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079 - Die Insel der wandelnden Toten

079 - Die Insel der wandelnden Toten

Titel: 079 - Die Insel der wandelnden Toten
Autoren: Paul Wolf
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sogar sein Leben lassen. Deshalb folterte mich Asmodi, damit ich ihm verriet, wo ich das Pfand versteckt hatte. Dann übergab er mich den Gorgonen Stheno und Euryale, die mir mit ihrer Umarmung nicht die Jugend raubten, sondern mich in einen tiefen Schlaf versetzten. Ich konnte meinen Körper nur noch gebrauchen, wenn Asmodi mich weckte, sonst war ich nur in der Lage, mein metaphysisches Ich auf die Reise zu schicken. Gleichzeitig erwachte in mir eine verhängnisvolle Gabe, die die Gorgonen auf mich übertragen hatten. Ich erschien Seefahrern auf dem Meer und lockte sie auf die Insel. Wenn ich sie dann umarmte, sog ich ihnen das Leben aus, und ihre Körper verwesten.
    Du hast die Opfer meines metaphysischen Ichs gesehen, Dorian, und auch die vielen Steinstatuen entlang der Küste und im Dschungel. Jede dieser Statuen ist ein Teil meines metaphysischen Ichs. Bei meinen metaphysischen Wanderungen blieb mein Astralkörper zurück und wurde zu Stein. Wer eine solche Statue berührt, verliert seine Seele und wird zu einem wandelnden Toten.
    Ich habe mich gegen diese verhängnisvolle Veranlagung gewehrt, aber es dauerte lange, bis ich sie kontrollieren konnte. Ich plante, mich einem Unseligen, der sich auf diese Insel verirrte, anzuvertrauen, ihm mein Leid zu erzählen und ihn dazu zu bringen, mit mir zu flüchten. Aber sie waren alle zu schwach. Ich mußte warten, bis du kamst.
    Zum besseren Verständnis muß ich noch etwas hinzufügen. Ich konnte auch durch die Augen der Untoten sehen und sie lenken. Auf diese Weise sah ich dich zum erstenmal, als du dich in der Villa des Mafiosi Don Chiusa befandest und ihm vorschlugst, die vier Untoten zu verbrennen. Als du dann auf die Insel kamst, beschloß ich, mich dir anzuvertrauen. Aber ich konnte nicht einfach vor dich hintreten und dir alles erzählen. Deshalb versuchte ich, dir heimlich zu helfen. Du weißt sicher längst, daß ich es war, die die Eintragungen auf deiner Landkarte ergänzte. Ich übermittelte dir auch die Botschaft, die dir sagen sollte, daß ich mit dir bin, und dich vor den Gorgonen warnen sollte. Ich wollte auch in der Vollmondnacht den Werwolf von deiner Fährte fortlocken, doch das gelang mir nicht. Zum Glück konntest du ihn vernichten. Als du dann letzte Nacht trotz meiner Warnung den Gorgonen in die Falle gingst, sah ich nur noch eine letzte Möglichkeit: Ich mußte persönlich eingreifen. Das war aber nur möglich, weil Asmodi mich zuvor geweckt hatte. Er wollte mich zu der Konferenz mitnehmen, die heute abend mit einem Festbankett beginnt, und mich seinen Geschäftspartnern als seine Frau präsentieren. Ich sollte sein Aushängeschild sein. Doch dazu will ich es nicht mehr kommen lassen. Fliehe mit mir, Dorian! Du bist doch meinetwegen auf die Insel gekommen. Nun hast du mich gefunden. Doch es liegt für dich kein Grund mehr vor, mich zu töten, wie du es vorhattest.“
    Dorian versuchte, die Müdigkeit abzuschütteln. Das gelang ihm nicht ganz, aber immerhin vermochte er, einige Worte über die Lippen zu bringen.
    „Ich werde dich nicht töten – Vali“, murmelte er. „Ich – glaube, daß du – daß du selbst ein Opfer Asmodis bist. Aber ihn werde ich zur Strecke bringen. Mit deiner – Hilfe, Vali.“
    „Ich tue alles für dich, Dorian, wenn du mich nur von hier fortbringst.“
    „Sage mir, welches Pfand Asmodi dir gegeben hat!“
    „Das kann ich nicht. Noch nicht. Erst wenn ich in Sicherheit bin, werde ich es dir anvertrauen. Bringe mich nach Haiti, und du bekommst Asmodis Pfand.“
    „Mein Wort, Vali, ich werde dir helfen.“
    Das waren seine letzten Worte, bevor es wieder Nacht um ihn wurde.
    Er schlief tief, fest und traumlos.
     

     

„Jetzt können Sie zeigen, was in Ihnen steckt, Hunter“, sagte Gianni Chiusa beim Abendessen, das ihnen Valiora zubereitet hatte. Der Mafioso wirkte frisch und strotzte förmlich vor Vitalität. „Während des Schlafens habe ich mir alles bis ins kleinste Detail überlegt“, fuhr er zwischen zwei Bissen fort und grinste. „Ist es nicht seltsam, daß es mir möglich war, sozusagen im Schlaf einen Plan zu entwerfen? Wir werden diesem Chalkiris ordentlich einheizen, Hunter. Und nach dem Feuerwerk hauen wir in einem der Boote ab.“ Er deutete in die Richtung, in der sich Valiora aufhielt, und fügte vertraulich hinzu: „Natürlich nehmen wir eine Geisel mit. Unsere Flucht wird das reinste Kinderspiel sein. Und noch etwas, Hunter: Der Don wird nördlich von hier, keine zehn Meilen entfernt, mit
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