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0800 - Die Kaiserin von Therm

Titel: 0800 - Die Kaiserin von Therm
Autoren: Unbekannt
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dieser blind nach vorn drängenden Menge aufgesogen und mitgeschleppt werden könnte.
    Callazian war ein mittelgroßer Geschlechtsloser ohne jeden körperlichen Vorzug. Seine Bescheidenheit ließ ihn oft schwerfällig erscheinen, aber er besaß einen scharfen und analysierenden Verstand, der ihm gestattete, sich über die Anforderungen hinaus, die sein Beruf an ihn stellte, mit zahlreichen anderen Dingen zu beschäftigen.
    Er arbeitete in einer der Kommunikationszentralen, Abteilung Geschichte. Dort wurde mit Hilfe der Tiotroniken alles lückenlos zusammengetragen, was sich auf Blosth und den anderen Welten des soberischen Imperiums ereignete.
    Die Sammlung war so umfassend, daß der bloße Gedanke daran in Callazian ein Schwindelgefühl auslöste. Er bezweifelte, daß es einen Soberer gab, der in der Lage war, diesen Datenberg zu überblicken oder zu bearbeiten.
    Callazian gestattete sich oft die ketzerische Frage, ob er für das soberische Volk oder für die Kette von Tiotroniken arbeitete, von denen die Zivilisation gelenkt wurde.
    Der Archivverwalter ertappte sich dabei, daß er stehen blieb.
    Soberer, die sich bei dem Ansturm auf den Nebenstrahl zu überholen versuchten, stießen ihn an oder verwünschten ihn, aber die meisten nahmen ihn gar nicht wahr.
    Der Sprung vom Akteur zum Zuschauer war eigentlich nicht besonders groß, dachte Callazian. Gleichzeitig stieg Unbehagen in ihm auf, denn er wußte, daß er diesen Vorgang möglichst schnell umkehren mußte, wenn er nicht hoffnungslos zurückbleiben wollte.
    Die tiotronischen Wände zu beiden Seiten der Zugangsschneise plärrten ihre Nachrichten auf die Menge hernieder, und unmittelbar über dem Zugang blitzten die bunten Lichter zweier Unterbewußtseinsinformationen für die Soberer, die die Pflichtnachrichten versäumt hatten.
    Kein denkendes Wesen würde uninformiert in die Zentren von Blosth gelangen.
    Am Zugang staute sich die Menge, und sie wuchs rückwärts durch die Schneise auf Callazian zu.
    Alles ging so schnell, daß der Geschlechtslose damit rechnen mußte, in kurzer Zeit von dieser sich ausdehnenden Sobererschlange geschluckt zu werden. Die Bürger, die an ihm vorbeikamen, verlangsamten bereits ihre Geschwindigkeit.
    Callazian drehte sich um und entfernte sich vom Zugang des Nebenstrahls. Unwillkürlich dachte er an ein Stück Treibholz, das stromaufwärts schwamm.
    Er verließ die Schneise über eine Treppenplattform, die in den Wohnbezirk hinaufführte. Die Gebäude waren still, tiotronisch neutralisiert bis zum Abend.
    Auf seinem Weg zurück zu seinem Wohnkessel begegneten Callazian zwei Informationsunwürdige: ein Kind und eine blinde alte Frau. Callazian hatte diese Soberer bisher nie beachtet, aber jetzt fragte er sich unwillkürlich, was sie den ganzen Tag übertrieben.
    Entlang eines Wohnkessels bewegte er sich auf den freien Platz zwischen der Kesselgruppe zu. Aus der Schneise drang Lärm zu ihm herauf, aber er erschien ihm unwirklich.
    Vor ihm tauchte ein alter Geschlechtsloser auf und kam auf ihn zu. Seine Kleidung bestand aus einem unförmigen Umhang und Schnürsandalen. Er hatte den gleichgültigen Gesichtsausdruck eines Informationsunwürdigen.
    Der Soberer blickte in Richtung der Schneise, sah dann Callazian an und bemerkte: „Da kommst du nicht mehr mit!"
    Callazian überwand seine Abneigung.
    „Nein", gab er zu. „Ich werde es später noch einmal versuchen."
    Der Geschlechtslose lächelte überlegen.
    „Die Tiotronik wird alle Strahlen zum üblichen Zeitpunkt abschalten."
    Callazian schwieg, aber er wußte, daß der andere recht hatte.
    „Vielleicht", fuhr der alte Soberer in gedehntem Tonfall fort, „kann ich dir helfen."
    Daß ausgerechnet ein Informationsunwürdiger ihm Hilfe anbot, war Callazian peinlich. Er ließ den Soberer stehen und ging weiter.
    Der Geschlechtslose folgte ihm.
    „Du glaubst sicher nicht, daß ich dir helfen kann."
    „Nein", bestätige Callazian. „Laß mich jetzt allein."
    „Ich könnte dich zu einer Bahn führen!"
    „Jetzt habe ich genug!" stieß der Archivverwalter hervor. „Es gibt keine Bahnen."
    „Bist du sicher?"
    „Es gibt keine Informationen über funktionsfähige Bahnen, daher können sie auch nicht existieren."
    „Und wenn ich dich hinführe?"
    Ich muß verrückt sein, daß ich mir das anhöre! dachte Callazian.
    „Die tiotronische Information ist allumfassend. Du mußt krank sein, wenn du von Dingen sprichst, die nicht zur tiotronischen Ordnung gehören."
    Eine Zeitlang gingen
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