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0782 - Die Bucht der blauen Geier

Titel: 0782 - Die Bucht der blauen Geier
Autoren: Unbekannt
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- und hier, wo die Regeln der Feinsprache offenbar nicht gelten, bricht ihr latenter Wahnsinn beim geringsten Anlaß durch."
    „Dann ist es ein Verbrechen, sie sich selbst zu überlassen", entgegnete Sagullia mit Tränen in den Augen. „Sie gehören in Sanatorien, unter die Obhut fachkundiger Spezialisten, und nicht hierher."
    Ich sah, daß der Solaner zitterte und zog ihn tiefer in den Torweg zurück, damit er das Schreckliche nicht länger mitansehen mußte.
    „Sagen Sie das den amtierenden Regelerschaffern", erwiderte ich. „Aber ich wette, daß diese Superfeinsprecher Ihnen kein Wort glauben werden, weil sie von ihrer Unfehlbarkeit so überzeugt sind, daß ihr Unterbewußtsein sich gegen die Wahrheit sträuben wird, weil nicht sein kann, was nicht sein darf."
    „Das ist Wahnsinn!" flüsterte Sagullia. „Wir müssen helfen, Perry! Ich denke, Sie fühlen sich verpflichtet, allen zu helfen, die Ihrer Hilfe bedürfen."
    „Sofern ich in der Lage bin, ihnen zu helfen", erklärte ich. „Es gibt im Universum sicher unzählige Trilliarden Hilfsbedürftiger, die ich trotz meiner relativen Unsterblichkeit niemals kennenlernen werde, ja, von denen ich niemals etwas hören werde.
    Wie könnte ich da so vermessen sein, für mich zu beanspruchen, der Helfer aller Bedürftigen zu sein! Vorläufig können wir für diese armen Kerle nichts tun."
    Ich zog ihn noch tiefer in den Torweg hinein und sagte: „Wir müssen versuchen, über die Dächer zur anderen Seite der Ansiedlung zu kommen, denn nur von dort können wir die Brücke zur Nachbarsiedlung erreichen. Unsere vordringliche Aufgabe ist immer noch, DAS WORT zu finden."
    Sagullia Et widersprach nicht mehr, aber die Erschütterung über das Gesehene spiegelte sich noch lange in seinen Zügen. Wir durchquerten den Torweg ganz und fanden an der Rückseite eines Gebäudes eine Außentreppe. Über sie gelangten wir auf das Dach. Da die einzelnen Bauwerke förmlich aneinander klebten, konnten wir von einem Dach zum nächsten überwechseln, sofern die Höhenunterschiede nicht zu groß waren.
    Während wir über die Dächer eilten und einige gefährliche Kletterpartien überstanden, lag ständig das hysterische Brüllen und Schreien der Kämpfenden in unseren Ohren. Das zerrte so an den Nerven, daß wir uns immer öfter in Verwünschungen Luft machten, wenn wir ein Hindernis nicht sofort überwinden konnten.
    Als das Geschrei endlich verstummte, atmeten wir erleichtert auf. Sekunden später preßten wir die Lippen zusammen, denn in der relativen Stille war das Stöhnen der Verletzten überdeutlich zu hören.
    Wieder mußte ich Sagullia zurückhalten, der unbedingt umkehren und helfen wollte. Es war Wahnsinn gewesen, wenn wir, als völlig Fremde, auf dem Platz aufgetaucht wären. Das hätte die Gemüter erneut bis zur Weißglut erhitzt und neue Opfer gefordert.
    Ich schwang mich über die Dachkante des höchsten Gebäudes und zog Sagullia ebenfalls hoch. Keuchend blieben wir stehen.
    Erst jetzt bemerkten wir, daß es heißer geworden war. Ein Rundblick zeigte uns, daß sich am Landhorizont dunkle Wolkenberge türmten. Wahrscheinlich würde in wenigen Stunden ein Gewitter losbrechen. Die riesige rote Sonne hing gleich einem wabernden Glutkessel direkt über unseren Köpfen.
    Ich deutete nach Nordosten. Dort stand auf der benachbarten Klippe die zweite Wohnanlage der ausgedienten Regelbewahrer, und zwischen unserer und ihrer Klippe spannte sich eine zirka dreihundert Meter lange Brücke.
    „Dort ist es still", sagte Sagullia. „Ich sehe niemanden."
    Ich hatte inzwischen den Arm wieder gesenkt. Mein Blick wanderte über die Dächer der Nachbarsiedlung hinweg, glitt über die schmale Brücke, durch die sie mit dem Festlandplateau verbunden war und blieb an etwas Glitzerndem hängen, das weit im Hintergrund unter dem Wipfeldach eines einzelnen großen Baumes zu sehen war.
    „Was ist los?" fragte Sagullia.
    Ich unterrichtete ihn von meiner Entdeckung. Er blickte in die gleiche Richtung, konnte aber nichts sehen.
    „Ihre Augen sind es nicht gewöhnt, weite Entfernungen zu überschauen", erklärte ich. „Eine weitere negative Auswirkung des ständigen Aufenthalts in einem Raumschiff. Es wird Zeit, daß wir die Erde wiederfinden."
    „Was sehen Sie denn?" fragte Sagullia, ohne auf meine Bemerkung einzugehen.
    In diesem Augenblick schoben sich dunkle Wolken vor die Sonne. Es blieb noch immer hell genug, aber da das Objekt meiner Aufmerksamkeit nicht mehr direkt von den
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