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0782 - Die Bucht der blauen Geier

Titel: 0782 - Die Bucht der blauen Geier
Autoren: Unbekannt
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blaugefiederten geierähnlichen Vögel herab und rissen mit Krallen und Schnäbeln an dem, was auf der Wasseroberfläche trieb.
    Sagullia kroch hastig zurück, stemmte sich auf die Knie hoch und übergab sich. Mir war ebenfalls flau im Magen, aber ich sagte mir, daß es so viele Bestattungsarten wie Völker gab.
    Dennoch erschien mir die Beseitigung der sterblichen Überreste der ehemaligen Regelerschaffer unwürdig. Vor allem aber quälte mich die Frage, ob die beiden Feyerdaler durch einen Unfall umgekommen waren - oder durch Mord.
    Plötzlich sah ich die Pensionärssiedlungen in einem ganz anderen Licht. Sie wirkten wie drohende Verliese, aus denen niemand lebend herauskam. Andererseits waren Sagullia und ich unbehelligt geblieben.
    „Wenn Ihnen wieder besser ist, gehen wir, Sagullia", sagte ich leise.
    Sagullia nickte stumm und richtete sich auf.
    „Wohin?" fragte er tonlos.
    „In die zweite Wohnanlage", antwortete ich. „Vielleicht lebt dort jemand."
     
    7.
     
    Um die zweite Wohnanlage.zu erreichen, mußten wir den Platz in der ersten überqueren. Doch so weit kamen wir gar nicht, denn schon im Torweg hörten wir mehrere Stimmen. Ihrem Tonfall war zu entnehmen, daß sie miteinander stritten.
    „Wir beobachten nur", flüsterte ich Sagullia zu und schaltete meinen Translator ein.
    Leise schlichen wir dorthin, wo der Torweg auf den Platz mündete. Wir hielten uns dicht an der Wand, um nicht entdeckt zu werden. Die Stimmen wurden lauter. Mein Translator übersetzte jedoch nur Bruchstücke der Streitgespräche, da fast ständig mehrere Feyerdaler gleichzeitig redeten beziehungsweise schrien.
    Vorsichtig spähten wir auf den Platz hinaus.
    Schräg gegenüber stand eine Gruppe von fünf Feyerdalern und stritt sich lautstark mit einer anderen Gruppe, die sich über die Brüstung einer Terrasse in etwa acht Metern Höhe beugte. Ich konnte nicht herausfinden, worum es bei der Auseinandersetzung ging.
    Plötzlich flog von oben ein Wurfgeschoß, wahrscheinlich ein Stein, herab und traf einen der unten stehenden Feyerdaler an der Schulter. Mit einem spitzen Schrei ging er zu Boden. Seine Genossen liefen auseinander und holten aus den Taschen ihrer weiten Gewänder ebenfalls Wurfgeschosse hervor. Sie warfen sie nach oben, und schrilles Geheul bewies, daß sie mindestens zwei Treffer erzielt hatten.
    Hier und da tauchten in den Fenstern die Köpfe anderer Feyerdaler auf. Beschimpfungen gellten über den Platz; Fäuste wurden drohend geschüttelt. Aus einer Tür stürmten drei Feyerdaler. Sie hielten Knüppel in den Händen und stürzten sich auf die Gruppe, die die Terrasse mit Wurfgeschossen eindeckte.
    Ein wildes Handgemenge entspann sich.
    Immer mehr Türen flogen auf, und immer mehr Feyerdaler mischten sich unter die Kämpfenden. Ebensoviele schleuderten von Fenstern, Terrassen und Dächern Wurfgeschosse hinab. Es war ein wüstes Durcheinander, in dem jeder gegen jeden kämpfte.
    Sagullia ballte die Fäuste. Er war blaß geworden, aber seine Augen funkelten. Ich wußte, was das bedeutete. Aggressionen stecken an, und nur Erfahrungen können einem beibringen, sich nicht von aufgeweckten Instinkten hinreißen zu lassen.
    „Sie schlagen sich gegenseitig tot!" stieß Sagullia hervor. „Wir müssen sie auseinanderbringen!"
    „Ihre Argumente sind nichts Weiter als Ausreden, die Ihr Unterbewußtsein Ihnen eingibt, um dem Aggressionsdrang freien Lauf lassen zu können", erklärte ich. „Wenn wir eingreifen, vermehren wir die Anzahl der Prügelnden nur um zwei Personen, und höchstwahrscheinlich wenden sich alle Feyerdaler gegen uns. Nein, ohne Lähmwaffen ist nichts zu machen."
    „Aber sie trampeln einfach auf den Verletzten herum!" schrie Sagullia mich an.
    Ich preßte die Lippen zusammen. Es fiel auch mir nicht leicht, tatenlos zuzusehen, wie intelligente Lebewesen sich gegenseitig umbrachten, aber wir hätten tatsächlich nichts ausgerichtet.
    Da die Feyerdaler uns körperlich weit überlegen waren, wären wir selbst als Opfer liegen geblieben.
    „Das sind bestimmt keine ehemaligen Regelerschaffer", sagte Sagullia. „Das kann nicht sein, Perry."
    „Und doch wird es wahrscheinlich so sein", gab ich zurück. „Sie haben sich als Regelerschaffer und Unfehlbarkeiten zu immer größerer Perfektion steigern und sich gegenseitig den Rang ablaufen wollen. Das erzeugt Streß in höchster Potenz, und dieser Streß fordert seine Opfer. Sie drehten durch, brachen psychisch zusammen. Deshalb wurden sie schließlich abgesetzt
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