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08 Geweihte des Todes - Adrian Lara

Titel: 08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
Autoren: Adrian Lara
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so gut wie möglich unter Kontrolle zu halten. Seine Rolle hätte rein professionell sein sollen, emotionslos und distanziert. Nur ein Spezialwerkzeug, das man für den Notfall bereithielt.
    Und doch hatte er auf den Anblick von Jennas nacktem Körper beunruhigend unprofessionell reagiert. Es war schon fünf Tage her, aber er erinnerte sich immer noch so deutlich an jeden Zentimeter ihrer elfenbeinweißen Haut, als sähe er sie gerade wieder vor sich, allein beim Gedanken daran beschleunigte sich sein Puls.
    Er erinnerte sich an jede glatte Rundung und sanfte Mulde, jedes kleine Muttermal, jede Narbe – von der verblassten Kaiserschnittnarbe auf ihrem Unterbauch zu den verheilten Schnitt- und Platzwunden, die ihren Rumpf und ihre Oberarme sprenkelten und ihm sagten, dass sie schon mindestens einmal in ihrem Leben mitten durch die Hölle gegangen war.
    Und er war alles andere als emotionslos und distanziert gewesen, als Jenna plötzlich von einem Krampfanfall geschüttelt wurde, kurz nachdem Alex ihre vergebliche Suche nach dem Muttermal beendet hatte, das ihre Freundin als Stammesgefährtin ausgewiesen hätte wie Alex und die anderen Frauen, die im Hauptquartier des Ordens lebten. Er hatte ihr beide Hände seitlich an den Hals gelegt und den Schmerz aus ihr herausgezogen, sich nur allzu sehr bewusst, wie weich und zart ihre Haut unter seinen Fingerspitzen war. Beim Gedanken daran ballte er die Fäuste.
    Er sollte nicht an diese Frau denken, weder nackt noch sonst wie. Bloß dass er jetzt, wo er damit angefangen hatte, an verdammt wenig anderes mehr denken konnte. Und als sie aufsah und durch das kleine Sichtfenster in der Tür seinen Blick fing, durchzuckte ihn eine unwillkommene Hitze wie ein Brandpfeil.
    Dass er scharf auf sie war, war schon schlimm genug, doch es war das seltsame Gefühl, sie beschützen zu wollen, das ihn wirklich aus dem Gleichgewicht brachte. Es hatte schon in Alaska begonnen, als er und die anderen Krieger sie gefunden hatten, und in den Tagen, die sie nun schon im Hauptquartier war, hatte es nicht nachgelassen. Es war nur noch stärker geworden, als er sie beobachtet hatte, wie sie gegen den tiefen Schlaf ankämpfte, der sie bewusstlos hielt, seit sie ihrem Martyrium durch den Ältesten in Alaska entkommen war.
    Immer noch sah sie ihn von der anderen Seite des Krankenzimmers aus an: auf der Hut, fast schon misstrauisch. Da war keine Schwäche in ihren Augen und ihrem leicht gehobenen Kinn. Trotz allem, was sie durchgemacht hatte, war Jenna Darrow ganz klar eine starke Frau, und er ertappte sich bei dem Gedanken, dass eine in Tränen aufgelöste und hysterische Jenna ihm lieber gewesen wäre als diese kühle und beherrschte Frau, deren unverwandter Blick ihn nicht loslassen wollte.
    Sie war ruhig und stoisch, so tapfer, wie sie schön war, und das machte sie weiß Gott nur noch faszinierender für ihn.
    „Wann hast du das letzte Mal Blut und DNA getestet?“, fragte Lucan, und seine ernste, mit leiser Stimme gestellte Frage riss Brock aus seinen Gedanken.
    Gideon schob seinen Hemdsärmel hoch und sah auf die Uhr. „Vor etwa sieben Stunden.“
    Lucan wandte sich mit einem Grunzlaut von der Tür des Krankenzimmers ab. „Mach alles noch mal! Wenn ihre Werte sich seither auch nur um ein Jota verändert haben, will ich das wissen.“
    Gideon nickte eifrig. „Nach dem, was Brock uns erzählt hat, würde ich auch gerne einige Kraft- und Belastungstests mit ihr machen. Wir brauchen möglichst umfassende Messdaten von ihr, nur so können wir herausfinden, womit genau wir es hier zu tun haben.“
    „Du hast freie Hand“, sagte Lucan grimmig. „Nur mach es schnell! Das hier ist wichtig, aber wir können uns trotzdem nicht leisten, uns davon bei unseren anderen Missionen aufhalten zu lassen.“
    Brock senkte den Kopf, zusammen mit den übrigen Kriegern, er wusste so gut wie alle anderen, dass ein normalsterblicher Mensch im Hauptquartier eine zusätzliche Belastung für den Orden darstellte, dessen größter Feind sich immer noch auf freiem Fuß befand – ein wahnsinniger Stammesältester namens Dragos, den der Orden schon fast ein Jahr lang verfolgte.
    Dragos hatte jahrzehntelang im Geheimen gearbeitet, unter diversen falschen Identitäten und in geheimen, mächtigen Bündnissen. Seine Operation hatte mittlerweile zahlreiche und weitgehende Ableger, wie die Krieger nach und nach entdeckt hatten, und jeder einzelne dieser Fangarme arbeitete zusammen mit den anderen nur auf ein einziges Ziel zu:
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