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0767 - Zeit der Wachsleichen

0767 - Zeit der Wachsleichen

Titel: 0767 - Zeit der Wachsleichen
Autoren: Jason Dark
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ging zu den beiden anderen Gräbern. Dort blieb sie stehen, und einen Moment später hörte ich ihren Schrei, dann einen Fluch.
    Ich drehte mich und bekam noch mit, wie Sally Vincaro den Halt verlor und nach hinten kippte.
    Sie schlug auf.
    Zwei Sekunden später war ich bei ihr.
    Die Killerin war in die Falle eines lebenden Toten gelaufen, dessen Körper noch im Grab steckte.
    Seinen Arm und damit auch die Hand hatte er so weit aus der Erde hervorgedrückt, daß es ihm mühelos gelungen war, den Knöchel der Frau zu umklammern. Er hatte sie zu Boden gerissen. Hinter ihr drückte sich eine zweite Leiche aus dem Grab, um sich über sie zu beugen. Dabei bewegte sie den Mund, als wollte sie aus dem Körper dicke Fleischstücke reißen…
    ***
    Egal, was Sally Vincaro auch getan hatte, sie war ein Mensch. Ich konnte nicht zulassen, daß sie von einem Zombie grausam ermordet wurde und griff ein.
    Als ich auf die Gestalt zusprang, wehte mir ein Modergeruch entgegen, der mir den Atem raubte.
    Ich hatte das Gefühl, als wäre mir ein mit verwestem Fleisch gefülltes Kissen gegen das Gesicht gedrückt worden und stand dicht davor, mich zu übergeben.
    Sally lag auf dem Rücken. Sie war eigentlich unglücklich gefallen, denn der Lauf ihrer Waffe hatte sich in die Erde gebohrt, so daß sie das schwere Kaliber nicht einsetzen konnte. Gerade jetzt war der Mond hinter einer Wolke hervorgetaucht. Er schickte sein Licht gegen den Friedhof und erreichte auch das verzerrte Gesicht der Frau, in deren Augen die nackte Angst um ihr Leben stand.
    »Tun Sie was, Sinclair! Schießen Sie!«
    Ich schoß nicht. Dafür konzentrierte ich mich auf den zweiten Zombie, der es geschafft hatte, bis über die Hüften aus der Graberde zu steigen. Sein Gesicht starrte vor Dreck und Schmutz, aber der Mund bewegte sich noch immer. Ich holte mein Kreuz hervor.
    Da senkte er sich weiter.
    Er fiel gegen das Kreuz.
    Einen Moment später hörte ich es zischen. Dann entstand ein bleiches Leuchten. Der Gestank verbrannter Haut erreichte mich, und im nächsten Augenblick sackte die Gestalt als schabendes und knisterndes Etwas nach vorn.
    »O Scheiße!« hörte ich Sally keuchen. »Das war gut, Bulle. Das war sogar super. Jetzt der andere. Der hält mich noch immer am Fuß fest, dieser Hundesohn.«
    Mich interessierte ihr Kommentar nicht, denn ich dachte über die Leiche nach. Ihr Aussehen hatte mich gestört. Nicht weil sie so verschmutzt gewesen war, das lag auf der Hand, nein, ich hatte an ihr kaum Anzeichen von Verwesungen festgestellt, obwohl sie doch Jahrzehnte in der Erde gelegen hatte.
    Damit kam ich nicht zurecht. Das mußte etwas zu bedeuten haben, denn auch der zweite Zombie war nicht verwest. Er quälte sich hoch. Sally brachte es nicht fertig, seine kalte Totenklaue von ihrem rechten Fußknöchel zu lösen. Sie trat mit dem freien Bein nach ihm, erwischte auch sein Gesicht mit den Tritten, was klatschende Laute hinterließ, doch sie konnte sich nicht befreien.
    Dann richtete sie sich auf.
    Sie zerrte die Waffe aus dem Boden. »Verdammt, Sinclair, wollen Sie mich hier krepieren lassen? Soll mich dieses Monster fressen?«
    Ich bewegte nur meinen Mund und drehte das Kreuz samt meiner Hand dem Untoten entgegen.
    Sally Vincaro richtete ihre Waffe gegen das Gesicht der lebenden Leiche.
    »Nicht schießen, Sally!«
    »Scheiße, warum nicht? Dem jage ich die letzten verfaulten Reste aus seinem Schädel.«
    »Der Lauf ist verstopft.«
    »Das schafft die Kugel schon!«
    Ich kam ihr zuvor. Wieder mit dem Kreuz. Und sie schaute zu, wie der Zombie seine neu gewonnene Freiheit nicht mehr genießen konnte, denn er schmolz förmlich unter der Kraft meines Talismans weg, begleitet von einem mächtigen Donnerschlag, der über die Berge hinweghallte, als wollte er das Zeichen für das Finale setzen.
    Sally konnte es nicht fassen. Sie flüsterte vor sich hin, sie fluchte und lachte in einem. Mit der freien Hand raufte sie sich die Haare, stand auf, knickte aber mit dem rechten Fuß ein. Ihr Knöchel schmerzte noch vom Griff der Totenklaue.
    Sie fluchte wieder.
    »Reißen Sie sich zusammen!«
    »Okay, Sinclair, okay!« Sie funkelte mich an und fuchtelte mit der Kanone. »Ich habe Sie erlebt, verdammt, und wie ich Sie erlebt habe! Das war doch nicht normal.« Sie schüttelte den Kopf. »Das kann nicht normal gewesen sein.« Ihre Augen verengten sich, obwohl kein Licht brannte und ich die Lampe ebenfalls ausgeschaltet hatte. »Wer sind Sie, Sinclair? Wer, zum
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