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076 - Mimikri

076 - Mimikri

Titel: 076 - Mimikri
Autoren: Horst Pukallus
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Innerhalb des geringen Bewegungsspielraums, den seine Glieder in der klebrigen Umhüllung hatten, reckte er die Finger der linken Flossenhand nach seinem Gürtel.
    Daran hing nämlich ein Fermentthermometer eingehakt.
    Das Thermometer war ein biochemisches Instrument und diente der Feststellung feinster Wärmeunterschiede in aufbereiteten Tangfasern. Schon äußerst minimale Schwankungen konnten nämlich den Grundstoff für Tangnahrung bis zur Ungenießbarkeit verderben.
    Von der ultrasensitiven Zuverlässigkeit des Instruments versprach sich Ul'ba allerdings keine Rettung - er setzte seine ganze Hoffnung auf die dünne,. hochgehärtete Einstechspitze des Thermometers.
    Das wasserdurchlässige Gewebe des Kokons widerstand aller körperlichen Gewalt. Aber es konnte zerschnitten werden.
    Endlich fassten seine Finger das Thermometer und zogen es vom Gürtel, bis sie sich fest darum schließen konnten. Ul'ba zwang den Arm herum und hackte auf die faserige Hülle ein, ritzte immer wieder dieselbe Stelle.
    Schnitze lösten sich aus der Wandung.
    Hoffentlich bleibt die Bestie lange ge-
    nug abgelenkt , dachte er grimmig. Er arbeitete mit höchster Eile.
    Auch in den anderen Kokons regten sich die Eingeschlossenen. Die Rufe der Verzweiflung und Furcht, die Ul'ba aus seinem Umkreis hörte, trieben ihn zu rasender Hast an.
    Endlich zeichnete sich ein Erfolg ab.
    An der zerkerbten Stelle dehnte sich die Hülle. Als Ul'ba sich dagegen stemmte, gab sie immer weiter nach - und riss.
    Er klammerte die Flossenfäuste an die Seiten des Schlitzes und zerrte die Hülle mit aller Kraft auseinander. Ein Ratschen, und er hatte eine hinlänglich große Bresche geschaffen. Ul'ba zwängte sich hinaus, stieß sich mit den Beinen ab und verschaffte sich eilends einen Überblick von der Umgebung.
    In der Nähe eines Bernstein-Säulengangs schwebte er im oberen Bereich des Hydrosseums im Wasser. Unmittelbar hinter ihm wölbte sich der formlose, gelbbläuliche Leib des Wucherwesens und versperrte ihm in weiten Teilen die Sicht. Ringsum klebten überwiegend weiße Kokons unterschiedlicher Größe an den Mauern. Die Klagelaute zahlreicher Hydriten peinigten seine Nerven.
    Wahrscheinlich war es verrückt, weil er möglicherweise die Aufmerksamkeit der Bestie erregte. Aber er musste den Leidenden einfach ein wenig Hoffnung geben.
    »Haltet aus!« , rief Ul'ba. »Ich habe mich befreit! Ich hole Hilfe! Sagt es weiter!«
    Er durfte auf keinen Fall an Flux'onda denken.
    Dann kehrte er zwischen dem kolossalen Wanst der Bestie und den aufgeschichteten Kokons um und schwamm in den Säulengang. Auf die Stimmen achtete er nicht mehr. Es hatte keinen Sinn, individuellen Beistand zu leisten.
    Er hätte nicht einmal gewusst, wo er anfangen sollte.
    Und er durfte nicht an Flux'onda denken!
    Mit der höchsten Geschwindigkeit, die ein Hydrit beim Schwimmen erreichen konnte, durcheilte Ul'ba den Säulengang und erreichte schließlich einen Ausstieg. Indem er mit starken Schwimmstößen das Hydrosseum überquerte, schwamm er in die Richtung des Eingangs zur Zentralkuppel. Er hätte sie umrunden und auf diesem Weg schneller zur Transportstation gelangen können. Aber er war der Überzeugung, in den Innenräumen der Stadt vor dem Wucherwesen sicherer zu sein.
    Während er den Hydrosseumsplatz überquerte, sah er unter sich vielerlei Auswüchse der Bestie. Verblüfft erkannte er, dass ihr Körpergewebe eine große Menge ungeschlachter Hydriten-Nachbildungen geformt hatte - zu welchem Zweck, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Ihr widerlicher Anblick jedenfalls verursachte ihm eisiges Gruseln.
    Die Körpermasse des Wucherwesens befand sich in träger Wallung. Ul'ba erschrak, als er hinüber zum Eingang der Zentralkuppel schaute. Die Bestie hatte zwei dicke Tentakel in die Passage geschoben.
    Damit war ihm dieser Weg versperrt.
    Aus plötzlicher Ratlosigkeit geriet Ul'ba ins Trudeln. Allwissender Ei'don,. dachte er, was nun?
    Da beobachtete er, dass die Tentakel nun rückwärts aus dem Lavastollen rutschten. Wieso gab ihm das Ungeheuer den Fluchtweg frei?
    Im nächsten Augenblick wurde ihm klar, dass es etwas ganz anderes im Sinn hatte: nämlich mit den Tentakeln nach ihm zu greifen!
    Aber noch waren die Fangarme nicht vollends zum Vorschein gekommen.
    Wenn er den Eingang erreichte, bevor es so weit war, hatte er eine kleine Chance.
    Wieder schwamm Ul'ba mit aller Kraft los - zu seinem Glück. Mit einem Mal spritzte dort, wo er eben noch Wasser getreten
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