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0806 - Der Voodoo-Club

0806 - Der Voodoo-Club

Titel: 0806 - Der Voodoo-Club
Autoren: Jason Dark
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aus unerfindlichen Gründen kurzerhand verlassen hatte.
    Deckungen für uns gab es also genug. Aber wir waren die einzigen, die sich bewegten. Ich sah keinen Grabstein, der zitterte oder schwankte, wie es auch hätte sein können, denn sollten es die Riten geschafft haben, die Leichen zu wecken, dann verfügten sie auch über genügend Kraft, aus dem Erdboden hervorzukriechen und die Steine zur Seite zu stemmen.
    Wir blieben dicht zusammen, denn das Areal war nicht groß genug, um es von zwei Seiten zu durchkämmen. Wenn einer etwas entdeckte, würde es der andere auch gesehen haben, und wir mußten mit mehreren Gegnern rechnen.
    Dann hörten wir etwas.
    Sofort blieben wir stehen. Wir hatten uns hinter zwei Grabsteinen versteckt, die uns zumindest nach einer Richtung Deckung gaben.
    »Schritte…«, formulierte Suko.
    Er hatte sich nicht geirrt.
    Jemand kam zu uns.
    Zielsicher sogar, wenn auch leise. Dieser Jemand schien genau zu wissen, wo wir uns aufhielten, und er bemühte sich auch nicht, die Geräusche zu dämpfen.
    Er wollte die Konfrontation.
    Ich wartete ab. Meine rechte Hand lag auf dem Griff der Beretta.
    Den dünnen Schweißfilm konnte ich nicht verhindern. Noch trauten wir uns nicht, um die Kanten der Grabsteine zu schauen, und als wir es wollten – wir hatten uns durch ein Handzeichen verabredet –, kam alles ganz anders.
    Roberta Miller übernahm die Initiative. Ihre Stimme hörten wir in unserer unmittelbaren Nähe.
    »Sinclair… Suko …?«
    Wir schauten uns an.
    Suko nickte.
    Ich bewegte mich, drehte mich um den Grabstein herum – und stand ihr gegenüber…
    Roberta Miller hatte auf uns gewartet. Sie bot ein interessantes Bild, und ich suchte nach einem Vergleich, der mir erst nach einigen Sekunden des Nachdenkens einfiel.
    Roberta war die Königin der Gräber!
    Sie hatte die Arme ausgebreitet, als wollte sie all die kahlen Grabsteine in ihrer Nähe umfangen und sie eng an sich drücken, um zu dokumentieren, wie sehr sie doch mit den darunter liegenden Leichen verwachsen war.
    Ihr Gesicht schimmerte leicht ölig und war auch noch dunkler.
    Deshalb trat das Weiß ihrer Augen besonders stark hervor. Mir persönlich kamen sie verdreht vor, das aber konnte auch ein Irrtum sein. Jedenfalls zeigte sie weder Furcht noch Überraschung, sie fühlte sich im Schutz der Grabsteine sehr wohl. Dies wiederum war mir zu wenig, weil ich genau wußte, daß sie nicht allein war.
    Wie viele Personen noch lauerten, konnte ich nicht sagen, aber mir stieg ein Geruch in die Nase, der mir gar nicht gefiel. So roch eigentlich nur Blut.
    Roberta sprach uns an. Sie lächelte dabei. Ihre Zähne schimmerten wie bleiche Knochenstücke. »Ich wußte genau, daß ich euch nicht abhängen konnte. Mein Vater hat einen Fehler begangen, er hätte nicht mit euch paktieren sollen.«
    Ich hob den Arm. »Moment mal. Sie scheinen nicht zu wissen, daß es zu seinem Job gehörte.«
    »Zu welchem Job denn?«
    »Er wurde bezahlt.«
    »Von der englischen Regierung?«
    »So kann man es nennen.«
    »Das ist mir nicht neu«, erklärte sie. »Ich habe ihn schon des öfteren darauf angesprochen, ihn auch gewarnt, aber er ließ davon nicht ab. Er wollte aus dem Dreck raus«, sagte sie, und ihre Stimme klang plötzlich hasserfüllt. »Aber nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Durch verdammte Korruption und wider die Sache.«
    »Welche Sache denn?«
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Er hat die Revolution verraten!«
    Ich stand dicht davor, die Augen zu verdrehen. Auch das noch.
    Jetzt fing sie mit den uralten Thesen an, die sich längst überholt hatten. Die rote Revolution hatte auf der gesamten Welt eine Pleite erlitten oder ihre Kinder gefressen, daran war nichts mehr zu rütteln.
    Nur der fidele Castro hielt noch die Stellung, doch auch er war ein alter Mann geworden und würde irgendwann aufgeben müssen, wenn sein Volk zu laut nach Brot schrie. Für mich hatte es sich angehört, als wären Castros Ideen rübergekommen.
    »Wollen Sie die Gesellschaft verändern, Roberta?«
    »Nicht ich allein.«
    »Wer noch?«
    »Wir waren eine Gruppe. Fünf Männer und fünf Frauen. Wir haben uns zusammengefunden, und wir sind auch eingetaucht in die Geschichte der Insel. Wir haben erlebt, wie die Menschen ausgebeutet wurden und konnten dem nicht mehr länger zuschauen. Das war furchtbar, und wir sind dann stärker geworden, wir haben Verbindungen nach Kuba geknüpft, und wir sind von dort unterstützt worden. Aber wir fielen auf, man hat uns
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