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0797 - Tränenjäger

0797 - Tränenjäger

Titel: 0797 - Tränenjäger
Autoren: Volker Krämer
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bevorzugt behandelt. Keinem anderen aus unserem Volk hätte ich das alles hier erlaubt. Nicht nur, weil du einen brillanten Geist hast, sondern weil ich deinen Mut über alles geschätzt habe. Und nun? Schau dich an, Escalus. Was ist mit unseren Brüdern, die ich dir unterstellt habe? Sie verstecken sich vor mir. Wagen sie es denn nicht mehr, Sarkana ins Gesicht zu schauen? Antworte mir. Was ist geschehen?«
    Khira traute ihren Augen nicht, als Escalus in der nächsten Sekunde auf die Knie fiel. Seine Stirn berührte den kahlen Boden, und ein leises Wimmern war alles, was er hervorbrachte. Die Stille im Labor war unerträglich. Es war beinahe eine Erlösung, als die drohende Stimme erneut erklang.
    »Dann sag du es mir, Dalius Laertes. Oder brichst auch du jetzt vor mir in die Knie?«
    Khira hielt den Atem an, als Laertes sich langsam aus dem Sessel erhob.
    »Habe ich das jemals getan, Sarkana? Ich habe auch heute kein Verlangen danach. Dreimal habe ich in den letzten Jahren versucht, dich zu warnen. Du hast mir kein Gehör geschenkt.«
    »Ich hatte Wichtigeres zu tun, Laertes. Doch es scheint mir, ich habe einen Fehler gemacht.« Die Stimme wurde um eine Nuance kälter.
    Laertes zeigte sich unbeeindruckt.
    »Ich habe geahnt, dass die Blutversuche Nebenwirkungen erzeugen würden. Und ich habe mich nicht geirrt. Schau sie dir an - stolze und mächtige Vampire waren sie früher. Nun sind sie satt, aber feige und ohne jede Würde. Lass mich die Sache hier beenden. Ich werde das Lager auflösen. Es wird zu deiner Zufriedenheit erledigt. Um die Menschen kümmere ich…«
    »Nein! Das erledige ich ganz alleine.« Ein mächtiges Rauschen schien den Laborraum zu erfüllen. Papiere wurden von den Tischen gefegt und Laborgeräte fielen klirrend zu Boden. Zwei Kerzen erloschen jäh, als habe man ihren Flammen den Sauerstoff gestohlen. Laertes wich langsam zum Haupteingang zurück, denn er konnte bereits sehen, was sich Khiras Blicken noch immer entzog.
    Doch dann war die Gestalt plötzlich so groß, dass sie schier den ganzen Raum auszufüllen schien. Khira presste sich beide Hände vor den Mund, damit sie nicht laut aufschrie.
    Die Monstrosität war annähernd drei Meter groß und von unbeschreiblicher Hässlichkeit. Khira kannte Fledermäuse nur aus Erzählungen, doch dies konnte höchstens eine schlechte Karikatur von ihnen darstellen. Der unförmige Kopf mit den riesigen Ohren mündete in einem gewaltigen Maul, das mit entsetzlichen Zähnen angefüllt war. Die Krallen des Wesens waren wie Sicheln, mit denen die Bauern das Feld abmähten. Die blutroten Augen Sarkanas schienen aus ihren Höhlen treten zu wollen. Mordgier war in ihnen zu lesen.
    Diese Kreatur war nur zu einem geschaffen - zum Töten!
    »Mein Volk ist dazu erschaffen worden, um zu jagen.« Drohend beugte sich Sarkana über den wimmernden Escalus. »Zu jagen, um zu überleben. Denn nur so kann es seine Kraft und seinen Stolz bewahren. Nur so werden wir den Platz an der Spitze der Höllenhierarchie einnehmen und verteidigen. Ich werde alles und jeden vernichten, der mein Volk daran hindern will. Jeden!«
    Die Bewegung der rechten Klaue Sarkanas war kaum wahrnehmbar. Nur kurz zuckte sie nach unten und trennte scheinbar mühelos Escalus’ Kopf von seinem Körper.
    Khira wurde übel, als sie das Blut spritzen sah. Das Kind wandte sich entsetzt um und floh aus dem Gebäude. Sie musste in die Stallung. Ihre Eltern… die Großeltern… alle waren in höchster Lebensgefahr.
    Ein schwarzer Schatten glitt über Khira hinweg. Der Dämon verlor keine Sekunde Zeit. Er stoppte nicht, als er die hohen Fenster des Gebäudes vor sich hatte. Sein unförmiger Körper durchschlug klirrend das Glas, als er ungebremst in den großen Stall eindrang, in dem die hilflosen Menschen in Panik versuchten, sich gegenseitig Schutz zu gewähren.
    Khira rannte weiter. Sie musste zu ihrer Mutter.
    Eine schwere Hand stoppte ihren Lauf. Laertes riss Khira zu Boden. »Bist du wahnsinnig geworden, Liberi? Willst du sterben?« Als Khira sich aus seiner Umklammerung lösen wollte, griff er fester zu. »Du und ich, wir werden niemanden mehr retten können. Ich habe es versucht, aber ich hatte keine Chance. Es ist so gekommen, wie ich es befürchtet hatte. Die Menschen… deine Familie und die Vampire - sie werden alle umkommen. Sarkanas Wut ist grenzenlos.«
    Fürchterliche Schreie drangen aus dem Gebäude. Der Dämon wütete entsetzlich unter seinen Opfern. Laertes presste Khiras Kopf auf den Boden,
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