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0776 - Racheengel Lisa

0776 - Racheengel Lisa

Titel: 0776 - Racheengel Lisa
Autoren: Jason Dark
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Parfüm.
    Oder wie Blut…
    Sie bewegte ihren Mund, weil sie den Geruch schmeckte. Er war sehr intensiv geworden. Ja, er roch süßlich und schwer, durchzogen von einem penetranten Modergestank.
    Das irritierte Lisa.
    »Mutter?«, fragte sie mit zitternder Stimme. Dann lauter: »Mutter? Bist du es? Bist du endlich da…?«
    Es gab keine Antwort. Nur der Wind schlug hier oben gegen sie, und Lisa schaute auf den Platz vor dem Haus, wo der zweite ihrer Feinde erschienen war.
    »Mutter…!«
    Dieses letzte Wort war ein Schrei, sie riss auch den Kopf nach hinten, denn sie war etwas Besonderes, für sie sollte sich der Himmel öffnen, damit sie hineinschauen konnte, um zu sehen, wie ihre Mutter von den Engeln auf Händen getragen wurde.
    Lisa sah auch. Der Himmel öffnete sich ihr. Nur wusste sie nicht, ob es Phantasie oder Realität war. Eines jedoch stand fest. Es war nicht der Himmel, der sich ihr öffnete, sondern das Gegenteil davon, die Hölle…
    ***
    Lisa wollte es nicht glauben. Es war so furchtbar. Wo steckten die Engel. Sie hielten sich nicht hinter den Wolken verborgen, die über ihr auf einer weiten und breiten Strecke aufgerissen waren? Es gab sie nicht, keine hellen, durchscheinenden Geschöpfe, keine Geistwesen, die süße Lieder sangen oder auf den Harfen musizierten, wie sie es immer auf den Abbildungen gesehen hatte.
    Dieser Himmel war anders.
    Er war schlecht. Er war grausam. Den fürchterlichen Wesen, die nur in den schlimmsten Albträumen eines Menschen vorkamen, bot er ausreichend Platz. Und sie hatte diese Albträume ebenfalls erlebt, wobei jetzt ihre Erinnerungen in die Höhe stiegen und sich hoch am Himmel für sie zu plastischen Bildern formten.
    Noch hielt sie sich mit einer Hand fest, aber es würde der Zeitpunkt kommen, wo sie das nicht mehr schaffte, denn dann brauchte sie beide Hände, um das Grauen abzuwehren.
    »Was wollt ihr?«, schrie sie. »Warum quält ihr mich?« Sie duckte sich, als hätte ihr jemand einen Schlag versetzt, und das lange Blondhaar fiel wie ein Schleier vor ihr Gesicht.
    Sie weinte…
    Dann hob sie wieder den Kopf.
    Schreckliche Gestalten mit fürchterlichen Gesichtern. Riesige Mäuler, aus denen Dampf strömte. Sie sah Nackte, die es miteinander trieben, sie spürte selbst ein Brennen im Leib bei diesen Szenen, war von ihnen fasziniert und abgestoßen zugleich.
    Keine Engel.
    Dafür die Hölle!
    Tote schwebten über die nackten Gestalten hinweg. Wie Rauch flossen sie in die weit aufgerissenen Mäuler der Monster hinein, um wenig später von ihnen wieder ausgestoßen zu werden, aber nicht so, wie sie gewesen waren, sondern zerfetzt und als blutige Klumpen.
    Und dann sah sie die Mutter!
    Plötzlich erschien sie zwischen all den schrecklichen Szenen, und sie sah so aus wie immer. Übergroß schimmerte ihr Gesicht, die Augen blickten gütig auf die Tochter, aus deren Mund sich klagende Laute lösten, um das Wort »Mummy« zu formen.
    »Hilf mir…«
    Sie wimmerte wie ein Kind und sah, dass ihre Mutter näher schwebte, wobei sie noch an Größe gewann. Sie entwickelte sich zu einer wahren Riesin, was wiederum für das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter bezeichnend war, denn schon immer hatte die Mutter die Tochter beherrscht. Es waren keine wirklichen Bilder, sondern Sequenzen aus dem Unterbewusstsein der jungen Mörderin, die sich zu diesen fürchterlichen Szenen zusammensetzten.
    Alles andere drängte das Gesicht der Mutter in den Hintergrund.
    Es gab nur sie, und sie sah aus wie immer. Ein etwas blasses Gesicht, auch die blassen Augen, die schmale Nase, das leicht abfallende Kinn, der schön geschwungene Mund, der zu einem Lächeln verzogen war, als sie ihre Tochter begrüßte.
    So hatte die Mutter immer gelächelt, als Lisa noch sehr, sehr klein gewesen war.
    Doch das Lächeln verwischte.
    Es verzerrte sich zu einem Grinsen. Es wurde bösartig und widerlich. Das war nicht mehr die Mutter, das war der Dämon in ihr, das waren die zu Bildern gewordenen Schuldgefühle des Unterbewusstseins, die sich dort zeigten.
    Lisa bekam Angst, sie fing an zu zittern. Sie ächzte, sie wimmerte auf. »Mummy, was tust du… was machst du denn da?«
    Der Wind fuhr gegen ihr Gesicht.
    »Mummy…«
    Ihre Mutter hörte nicht. Sie grinste weiter, das Bild blieb, wohin Lisa auch schaute. Es war wie ein bösartiger Verfolger, der sich durch nichts würde aufhalten lassen. Es war einfach grauenvoll, und immer mehr zerrte sich der Mund in die Breite, bis er plötzlich riss.
    Auch die
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