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082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau
Autoren: Frank Sky
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Lohmann.“
    „O doch, Sie verstehen sehr wohl. Ihre – hm – Zuneigung zu diesem Mädchen ist uns allen schon lange aufgefallen. Sie befremdet uns. Wahrscheinlich haben Sie sich Ihre besonderen Vorstellungen von der Begegnung mit Gerlinde heute nacht gemacht, aber das Mädchen war nicht ganz damit einverstanden. Ich weiß nämlich, daß sie einen Freund hat. Eine recht innige Verbindung übrigens. Zweifellos liebt das Mädchen Sie, aber doch nicht so, wie Sie sich das gedacht haben.“
    Endlich begriff Anne, was der Lehrer sagen wollte. Sie sprang empört auf.
    „Muß ich mir derartige Unterstellungen gefallen lassen?“ fragte sie die Schulleiterin. Ihre Stimme bebte vor Zorn. „Warum sollte ich wohl um Hilfe schreien, wenn es so wäre, wie Dr. Lohmann sich mein Verhältnis zu Gerlinde …“
    „Sehen Sie, jetzt sagen Sie selbst, daß Sie ein Verhältnis mit der Schülerin haben.“
    „Sie sind ja total verrückt.“
    „Bitte!“ sagte Frau von Stöckingen mit scharfer Stimme. „Wollen Sie, bitte, die Anstandsformen wahren!“
    „Vielleicht hat unsere entzückende Kollegin nur geschrien, weil Dr. Schwab sie und Gerlinde überrascht hat?“
    „Dr. Lohmann, wenn Sie weiterhin derartige Behauptungen aufstellen, werde ich strafrechtlich gegen Sie vorgehen.“
    „Ich muß Fräulein Bloom beipflichten“, sagte Dr. Schwab ruhig. „Die Verdächtigungen Dr. Lohmanns sind geschmacklos. Als ich das Zimmer betrat, war Fräulein Bloom allein und bewußtlos. Gerlinde war nicht zu sehen.“
    „Und doch …“ murmelte Dr. Lohmann kopfschüttelnd.
    Er musterte die Lehrerin mit seinen kurzsichtigen Augen. Das graue Haar fiel ihm wirr in die Stirn. Er suchte seine Taschen ab, fand endlich eine Zigarettenschachtel und zündete sich eine Zigarette an.
    „Bleiben Sie bei Ihrer Version vom Schülerscherz?“ fragte er.
    „Natürlich“, erwiderte Anne mit fester Stimme. Sie blickte die Schulleiterin an. „Es tut mir leid. Ich habe mich wohl ziemlich dumm benommen. Darf ich jetzt wieder auf mein Zimmer gehen?“
    Frau von Stöckingen erhob sich. „Wir werden den Fall morgen klären.“
    Sie lächelte Anne zu und bedachte Dr. Lohmann mit einem kühlen, strafenden Blick. Dann verließen sie das Lehrerzimmer. Auf dem Flur begegneten sie einigen anderen Pädagogen, die sich der Konferenz anschließen wollten. Frau von Stöckingen erklärte ihnen, daß sie zu spät kämen und der Vorfall am nächsten Morgen geklärt werden sollte.
    Dr. Schwab führte die Englischlehrerin die Treppe hinauf.
    „Wollen Sie mir nicht sagen, was wirklich vorgefallen ist?“ fragte er, als sie außer Hörweite der anderen waren.
    Sie blieb betroffen stehen. „Wollen Sie damit sagen, daß Sie das gleiche annehmen wie Lohmann?“
    Er lächelte und schüttelte den Kopf.
    „Nein, nein“, beteuerte er und blickte ihr dabei in die Augen. „Das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen.“
    Die Art, wie er seine Worte betonte, trieb ihr das Blut in die Wangen. Sie wollte sich abwenden, aber er hielt sie fest.
    „Anne – was war wirklich? Ich kenne Sie doch. Sie wissen genau, daß so kurz vor den Sommerferien Schülerstreiche vorkommen können. Sie würden doch nicht auf einen so dummen Scherz hereinfallen. Es muß etwas ganz anderes passiert sein. Wollen Sie es mir nicht sagen?“
    Sie ging weiter. Er blieb bei ihr, bis sie vor ihrer Zimmertür standen.
    „Nein, nein“, sagte er. „ich werde Ihr Heiligtum nicht betreten, sonst kommt Lohmann wieder auf dumme Gedanken. Mißverständnisse können wir uns nicht leisten.“
    „Ich hatte nicht vor, Sie zu mir einzuladen“, erwiderte sie schnippisch, wandte sich ab und betrat ihr Zimmer.
    Die Tür fiel hinter ihr zu.
    Dr. Schwab sah ein, daß er nichts mehr erfahren würde. Er ging die Treppe wieder hinunter.
     

     
    Anne Bloom war in dieser Nacht nicht zur Ruhe gekommen. Deshalb eilte sie morgens als erstes zum Zimmer von Gerlinde Schultheiß. Sie erhoffte sich von ihrer Schülerin eine Erklärung der Vorgänge in der Nacht. Dennoch zögerte sie, als sie vor der Tür zum Zimmer Gerlindes stand. Ihr Herz klopfte wild. Sie hatte Angst, daß die Siebzehnjährige sich nicht melden würde.
    Dr. Schwab erschien auf dem Gang. Die Lehrerin pochte heftig gegen das Holz, doch alles blieb still. Anne Bloom wollte das Zimmer betreten, bevor der Mathematiklehrer bei ihr war; sie wollte allein mit Gerlinde reden, doch es kam keine Antwort von drinnen. Enttäuscht drehte sie sich um.
    „Ist Gerlinde nicht
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