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0771 - Rückkehr der SOL

Titel: 0771 - Rückkehr der SOL
Autoren: Unbekannt
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verschwand.
    „Das wollte ich nicht", stammelte sie. Ihre Knie gaben unter ihr nach, und sie sank ins Gras. Schluchzend klammerte sie sich an einige Zweige. Sie blickte erst auf, als sie das jaulende Signal einer Ovaron-Streife vernahm. Sie fuhr herum, stieß sich hastig vom rutschigen Grund ab und versuchte, ins Unterholz zu entkommen. Doch der rote Gleiter raste bereits heran und verharrte dicht vor ihr.
    „Bleiben Sie, wo Sie sind", rief der Pilot über Lautsprecher.
    Verris Kishtan zuckte zusammen. Zitternd kauerte sie sich auf den Boden. Sie sah den schäumenden Fluß unter sich und verspürte ein nahezu unwiderstehliches Verlangen, in die Tiefe zu springen.
    Der Gleiter schwebte heran und schob sich mit seinem Bug über die abfallende Kante. Verris Kishtan stand auf und wich weiter zurück. Die Maschine schwenkte herum, so daß sie den Abgrund mit ihrer ganzen Breite verdeckte. Eine Polizistin stieg aus. Sie trug den roten Hut und die rote Jacke eines Commanders der Ovaron-Streife. Ihre schlanken Beine steckten in hautengen, schwarzen Hosen. Kishtan fühlte Neid und Haß in sich aufkommen.
    Diese Frau war betörend schön. Warum war sie nicht ebenso großzügig von der Natur bedacht worden?
    „Name?"
    „Verris Kishtan. Schlachter. 29 Jahre alt. Wohnhaft in Hildenbrandt."
    „Was haben Sie hier draußen gesucht?"
    „Ich war auf der Flatterhahnjagd. Mein Gleiter steht dort hinten."
    „Ich habe den Mann in die Tiefe stürzen sehen", erklärte der Com-mander mit schneidend scharfer Stimme. „Bevor ich zu Ihnen gekommen bin, habe ich seine Leiche aufgesucht und fotografiert. Er ist hier durch das Unterholz geflüchtet. Die Spuren sind nicht zu übersehen."
    Sie zeigte auf die zerbrochenen Zweige und das zerquetschte Moos, kehrte in den Gleiter zurück und holte eine Infrarotkamera daraus hervor. Damit ging sie an Verris Kishtan vorbei und verfolgte den Fluchtweg, den Welker Kora genommen hatte.
    Minuten später konnte sie ihre Aufnahmen auf dem Videoschirm des Gleiters betrachten. Verris Kishtan stand mit hängenden Schultern dabei und schwieg.
    „Es ist alles eindeutig", sagte die Polizistin. „Sie haben den Mann beim Wildern überrascht. Dann haben Sie ihm ein Angebot gemacht. Sie haben einen Annäherungsversuch gemacht, auf den er nicht eingegangen ist. Sie haben nicht begriffen, daß sein Nein endgültig war. Sie haben |hn weiter bedrängt und wahrscheinlich gar erpreßt. Sie wollten ihn anzeigen, wenn er nicht Ihr Mann werden wollte. Ist das richtig?"
    Verris Kishtan erbleichte. Sie nickte zögernd.
    „Er ist vor Ihnen geflüchtet. Er wollte zu seinem Gleiter und damit verschwinden. Sie haben ihn verfolgt und ihn in die Schlucht getrieben."
    „Aber das wollte ich gar nicht. Ich habe versucht, ihn zurückzuhalten."
    „Tatsache ist, daß der Mann in die Schlucht gestürzt und nun tot ist", stellte die Polizistin unnachsichtig fest. „Sie wissen, was das bedeutet?"
    Sie beugte sich ungerührt in den Gleiter und drückte einige Tasten.
    „Der Zentralcomputer von Hildenbrandt hat mitgehört. Bitte, warten Sie auf das Urteil, Miß Kishtan."
    Verris Kishtan sank auf die Knie und umklammerte die Beine des Commanders.
    „Nein, tun Sie das nicht", rief sie.
    „Ich muß meine Pflicht tun, und ich habe nicht das Recht, Sie anders zu behandeln als andere, die ein Verbrechen begangen haben."
    „Verbrechen?"
    „Sie haben einen Mann getötet!"
    „Es war ein Unglücksfall."
    „Das spielt keine Rolle."
    „Bitte, begnadigen Sie mich."
    „Sie wissen, daß ich das nicht kann. Die Ovaron-Streife ist dazu nicht befugt. Sie wissen, was Sie zu erwarten haben?"
    „Ich weiß es", antwortete Verris Kishtan. „Es ist grausam und unmenschlich."
    „Bei der Volksabstimmung haben sich über 80 Prozent für diese Regelung ausgesprochen."
    „Es ist dennoch grausam und sinnlos", erklärte die Angeklagte.
    „Ich habe immer daran geglaubt, daß eine Regierung, die von Frauen gebildet wird, menschlicher und anständiger ist als eine, die nur von Männern gebildet wird. Aber das ist ein Irrtum.
    Frauen sind nicht anders als Männer, wenn sie Macht haben."
    „Es hat keinen Sinn, mit mir zu diskutieren", erwiderte der Comman-der. „Ich bin nur ausführendes Organ. Und ich wiederhole: 80 Prozent aller Frauen auf Ovarons Planet haben sich dafür ausgesprochen, daß eine Frau sterben muß, die am Tod eines Mannes schuldig ist."
    „Aber ich bin nicht schuldig", protestierte Kishtan.
    „Wirklich nicht? Prüfen Sie sich selbst.
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