelig.
    Dann hörte sie ihren Vater unten im Hausflur rufen. »Charlotte, kommst du mal? Malteser-Joe ist hier! Er will dich an Zamorra verkaufen, für dessen Harem, sagt er.« Und Augenblicke später: »Chaaarlooootte! Wo bleibst du?«
    »Sag ihm, du kommst nicht«, raunte Jaime.
    Charlotte erhob sich und ging zur Tür. Ihr war, als bewege sie sich wie eine Schlafwandlerin. Sie öffnete die Zimmertür einen Spalt weit, rief hinunter »Sag ihm, ich wäre unverkäuflich!« und schlug die Tür laut wieder zu.
    »Gut gemacht«, lobte Jaime.
    Sie lehnte sich an die Tür. »Du bist verrückt«, sagte sie heiser. »Was, zum Teufel, willst du von mir? Warum lässt du mich nicht in Ruhe? Begreifst du nicht? Du bist zu alt für mich!«
    »Nur, weil ich seit rund fünf Jahrhunderten existiere? Vielleieht auch seit weit mehr, ich weiß es nicht so genau. Anfangs habe ich die Jahre noch gezählt, später nicht mehr.«
    Sie tippte sich an die Stirn. »Das ist es: Du spinnst!«
    »Nein«, sagte er ernst. »Es ist wahr. Ich bin sehr, sehr alt, älter als jeder andere Mensch. Ich sehe nur so - nun, sagen wir mal, nicht ganz so alt

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