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082 - Die Geisterkadetten

082 - Die Geisterkadetten

Titel: 082 - Die Geisterkadetten
Autoren: Bruce Coffin
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mit dem grünen Schirm tauchte den Raum in grelles Licht. Dupont wartete auf Inspektor Casteret, dessen Wagen vor der Tür des Hauses stand. Er vertrieb sich die Zeit mit Hilfe einer großen Flasche Cognac.
    Der Gendarm war mit seinen Kollegen aus der nahen Kreisstadt an dem betreffenden Abend nur eine knappe Viertelstunde zu spät zu dem Zigeunerlager gekommen um den Doppelmord zu verhindern. Und jetzt lag der wahrscheinliche Mörder in einer Holzkiste in dem schuppenartigen Anbau seines Häuschens.
    Aus einem Winkel des Raumes zirpte friedlich ein Heimchen. Der Gendarm seufzte und trank das Glas in einem Zug leer. Sonst versetzte der Alkohol ihn immer in gute Laune, aber jetzt brachte er ihn nicht von seinen, durch die Ereignisse der letzten Tage bedingten, grauen Gedanken ab.
    Dupont blickte auf seine Armbanduhr.
    »Verdammt, jetzt wird es aber langsam Zeit«, murmelte er mit schwerer Zunge. Die Zeiger auf dem Zifferblatt lagen beide auf der Zwölf. Der Gendarm wußte, daß ihn keine zehn Pferde mehr wach kriegten, wenn er jetzt einschlafen würde.
    Er erhob sich gerade, um sich etwas Bewegung zu verschaffen, da erklang an der Eingangstür des Hauses ein leises Klopfen.
    Nur einen Augenblick glaubte Dupont, daß es der Inspektor war, denn als er durch die halb offenstehende Zimmertür auf den kleinen Korridor trat, hörte er eine Stimme.
    »Laßt mich eintreten hier aus der Nacht, Herr!« Es war die Stimme einer jungen Frau, gefolgt von einem schweren Atmen und Stöhnen.
    Dupont trat in das Zimmer zurück, angelte sich seine Uniformjacke vom Haken und quälte sich hinein.
    »Wer sind Sie«, rief er dabei laut über die Schulter hinweg.
    »Eine Frau auf der Reise.«
    »Und was wollen Sie noch so spät in der Nacht?«
    »Ich habe so schreckliche Schmerzen in meinem Kopf.« Abermals stöhnte die Frau. »Laßt mich doch ein, Herr.« Es folgte ein Laut, als prallte ihre Schulter schwer gegen die Tür.
    Der Gendarm, der nun plötzlich merkte, daß er zuviel getrunken hatte, zerrte sich den Kragen zurecht, verlor das Gleichgewicht, stolperte über einen Stuhl und wäre fast in das kleine Vorderfenster gefallen. Er zog den Vorhang beiseite und blickte auf die Straße hinaus. Von der Frau war nichts zu sehen. Nur ein feiner Sprühregen fuhr gegen die Scheiben.
    Eine Zeitlang lauschte Dupont angestrengt.
    Wieder drang die Frauenstimme an sein Ohr. Diesmal weinend und wimmernd. »Ich werde immer schwächer, Herr. Laßt mich doch ein.«
    Übermächtig drängte sich die Frau vor der Tür in sein Bewußtsein. Dupont schwankte in den Korridor und schob den Riegel an der Haustür zurück.
    Vor ihm stand eine junge Frau in der bunten Tracht der Zigeuner. Ihre Gestalt hielt sich aufrecht wie eine antike Statue, die plötzlich zum Leben erwacht war. Das bleiche Gesicht der Frau wurde von einem blutroten Kopftuch beschattet.
    »Ich danke Ihnen, Herr«, seufzte sie. Noch hatte ihre Stimme nicht die richtige Wahl zwischen Bettelklang und Siegeston getroffen. Mit einer merkwürdigen Sicherheit schritt die Zigeunerin an dem Polizisten vorbei. Ihr Schmuck, der aus vielen Armbändern und Ohrringen bestand, klimperte verhalten bei ihren Bewegungen.
    »Ah!« murmelte die Frau. »Ich fühle mich schon viel besser.«
    Ihre schnell den Raum abtastenden Augen blieben an dem Gendarm hängen. »Darf ich mich niedersetzen, Herr?«
    Sie hatte sich schon auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch niedergelassen. Der gelbe, blanke Bast, aus dem der Sitz kunstvoll geflochten war, knisterte leise, als ihr Gewicht ihn dehnte und spannte. Ihr bunter Rock floß weit und üppig.
    Der kühne Schwung von jener Stelle wo sich unter dem Rock ihr Knie verbarg, bis zu dem Ansatz ihrer Hüfte hielt den Blick Duponts gefangen. Immer wieder tasteten seine Äugen diese Linie ab.
    Als er merkte, daß die Frau seinem Blick lächelnd folgte, wurde er über sich selbst wütend.
    »Also, was wollen Sie? Sie sagten doch etwas von Schmerzen?« fragte er kurz angebunden.
    Die Zigeunerin lächelte und erwiderte gelassen. »Seit Sie mich eingelassen haben, geht es mir schon viel besser » Der wimmernde Klang war ganz aus ihrer Stimme verschwunden.
    »Haben Sie keine Frau, die zu Ihnen gehört, Herr?« fuhr sie mit schmeichlerischer Stimme fort, während sie sich erhob, einen Schritt an den Mann herantrat und ihre Augen in die seinen versenkte.
    Dupont fühlte einen schwachen Druck in seinen Schläfen. Er versuchte krampfhaft* an die Wand zurückzuweichen, aber er hatte plötzlich
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