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0793 - Als der Engel Trauer trug

0793 - Als der Engel Trauer trug

Titel: 0793 - Als der Engel Trauer trug
Autoren: Jason Dark
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schaute sich um, bis ihm einfiel, dass es nur die Frau sein konnte.
    Aber das Geräusch war überall und hatte sich zu einer Melodie verändert. Pete kannte sie. Es war ein altes Kinder- und Wiegenlied, das ihm schon seine Mutter gesungen hatte. Damals hatte er sich geborgen gefühlt, wenn er die Melodie hörte, in dieser Nacht war es anders. Da flößte ihm die Melodie Angst ein.
    Gleichzeitig sorgte sie auch dafür, dass seine Starre verging, denn er beugte sich vor, und seine Finger fanden den Zündschlüssel, den er herumdrehte.
    Der Motor tat seine Pflicht. Nur wenige Sekunden vergingen, dann war er angesprungen.
    Der Rest glitt hinein in die Routine, auch wenn Pete nicht schnell fuhr. Er musste sich noch immer den Witterungsbedingungen anpassen, und er wunderte sich darüber, dass die unheimliche Frau mit dem Kind so gar nichts tat, sondern ihn gewähren ließ.
    Das war schon komisch…
    Oder auch nicht, dachte er. Sie hatte sich ja bewusst auf die Straße gestellt und auf ein Fahrzeug gewartet, in das sie einsteigen konnte.
    Ihm war gar nichts anderes übrig geblieben, als sie mitzunehmen, es sei denn, er hätte sie überfahren, das aber hatte er auf keinen Fall gewollt, schon allein wegen des Kindes nicht.
    So rollte er weiter durch eine gespenstische Welt, in der nur der Nebel das Sagen hatte. Er war da, der sich in das Licht seiner Scheinwerfer hineindrehte, der kein Geräusch abgab, aber trotzdem überall war und keine Stelle des Fahrzeugs ausließ.
    Die Umgebung verlor nichts von ihrem unheimlichen Flair. Pete Ashley rollte auch weiterhin durch die grauen Wolken und über eine schmale Straße, die ein Waldstück in zwei Hälften teilte. Er zwang sich dazu, nur durch die Frontscheibe zu schauen.
    Die Angst war noch nicht verflogen. Wie ein drückender, unsichtbarer Alp hockte er in seinem Nacken. Er hatte sich nach vorn gebeugt, die Haltung gefiel ihm besser, denn so brauchte er nicht zur Seite zu schauen, wo seine unheimliche Mitfahrerin saß und noch immer das Lied summte. Sie wiederholte permanent dieselbe Melodie, als gäbe es eben nur dieses eine Lied.
    Die Straße wurde schmaler. Pete sah die Schatten der Bäume rechts und links jetzt deutlicher, auch wenn er keine Unterscheidungen treffen konnte. Er fuhr sehr konzentriert, denn er hätte das helle Schimmern an den Rändern gesehen, ein Beweis, dass es dort glatt war.
    Die Kälte blieb.
    Sie kroch in seine Beine, sie drang durch die Kleidung, sie rieselte den Rücken hinab. Auch der Geruch im Fahrerhaus hatte sich verändert. Es roch nicht mehr so stark nach Zigaretten, sondern mehr nach altem Laub oder fauligen Blumen.
    Wie auf einem Friedhof…
    Er musste aufstoßen, denn dieser Gedanke gefiel ihm überhaupt nicht, aber so falsch war er nicht. Vielleicht rochen Gespenster nach Grab und Moder…
    Gespenster!
    Es war verrückt, aber jetzt hatte er sich schon damit abgefunden, dass die neben ihm hockende Frau ein Gespenst war. Nur eben eines, das auch ein Kinderlied summte.
    Er schaute wieder nach vorn. Der Nebel hatte leichte Lücken bekommen. Er lag längst nicht mehr so dicht auf und neben der Straße wie sonst. Er war dünner geworden, es waren sogar Lücken entstanden, und der Fahrer stellte fest, dass er mittlerweile auch den Wald verlassen hatte, denn zu beiden Seiten der Straße standen keine Bäume mehr. Dafür breitete sich ein flaches Gelände aus.
    Schimmerten nicht in der Ferne Lichter? Er wischte über seine Augen, denn Pete hoffte darauf, den Ort Coyne so schnell wie möglich zu erreichen. Dort musste er dann von seinem Erlebnis berichten, vielleicht konnten ihm die Bewohner weiterhelfen.
    Aber da war die Frau mit dem Kind. Was wollte sie? Hatte sie vor, mit ihm in den Ort zu fahren?
    Er konnte es sich nicht denken – und hörte sich selbst schreien, als er den kalten Klammergriff auf seinem linken Oberschenkel spürte.
    Die Frau hatte zugepackt. Pete warf einen Blick auf seinen Oberschenkel, wo sich eine bleiche Hand abmalte, als wäre sie nicht mehr als ein Knochengerüst.
    Der Mann wusste nicht, was diese unheimliche Person von ihm wollte. Jedenfalls bremste er den Kombi ab. Der nächste Schreck durchfuhr ihn, denn die Straße war ausgerechnet hier glatter geworden. Die Reifen fanden nicht mehr den nötigen Halt. Sein Fahrzeug geriet ins Rutschen. Er lenkte gegen, es half nicht viel, aber er hatte Glück. Bevor er in den Straßengraben rollen konnte, gerieten die beiden Vorderräder auf einen nicht mehr glatten Untergrund und
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