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0814 - Der geheimnisvolle Engel

0814 - Der geheimnisvolle Engel

Titel: 0814 - Der geheimnisvolle Engel
Autoren: Christian Schwarz
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den Wald an den Strand führte. »Dort lang«, sagte Bruder Claudius und wies auf den steil aufragenden, überirdisch weiß leuchtenden Kreidefelsen, der einst die Jaromarsburg getragen hatte.
    Nebeneinander eilten sie über den steinigen Strand, Bruder Claudius in der Mitte.
    Der Mönch begann ganz plötzlich ohne Aufforderung zu berichten. »Die Geschichte beginnt weit in der Vergangenheit«, sagte er ohne das geringste Keuchen. »Im Jahre 1167 erschien dem ehemaligen Erzbischof Eskil von Lund und dem Dänenkönig Waldemar ganz plötzlich ein Seraphim. Der wunderbare Engel berichtete den beiden, dass auf der Insel Rügen ein furchtbarer Dämon sein Unwesen treibe, der unbedingt vernichtet werden müsse. Er lasse sich von den slawischen Stämmen als Gott verehren. Der Name des Dämons sei Svantevit.«
    »Also doch«, unterbrach Zamorra.
    »Ja. Und der Engel überließ Eskil eine starke magische Waffe, mit der er gegen Svantevit kämpfen sollte.«
    Nicole wich elegant einem großen Stein aus. »Ich ahne etwas. Meinen Sie mit besagter Waffe etwa den Spiegel, mit dem Sie uns zu blenden geruhten, Monsieur Mönch?«
    »Ich schäme mich dafür und freue mich, dass Ihnen beiden nichts weiter passiert ist. Ich wusste ja nicht, wer Sie wirklich sind. Aber ja, ich spreche genau von diesem Spiegel. König Waldemar rüstete daraufhin also erneut eine Flotte aus, um gegen Rügen zu ziehen. Nachdem er sich zuvor drei Mal einen blutigen Kopf gegen den Rügenfürsten Jaromar geholt hatte, war er dieses Mal erfolgreich. Es ging fast wie von selbst. Während sich die slawischen Ranen zuvor wie Löwen in den Abwehrkampf stürzten, hatte sie jetzt eine seltsame Lähmung befallen. Denn das Orakel, das sie vor jedem Kampf befragten, hatte ihnen eine Niederlage prophezeit.«
    Sie langten bei einer mannshohen Klippe an, an der sich die Ostseewellen leise brachen. Direkt daneben lag ein kleines Motorboot auf dem Strand, mit einem steinbeschwerten Seil gesichert.
    Bruder Claudius rollte den Stein beiseite. Zusammen mit Zamorra schob er das Boot in die sanften Strandwellen. Nicole sprang als erste hinein, der Professor hinterher. Sie setzte sich nach vorne, er in die Mitte. Bruder Claudius warf derweil den Außenborder mit der Ziehschnur an. Das volle Motorengeräusch war sicher kilometerweit zu hören. »Merde«, entfuhr es dem Mönch. »Aber wohl nicht zu ändern.« Er sprang ebenfalls ins Boot. Im Heck kauernd bediente er den Steuerhebel des Außenborders.
    Das Boot nahm Fahrt auf, es hob sich vorne leicht aus dem Wasser. Eiskalte Gischt spritzte Nicole ins Gesicht. Nicht weiter schlimm. Bruder Claudius steuerte es auf die offene See hinaus, in stumpfem Winkel direkt auf das Ruderboot zu.
    »Wie ging’s weiter?«, rief Zamorra gegen den Motor an, der wie ein zorniger Hornissenschwarm summte. Zudem klatschten die hier draußen vorhandenen kleinen Wellen gegen den Bootsrumpf.
    »Wie’s weiterging? Nun, König Waldemar konnte endlich den Inselfürsten Jaromar besiegen und den letzten noch heidnisch verbliebenen Slawenstamm christianisieren. Aber in diesem Fall war das nur nebensächlich. Denn Waldemar und Eskil von Lund befanden sich auf einer göttlichen Mission. Der eigentliche Zweck des dänischen Angriffs war nämlich, Eskil von Lund unter die Tempelburg zu bringen, wo er Svantevit stellen und bekämpfen konnte. Der Seraphim hatte ihm genau gesagt, wo das schwarzblütige Ungeheuer anzutreffen war.«
    »Und, hat er es geschafft?«, schrie Zamorra nun auch noch gegen den auffrischenden Wind an.
    »Nein. Nun, jedenfalls nicht direkt.«
     
    Aus Eskil von Lunds Erinnerungen, niedergeschrieben im »Buch des geheimen Ordens«: Gott der Herr sei gelobt und gepriesen. Der Angriff auf die Ranen hat dieses Mal geklappt. Während an der Oberfläche König Waldemars Soldaten das Standbild des Dämons Svantevit zerstören, eile ich durch unterirdische Gänge, die einem Labyrinth gleichen. Je weiter ich vordringe, desto kälter wird es. Meine rechte Hand umklammert krampfhaft den magischen Spiegel, diese wunderbare Waffe des Guten, die der Seraphim mir zukommen ließ. Auch wenn ich den Engel Gottes nicht sehe, so weiß ich doch, dass er mit mir ist und mich durch diese Sinn verwirrende Unterwelt leitet.
    Trotzdem, auch ich bin nur ein Mensch. Und so versuche ich, so gut es geht, meine Angst zu unterdrücken. Ganz will es mir indes nicht gelingen. Nicht mehr lange, dann stehe ich dem furchtbaren Svantevit gegenüber. Seine Statue im Tempel ist nur
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