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0806 - Der Voodoo-Club

0806 - Der Voodoo-Club

Titel: 0806 - Der Voodoo-Club
Autoren: Jason Dark
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Schreien mischten.
    Aber wir hörten auch das Trommeln. Es drang aus einer anderen Richtung an unsere Ohren, und zwar genau dort, wo die Ruinen der alten Kirche in die Höhe ragten.
    Sie wirkten in der Dämmerung wie bleiche, übergroße Knochen von irgendwelchen Tieren, die einmal vor Millionen von Jahren gelebt hatten, und der weiche Wind strich auch über sie hinweg.
    Einen direkten Weg gab es nicht. Wir mußten uns durch Gehölz und Strauchwerk in die Nähe des Friedhofs vorkämpfen. Wir hatten uns vorgenommen, zuerst die Kirche als Deckung zu nehmen.
    Zum Teil stand der Glockenturm noch, und er genau war dabei unser Wegweiser.
    Wie ein Wächter schaute er auf uns nieder. An seiner Spitze sah er aus, als wäre er dort zerschossen worden. Das äußere Mauerwerk stand, aber das Glockengestell war noch zu sehen. Allerdings ohne Glocke. Mauern aus einem ganzen Stück gab es nicht mehr. Viel Schutt lag auf dem Boden, und der Dschungel hatte über Teile von ihm sein grünes Dach ausgebreitet.
    Wir blieben am Rand der Kirche stehen. Wenn wir nach links schauten, fiel der Blick über den Friedhof mit seinen zahlreichen Gräbern und natürlich den alten Grabsteinen, die sich kreuz und quer verteilten, wobei sich zwischen ihnen noch viel Platz auftat.
    Suko und ich suchten zunächst die Deckung, deshalb verschwanden wir auch schattengleich zwischen den Ruinen der Kirche.
    Dort blieben wir stehen.
    Es war fast finster, weil die doch relativ hohen Mauern ziemlich tiefe Schatten warfen. Wir kamen uns vor wie in eine dünne Schlammschicht eingetaucht, und wir spürten keine Kühle auf unserer Haut, sondern nur die dumpfe Feuchtigkeit. Der nahe Dschungel atmete die tagsüber aufgespeicherte Wärme aus und schickte sie uns als dünne Dampfschwaden entgegen. In meinem Mund lag ein bitterer Geschmack. Woher er stammte, konnte ich auch nicht sagen, wahrscheinlich lag es an der Luft, die auch mit fauligen Gerüchen angereichert worden war.
    Wir hüteten uns davor, auch nur ein Streichholz anzuzünden und bewegten uns mit schleichenden Schritten auf einen bestimmten Punkt zu, von dem aus wir den Friedhof relativ gut unter Kontrolle halten konnten. Viel war nicht zu sehen, weil die starren Grabsteine einen Großteil der Sicht nahmen.
    Aber wir sahen das Licht!
    Diesmal nicht so weit entfernt, und für uns war es auch zu identifizieren.
    Kerzenlicht!
    Der Wind streichelte die Flammen. Er sorgte dafür, daß sie sich bewegten, sie tanzten, sie beugten sich, sie kamen wieder hoch, und durch diese Bewegungen schufen sie seltsame Schatten, die wie Geister über den Boden und über die Grabsteine hinwegkrochen.
    Manchmal sahen sie aus, als wären sie aus dem Boden gekrochen, als hätten die Toten ihre Seelen entlassen, damit sie sich in der normalen Welt wieder umsehen konnten.
    Wir konnten uns nicht vorstellen, daß jemand die Kerzen aufgestellt hatte, um zu verschwinden. Sie mußten noch hier sein.
    Nur sahen wir sie nicht.
    Die Grabsteine waren zu hoch. Zudem grenzten die Ruinen der alten Kirche nicht direkt an den Friedhof. Es existierte da noch ein Zwischenraum. Es blieb nicht sehr lange still.
    Wir hörten Stimmen.
    Etwas verzerrt und leider zu leise. Es dauerte eine Weile, bis wir festgestellt hatten, daß es nicht mehrere Stimmen waren, sondern nur eine Person sprach.
    Die kannten wir.
    »Das ist Roberta«, hauchte Suko. Er schaute mich an. Sein Gesicht sah ich dicht vor mir. In der Dunkelheit wirkten seine Augen übergroß und wie zwei Fremdkörper.
    »Wer sonst…?«
    »Holen wir sie uns?«
    Ich hätte gern mit einem Ja geantwortet, war aber vorsichtig geworden. So leicht würde es uns die Frau nicht machen. Außerdem war sie nicht allein, wir mußten mit weiteren Personen rechnen.
    Die Voodoo-Trommel war verstummt.
    Über dem Gelände lag eine bleierne Ruhe, die sich auch durch die abendlichen Geräusche des Dschungels nicht stören ließ. Das erschien uns alles sehr weit entfernt. Wir standen hier auf einer kleinen Insel und hatten die übrige Welt vergessen.
    Ich verließ als erster den Schutz der Ruine. Sehr vorsichtig bewegte ich mich den ersten Grabsteinen entgegen, die in der Dunkelheit gelblich schimmerten.
    Manche von ihnen standen schon krumm, als wollten sie jeden Moment auf den Boden fallen. Andere glichen schlichten Platten, mehr breit als lang. Wieder andere sahen sehr schlank aus, fast schon säulenhaft. Sie machten auf mich den Eindruck, als hätten sie noch bearbeitet werden müssen, wobei der Künstler sie dann
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