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0796 - Larissas blutiger Weg

0796 - Larissas blutiger Weg

Titel: 0796 - Larissas blutiger Weg
Autoren: Jason Dark
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jetzt lief es nicht mehr weiter. In ihr schwamm und pulsierte etwas, ein Keim war gesät worden, dem sie nie mehr würde entwischen können. Ihre Zukunft hatte in diesem Haus eine Veränderung erfahren, sie lag noch im dunkeln, aber sie würde anders verlaufen, als es sich Larissa je vorgestellt hatte. Ja, das Land würde sie verlassen und in die weite Welt gehen, aber nicht mehr als die Larissa, die sie einmal gewesen war.
    Die Alte stand vor ihr und lachte. »Ich weiß, dass es noch fremd ist, aber du wirst dich daran gewöhnen.« Sie holte ein schmales Tuch und drehte es als Verband um ihren Arm. Dann setzte sie sich auf einen zweiten Stuhl. »Ich bin etwas schwach geworden, der Verlust des Blutes ist nicht leicht zu verkraften.«
    Mit zitternden Fingern griff sie nach dem Stöpsel und setzte ihn wieder auf die Flasche. »Darin befindet sich mein Blut und meine Kraft. In jedem Tropfen ist sie vorhanden. Du wirst die kleine Flasche mit in die Welt nehmen, und es wird Zeiten geben, wo du dich daran erinnerst, wie gut es gewesen ist, dass du mein Blut getrunken hast und das davon noch einiges vorhanden ist. Nur ein Tropfen reicht aus, um dir die Kraft zu geben, stärker als alle anderen zu sein, das kann ich dir versprechen. Niemand wird dir zu nahe treten, wenn du es nicht willst. Du kannst sie kommen lassen, du kannst mit ihnen reden, du kannst freundlich mit ihnen tun, aber du wirst sie vernichten, wenn sie dir etwas Böses wollen. Hast du das begriffen?«
    Larissa bejahte.
    »Du weißt, was das bedeutet?«
    Sie wusste es, aber sie ließ sich mit der Antwort Zeit. »Soll ich… soll ich töten?«
    »Ja, wenn es sein muss.«
    Larissa schwieg. Der Blick der Alten brannte auf ihrem Gesicht. Sie selbst wusste nicht, wohin sie schauen sollte. Sie war völlig durcheinander, das Leben stand nicht mehr an einem Wendepunkt, es hatte sich schon gedreht.
    »Wenn du nicht willst, meine Liebe, brauchst du nicht zu reden. Aber tue deiner alten Mamutschka den Gefallen. Nimm die Flasche mit. Hüte sie wie einen kostbaren Schatz, denn ihr Inhalt ist von nun an das Wichtigste in deinem Leben. Du bist jetzt ich geworden. Mein Leben hat sich erfüllt, ich werde sterben. Ich spüre es, dass mir kaum noch Zeit bleibt. Ich werde das Erblühen der Bäume nicht mehr sehen können. Sie liegen noch im Schlaf, ich aber werde in den ewigen Schlaf fallen, aus dem es keine Rückkehr mehr gibt.«
    »Nein, das…«
    »Widersprich mir nicht und gehe jetzt!«
    Larissa kannte den Tonfall der Frau. Widerstand war zwecklos, deshalb nickte sie und stand auf.
    Ihr Blick fiel auf die kleine Flasche mit dem Stöpsel aus Glas und auf das Rasiermesser daneben. Beides wirkte auf dem Tisch wie ein Stillleben.
    »Nimm die Flasche.«
    »Ja, Mamutschka.« Larissa griff danach und steckte sie ein.
    »Jetzt geh.«
    Sie nahm keinen Abschied, sie drehte sich nur um und verließ das warme Zimmer. In einem kleinen Raum nahe der Tür hing ihr Mantel aus Fuchsfell an einem Nagel. Sie nahm das Kleidungsstück ab und hängte es um ihre Schulter. Dann öffnete sie die Tür, um in den kalten Winter hinauszugehen.
    Der Atem kondensierte sofort vor ihren Lippen. Die Kälte war wie eine Klammer, die sie biss. Sie streifte Handschuhe über, ging einige Schritte und lauschte dem Knirschen des an der Oberfläche gefrorenen Schnees. Der Himmel sah ebenfalls aus wie eine Schicht aus Eis, als hätte jemand mit einem breiten Pinsel graue und blaue Streifen gemalt und sie miteinander vermischt.
    Irgendwo stand eine fahle, sehr blasse Sonne. Sie kämpfte vergeblich gegen den Dunst an, der über der verschneiten Landschaft lag.
    Den kleinen Ort mit seinen wenigen Häusern konnte sie nicht sehen. Er lag jenseits des Waldsaums, der wie eine dunkle Mauer die Landschaft in der Nähe trennte.
    Sie wischte durch ihr Gesicht. Dann schüttelte sie den Kopf. War es ein Traum, der hinter ihr lag. Hatte sie sich das alles nur eingebildet?
    Nein, sie hatte nicht geträumt, denn der Blutgeschmack auf ihrer Zunge war geblieben.
    Larissa schluckte, sie räusperte sich und drehte sich noch einmal um. Sie wusste, dass die alte Frau nicht gelogen hatte. Es war für sie beide ein Abschied gewesen.
    Dann hörte sie die Schreie.
    Schreckliche Laute, schrill und gleichzeitig stöhnend. Sie waren im Haus aufgeklungen, sogar ein böses Lachen mischte sich hinein, und Larissa fror vor Furcht beinahe fest.
    Sie konnte nicht nachhalten, wie lange die Schreie durch ihre Ohren gegellt waren, aber plötzlich war es
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