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0787 - Das Mordreptil

0787 - Das Mordreptil

Titel: 0787 - Das Mordreptil
Autoren: Michael Breuer
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denn auch gewirkt hatte.
    Unwillkürlich fröstelte Zainuri und trat näher an eines der Häuser heran. Zögernd passierte er den der Hütte vorgelagerten Reisspeicher, der wie üblich auf Stelzen gebaut worden war, um so wilden Tieren das Eindringen unmöglich zu machen. Dunkel gähnte der Eingang vor ihm.
    Zainuri riss sich zusammen und betrat den Vorraum des Hauses. Das Summen einer einsamen Fliege brach die Stille, aber in den Gedanken des Indonesiers hörte es sich fast wie der Rotor eines Helikopters an.
    In der Küche, direkt neben der Kochstelle, fand er schließlich die Frau.
    Sie lag zusammengekauert auf der Seite. Ihr Gesicht konnte Zainuri nicht sehen, was ihn ein wenig erleichterte. Langsam ging er neben ihr in die Knie und berührte sie an der Schulter. Sie war völlig kalt.
    Seine vorsichtige Berührung hatte jedoch ausgereicht, die Tote in Bewegung zu setzen. Langsam kippte sie auf den Rücken und starrte aus blicklosen Augen zu ihm hinauf.
    Zainuri prallte zurück, als er die grauenvoll verzerrten Züge der Frau erblickte. Vor ihrem Ende musste sie unsägliche Schmerzen erlitten haben.
    Der Indonesier fluchte leise und richtete sich wieder auf. Nachdem er den Schreck überwunden hatte, wurden seine Züge wieder hart. Sie hätten verkaufen sollen, dann wäre ihnen das hier erspart geblieben , dachte er kalt.
    Eilig durchsuchte er den Rest der Hütte, fand jedoch keine weiteren Toten.
    Mit steifen Schritten wandte sich Zainuri dem nächsten Gebäude zu. Seine Aufgabe widerte ihn an, doch sie musste erledigt werden. Er musste Gewissheit haben, dass niemand überlebt hatte.
    Als er endlich vor der letzten Hütte ankam, schienen Stunden vergangen zu sein. Zainuri erwartete, hier dasselbe Bild vorzufinden wie in den anderen Häusern. Um so größer war sein Schock, als er erkannte, dass er bereits erwartet wurde.
    Der Mann kauerte mit untergeschlagenen Beinen auf der Türschwelle. Falten zerfurchten sein hageres Gesicht und er schien unglaublich alt zu sein. Seine Hände beschäftigten sich mit etwas, das vor ihm auf dem Boden lag. Es war jedoch zu dunkel, um Genaueres zu erkennen.
    »Du bist gekommen«, begrüßte er Zainuri mit einer Stimme, die wie das Rascheln von altem Laub klang.
    »Ja«, erwiderte dieser in Ermangelung einer besseren Antwort.
    Der Alte nickte. »Nun, gefällt dir, was du getan hast?«, fragte er ohne sichtbare Emotion.
    Zainuri erbleichte. »Du weißt…?«
    Ein Lächeln, das keine Spur von Heiterkeit beinhaltete, umspielte die Lippen des alten Mannes.
    »Ich weiß viele Dinge«, antwortete er vage. »Ich war der Dukun dieses Dorfes, und mir steht Wissen offen, das deinesgleichen immer verschlossen bleiben wird.«
    Zainuri atmete tief durch. »Du hast nichts von dem Wasser getrunken?«, fragte er totenbleich.
    Das Lächeln verschwand von den Lippen des Alten. »Doch«, antwortete er, »und fast wäre ich ebenfalls gestorben.«
    Wieder beschäftigten sich seine Finger mit dem dunklen Etwas, das vor ihm auf dem Boden lag. Es zappelte. Als Zainuri näher trat, konnte er erkennen, dass es sich um eine kleine Echse handelte, die in einem Kreidekreis lag, der von seltsamen Symbolen verziert wurde. Ihre Vorder- und Hinterläufe waren zusammengebunden und aufgeregt schlug das Tier mit dem Schwanz.
    Der Alte sah wieder zu Zainuri auf. »Nur die Rache hält mich noch am Leben«, zischte er. »Erst wenn der letzte Schuldige bezahlt hat, kann ich meinen Kindern nachfolgen!«
    Trotz seines Erschreckens gelang es Zainuri, eine geringschätzige Miene zu zeigen.
    »Was meinst du, alter Mann?«, fragte er höhnisch, »Willst du dein Tier auf mich hetzen?«
    Wieder huschte ein geheimnisvolles Lächeln über die Lippen des Dukun.
    »Die Echse ist nicht, was sie scheint«, erklärte er. »Ich habe mit Hilfe der großen Hexenkönigin Rangda einen Leyak - einen bösen Geist - herabbeschworen und an diesen Körper gebunden.«
    Der alte Mann erhob sich abrupt.
    »Und nun werde ich die Echse und ihren Leyak an dich binden«, schloss er.
    Zainuri stolperte zurück, als der Dukun die Arme ausbreitete und unverständliche Worte hervorzuwürgen begann, die mit keiner menschlichen Sprache Ähnlichkeit hatten. Abgrundtiefe Furcht ergriff von seinem Herzen Besitz.
    »Hör auf«, sagte er fast unhörbar, doch der alte Mann dachte nicht daran.
    Schon spürte Zainuri, wie uralte Kräfte am Innersten seines Seins zu zerren begannen. Er warf sich herum und versuchte wegzulaufen, doch vergeblich. Nach wenigen Metern
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