Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
Solche wütenden Messerstiche hatte er noch nie gesehen. Der Körper war zerstochen und zerhackt, als habe ein Fleischer den weichen Leib der jungen Frau für ein Schlachtlamm gehalten.
    Mit einem Stöhnen ließ Colla die blutgetränkte Decke wieder über die Gestalt sinken. Er wandte sich rasch ab und erbrach sich.
     

K APITEL 2
    Fidelma von Cashel lehnte sich gegen die Heckreling des Schiffes und sah zu, wie die auf und ab wippende Küstenlinie mit überraschender Schnelligkeit hinter ihr verschwand. Sie war an diesem Morgen als letzte an Bord gekommen, und im nächsten Moment hatte der Kapitän schon den Befehl gegeben, das mächtige viereckige Segel an seiner Rahe am Großmast hochzuziehen. Gleichzeitig holten andere Matrosen den schweren Anker ein. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, unter Deck zu gehen und ihre Kajüte zu besichtigen, bevor das Schiff in Fahrt kam. Sein Segel aus dünnem Leder knallte und bauschte sich im Wind wie eine Lunge, die sich mit Luft füllt. »Steuersegel setzen!« schrie der Kapitän mit Stentorstimme. Die Mannschaft rannte zu einem Mast, der schräg nach vorn wies. Ein kleines Segel wurde an einer Rahe gesetzt. Auf dem erhöhten Achterdeck standen neben dem Kapitän zwei kräftige, untersetzte Männer. Hier war an der Backbordseite des Schiffes das lange Steuerruder angebracht. Es war so groß, daß nur beide Matrosen gemeinsam es handhaben konnten. Der Kapitän rief einen Befehl, und die Matrosen drehten das Ruder. Das Schiff wurde von der Ebbe erfaßt und glitt durch die Wogen wie eine Sense durchs Korn.
    So schnell lief die »Ringelgans« aus der Bucht von Ardmore aus, daß Fidelma beschloß, zunächst nicht unter Deck zu gehen, sondern oben zu bleiben und sich das Manöver anzusehen. Von ihren Mitreisenden war niemand zu erblicken außer zwei jungen Mönchen, die Arm in Arm mittschiffs an der Backbordreling standen, ins Gespräch vertieft. Fidelma nahm an, alle anderen Pilger hielten sich unter Deck auf. Ein halbes Dutzend Matrosen, die das Schiff über das stürmische Meer nach Iberia zu segeln hatten, gingen unter den wachsamen Augen des Kapitäns ihren verschiedenen Tätigkeiten nach. Fidelma fragte sich, warum wohl die anderen Passagiere einen der aufregendsten Augenblicke zu Beginn einer Seereise versäumten, das Auslaufen aus dem Hafen. Sie selbst hatte schon mehrere Reisen zu Schiff unternommen, aber was man beim Inseegehen sah und hörte, fesselte sie jedesmal, von dem ersten Wellenschlag gegen den Rumpf bis zum Auf und Ab der zurückweichenden Küstenlinie. Sie konnte stundenlang beobachten, wie das Land allmählich am Horizont verschwand.
    Fidelma war eine geborene Seefahrerin. Oft war sie mit einem kleinen Boot an der wilden, sturmumtosten Westküste zu abgelegenen Inseln unterwegs gewesen und hatte nie Furcht empfunden. Vor einigen Jahren hatte sie Iona besucht, die Insel der Heiligen vor der Küste des gebirgigen Alba, auf ihrem Weg zur Synode von Whitby in Northumbria, und von dort war sie den ganzen Weg über Gallien bis nach Rom und zurück gereist, und selbst bei den heftigsten Schiffsbewegungen war sie niemals seekrank geworden.
    Bewegung. An dem Begriff blieben ihre Gedanken hängen. War das vielleicht die Lösung? Von Kind auf war sie geritten. Sie hatte sich wohl an die Bewegungen der Pferde gewöhnt und reagierte deshalb auf die Bewegungen eines Schiffes nicht so wie jemand, der stets auf festem Boden gestanden hatte. Sie nahm sich vor, auf dieser Reise etwas über Seefahrt, Navigation und Entfernungen über See dazuzulernen. Was nutzte es, wenn man eine Seereise genoß, aber ihre praktische Seite nicht verstand?
    Sie lächelte über das ziellose Wandern ihrer Gedanken und richtete sich an der hölzernen Reling auf, um noch einmal nach der verschwindenden Anhöhe von Ardmore mit den großen grauen Steingebäuden der Abtei zu spähen. Dort hatte sie als Gast des Abts die vorige Nacht verbracht.
    Als sie an die Abtei des heiligen Declan dachte, fühlte sie sich plötzlich einsam.
    Eadulf! Die Ursache war ihr sofort klar.
    Bruder Eadulf, der angelsächsische Mönch, war als Abgesandter des Erzbischofs Theodor von Canterbury an den Hof ihres Bruders, des Königs Colgú von Muman, nach Cashel gekommen. Bis vor ungefähr einer Woche war Eadulf fast ein Jahr lang ihr ständiger Begleiter gewesen, ihr hilfreicher Gefährte in vielen gefährlichen Situationen, während sie ihr Geschick als dálaigh , als Anwältin bei den Gerichten der fünf Königreiche von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher