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081 - Hexentanz

081 - Hexentanz

Titel: 081 - Hexentanz
Autoren: Frank deLorca
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sie hatte es geschafft. Das Geschlecht der Clouets war erloschen. Claire Clouet befand sich in den Klauen der rachsüchtigen Orientalin, die seit Hunderten von Jahren hier geruht hatte. Ehe wir sie aufgeschreckt hatten.
    Denn plötzlich bewegte sich die stumme Gestalt am Grunde der etwa zwei Meter tiefen Höhle, die vielleicht zwei Meter im Quadrat maß.
    Ich stieß einen Schrei aus, als Fatima den Kopf wandte und mich anschaute. Das waren die Züge von Blanche Morgan.
    Nur die Haarfarbe stimmte nicht.
    »Was ist?« erkundigte sich Breton erschrocken.
    »Sie bewegt sich.«
    Breton stieß mich zur Seite. Fassungslos starrten wir auf die Erscheinung, die uns langsam ihr Gesicht zuwandte, eine Hand- ausstreckte, bereit, das enge Grab zu verlassen.
    Als sich die Kralle mit den gespreizten Fingern und den überlangen Nägeln hob, sprangen wir unwillkürlich zurück. Zumal sich das hübsche Gesicht in einem sardonischen Grinsen verzog. Überlange Reißzähne wurden sichtbar. Die schwarze Haarpracht geriet in Bewegung. Mit eigentümlich fließenden Schritten schob sich die Eingeschlossene unter das Loch, das ich mit der Spitzhacke gebrochen hatte.
    »Jetzt bin ich gespannt, ob sie durch den Fußboden schwebt. Das müßte sie ja können, nach allem, was ich von Ihnen gehört habe«, sagte Breton atemlos. Der Kommissar konnte seinen Blick nicht von der Lücke reißen, zu seinen Füßen, auf dem Grund der so mühselig ausgehobenen Grube.
    »Ich weiß auch nicht«, murmelte ich. »Bei unserer ersten Begegnung konnte sie es. Ich weiß nicht, welche Veränderungen jetzt vor sich gegangen sind. Sie sieht auch anders aus als beim erstenmal.«
    Ein ungeheurer Verdacht keimte in mir auf.
    Ich hatte natürlich schon von Seelenwanderung gehört. Wie, wenn Fatima mit Claire Clouet einen Pakt, geschlossen, aber Blanche Morgans Seele verzaubert hatte? Eine Art unfreiwilliger Austausch. Daher das veränderte Äußere der Orientalin, die jetzt aussah wie die Studentin.
    Wie sollte man ein solches Wesen stellen, das über derartig unfaßbare Eigenschaften und Fähigkeiten verfügte? Das mußte ja eine Jagd ohne Ende werden. Am Ende würde sogar Fatima triumphieren. Ein Menschenleben reichte nicht, um sie in ihren lausenden von Verkleidungen, Asylen und Tarnungen ausfindig zu machen und ihr Treiben zu beenden. Sie war eine Meisterin des Mimikry, jener Kunst, sich den Blicken zu entziehen.
    »Es hilft nichts. Wir müssen zu ihr«, sagte ich entschlossen.
    »Sie wollen sie pfählen?« fragte Breton skeptisch.
    »Kennen Sie eine bessere Methode?«
    »Jedenfalls eine einfachere«, erklärte der Kommissar und preßte die Lippen zusammen. Er zog seine Pistole aus der Manteltasche. Sie hatte das Kaliber neun Millimeter. Einem solchen Geschoß hielt auf diese Entfernung kein Mensch stand, kein Lebewesen. Aber konnten wir diese gespenstische Erscheinung, die ihre Krallen nach uns ausstreckte, so einfach einordnen in uns bekannte Formen der Existenz?
    Der Polizist scherte sich keinen Deut um die Hände, die sich aus dem Boden streckten, nach ihm angelten in gieriger Mordlust.
    Breton kniete nieder und zielte gut. Er schoß.
    Die Detonation sprengte mir in dem engen Raum fast die Trommelfelle. Pulverschmauch waberte in der Luft. Klirrend landete die ausgeworfene Hülse auf dem Steinfußboden. Offenbar zeigte das Mordgespenst keine Regung und keine Wirkung.
    Ungläubig schaute mich Breton an.
    Er biß die Zähne aufeinander.
    Dann jagte er Schuß auf Schuß in die unterirdische Höhle. Er hielt erst inne, als das Magazin leer war. Der Schlitten der Pistole rastete in hinterer Stellung ein. Rauch kräuselte aus der heißen Mündung.
    Breton hatte sich geändert. Ich brauchte nicht näher zu treten, um zu sehen, daß die Erscheinung nicht gewichen war.
    Ein höllisches Gelächter, ein wahnsinniges Kreischen schlug uns entgegen, als triumphierte die Hölle über einen Sieg.
    »Jetzt sind Sie dran, Douglas«, knurrte Breton. »Beten Sie, daß Ihre Kur endlich anschlägt. Nicht auszudenken, wenn dieses Wesen freikommt und über Bouillon herfällt. Das wäre das Ende.«
    Ich ging sehr sorgfältig zu Werk.
    Ich schätzte die Maße der Orientalin – oder wer immer sich da unten vor Blutdurst verzehrte und fremde Züge angenommen hatte – damit ich die Lücke nicht so erweiterte, daß die Chimäre entwischen konnte.
    Es genügte, wenn ich ungehindert mit meinem spitzen Holzpflock zustoßen konnte. Ich mußte das Herz treffen.
    Breitbeinig wie der Harpunier
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