0800 - Die Kaiserin von Therm
zu, daß er jederzeit seine Spur verwischen könnte, wenn ihm daran gelegen wäre."
„Er ist dreist!" schimpfte Dnathia. „Dieser Diebstahl ist gleichzeitig eine Herausforderung, die bestraft werden muß."
„In der Tat", stimmte Moykrina zu, „Ich werde mit ihm reden.
Willst du mich begleiten?"
„Ja, Gralsmutter!"
Sie verließen Moykrinas Hütte und überquerten den Zentrumsplatz, dessen Mittelpunkt der leuchtende Arm der Kaiserin bildete.
Wie das Ritual es verlangte, blieben Moykrina und Dnathia einen Augenblick stehen, bis zwischen den Kristallen auf ihrer Brust und dem aus dem Himmel herabwachsenden Strang eine kleine Lichtbrücke entstanden war.
Nachdem sie erneut mit der Wärme und Güte der Kaiserin aufgeladen waren, setzten die beiden Kelsirenfrauen ihren Weg fort.
Vorbei an gepflegten Gärten der Dorfbewohner gelangten sie schließlich zu Barlos Hütte.
Sie bot, ebenso wie der Garten, einen erbärmlichen Anblick.
Welke Blätter waren schon lange Zeit nicht ausgetauscht worden, Moosstücke waren herausgebrochen, und der Ast über dem Eingang hing herab, so daß es eigentlich erstaunlich war, daß er seine stützende Aufgabe noch erfüllen konnte.
Verglichen mit den Gärten der Umgebung sah der Barlos wie eine Wüste aus. Nicht einmal die Disteln hatte er zur Blüte gebracht.
Der Besitzer des Grundstücks hockte auf einem morschen Baumstamm und spuckte beim Auftauchen der beiden Frauen einen Kujo-Kern auf den Boden.
Dnathia hielt unwillkürlich den Atem an, aber die erfahrene Moykrina ignorierte die Unhöflichkeit des Mannes.
„Ich begrüße dich, Barlo", sagte sie freundlich.
„Hallo, Gralsmutter!" gab der Mann lässig zurück.
Moykrina ließ ihre Blicke durch den ungepflegten Garten wandern.
„Wie fühlst du dich, König der Disteln?"
„Ich kann nicht klagen, Gralsmutter." Seine Zunge fand einen zweiten Kern innerhalb des karpfenähnlichen Maules, und er beförderte ihn ins Freie. Der Kern landete vor Moykrinas Füßen.
„Ich kann mir nicht denken, daß du glücklich und zufrieden bist, Barlo", sagte die Gralsmutter unerschütterlich. „Weißt du nicht, daß man die Weisheit eines Kelsiren daran erkennen kann, wie es in seinem Garten aussieht?"
„Ich bescheide mich mit dem Glück und der Weisheit meiner Nachbarn", erklärte Barlo ebenso listig wie unmißverständlich.
Bevor Moykrina antworten konnte, spürte sie über ihren Kristall den Ruf der Kaiserin. Auch die beiden anderen Kelsiren reagierten, nur nicht so heftig und unmittelbar.
„Wir werden das alles später erörtern", erklärte die Gralsmutter.
„Die Kaiserin ruft uns. Wir müssen uns um ihren Arm versammeln."
Aus allen Hütten in der Umgebung kamen jetzt die Kelsiren und bewegten sich in Richtung des Dorfplatzes.
„Ich muß mich beeilen", verkündete Moykrina. „Es schickt sich nicht, daß die Gralsmutter zuletzt eintrifft."
Sie war sich der Tatsache bewußt, daß der Ruf der Kaiserin nicht nur an ihren Stamm, sondern an alle Kelsiren auf Drackrioch ergangen war.
Kurze Zeit später hatten sich alle Dorfbewohner einschließlich der Gralsmutter und ihrer Töchter um den Arm der Kaiserin versammelt.
Moykrina war gespannt, was die Kaiserin zu berichten hatte.
*
Obwohl die Anordnungen der Kaiserin eindeutig waren, bereiteten sie Moykrina Kopf zerbrechen.
Bevor die Kelsiren gelernt hatten, ihre geistigen Kräfte auf das Wachstum von Früchten anzuwenden, hatten sie ihre Nahrung mit Hilfe mentaler Locksignale beschafft.
Jetzt diente diese Fähigkeit nur noch dazu, gefährliche Tiere in Fallen zu locken.
Die Kaiserin verlangte, daß die Kelsiren ihre Locksignale in den Weltraum ausstrahlen sollten.
Der Sinn dieser Anordnung war Moykrina nicht ganz klar, aber die Kaiserin mußte schließlich wissen, was sie verlangte.
*
Die Geschichte der Kaiserin von Therm:
KOSMOGENESE VII
Irgendwann kam ein Raumschiff der Choolks in die Nähe des Systems der Kaiserin von Therm.
Die Besatzung empfing die Lockungen der Kelsiren vom Planeten Drackrioch aus und erlag ihnen. Der Kommandant gab den Befehl, das Schiff auf dem dritten Planeten zu landen.
Kaum, daß die Choolks ihr Schiff verlassen hatten, erschienen die Kelsiren und hängten jedem der in die Falle Gegangenen einen Kristall der Kaiserin von Therm um.
Die Choolks erwiesen sich als leicht zu beeinflussende und zuverlässige Wesen.
Die Kaiserin beschloß, daß ihre spätere Leibwache aus Angehörigen dieses Volkes bestehen sollte.
Mit
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