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0758 - Mörder aus der Spiegelwelt

0758 - Mörder aus der Spiegelwelt

Titel: 0758 - Mörder aus der Spiegelwelt
Autoren: Volker Krämer
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gehetzt stürmte sie durch die Ladentür und rannte kopflos auf die Straße hinaus.
    Weder der Professor noch seine Lebensgefährtin machten Anstalten, die Augenzeugin zu verfolgen. Im Gegenteil - diese Flucht passte exakt in ihren Plan.
    Zufrieden lächelnd verließen sie Arm in Arm das Donna M, ohne der toten Marie Voloh auch nur noch einen einzigen Blick zu gönnen. Nicole Duval ging jedoch nicht mit leeren Händen, denn die Kleider, die sie sich ausgesucht hatte, nahm sie natürlich mit.
    Die Ladentür schloss sich hinter den beiden und Todesstille kehrte ein.
    Nur oben, an der Decke der Boutique, summten leise die Überwachungskameras. Ganz so, als wäre nichts geschehen.
    ***
    Pierre Robin, Chefinspektor und Leiter der Mordkommission von Lyon, fragte sich ernsthaft, wo der logische Grund war, der ihn daran hindern sollte, sofort wieder in sein Bett zurückzukriechen. So sehr er sich auch bemühte - er fand keinen.
    Wie ein geprügelter Hund saß er am Küchentisch und stützte seinen zentnerschweren Kopf auf die Hände. Für so einen dicken Schädel gab es mehr als einen akzeptablen Grund, eine mit Freunden durchzechte Nacht etwa. Doch keiner dieser Gründe traf jetzt auf ihn und seinen momentanen Zustand zu.
    Pierre Robin war schlicht und ergreifend von einer heftigen Grippe erwischt worden. Praktisch über Nacht hatten die hinterhältigen Viren es sich in ihm bequem gemacht. Husten, Schnupfen - und zu allem Übel auch noch heftige Zahnschmerzen! Die wurden wohl durch die verstopfte Nase erzeugt, die mit Macht auf eine kleine Ruine in Robins Gebiss drückte, die er schon seit Monaten beseitigen lassen wollte.
    Aber wer ging schon gern zum Zahnarzt? Pierre Robin ganz sicher nicht.
    Der Chefinspektor war bei Kollegen und Vorgesetzten für seine unkonventionelle Arbeitsweise bekannt, nicht minder für sein eher schrullig zu nennendes Auftreten und seine oft doch burschikose Art. Diese Kombination plus Kollegenneid hatten ihn vor etlichen Jahren trotz seiner sensationellen Aufklärungsrate von fast 100 Prozent eine glänzende Karriere in der französischen Hauptstadt gekostet und für seine nicht ganz freiwillige Versetzung nach Lyon gesorgt.
    Eines schätzten jedoch alle an ihm -seine Zuverlässigkeit. Er gehörte zum Typ der Menschen, die mit dem sprichwörtlichen Kopf unter dem Arm zur Arbeit gingen. Robin konnte sich überhaupt nicht mehr erinnern, wann er sich zuletzt krank gemeldet hatte. Es musste einige Jahre her sein. Heute jedoch hatte er sich kurz und knapp telefonisch abgemeldet. Die Kombination aus Grippe und Zahnschmerzen warf ihn regelrecht um. Er war mehr als dankbar, dass seine derzeitige Lebensgefährtin Diana erst spät am Nachmittag in ihrer gemeinsamen Etagenwohnung zurück sein würde. Absolute Ruhe würde ihm jetzt mehr helfen, als alle Mittelchen und Tabletten zusammen.
    Müdigkeit und Erschöpfung gewannen die Oberhand über die Schmerzen. Pierre Robin schlief auf dem harten Küchenstuhl sitzend ein.
    Das hässliche Schrillen des Telefons ließ ihn wie einen Kastenteufel hochfahren! Mit zwei Schritten war Pierre am Hörer und ließ seiner Wut freien Lauf.
    »Verdammt, kann man mich nicht einen Tag lang in Ruhe lassen? Wer zum Teufel ist da?«
    Der Ausbruch tat ihm im gleichen Moment bereits Leid, denn vielleicht war es Diana, die sich Sorgen um ihn machte. Doch dem war nicht so.
    »Einen wunderschönen guten Tag, Robin. Ihre Schimpfkanonaden beeindrucken mich nicht sonderlich. Ohne Grund würde ich Sie sicher nicht in Ihrem hypochondrischem Anfall stören.«
    Robin stöhnte gequält auf, als er die Stimme des Polizeiarztes Dr. Henri Renoirs erkannte. Die zwei waren sicherlich nicht unbedingt eng befreundet, aber die Frechheit, ihn an einem solchen Tag zu nerven, hätte er dem kauzigen Arzt nun doch nicht zugetraut.
    »Nochmals verdammt! Gerade Sie haben mir heute gefehlt! Und das mit dem Hypochonder…«
    Dr. Renoir ließ ihn nicht ausreden. »Nun halten Sie mal die Luft an, die Ihnen hörbar knapp ist. Sie röcheln ja entsetzlich. Aber das interessiert mich nicht. Ihre Leute sind allesamt zu feige, Sie zu stören - selbst Staatsanwalt Gaudian. Ich habe da keine Skrupel. Sie müssen herkommen, und zwar jetzt und schnell.«
    Vor Robins geistigem Auge erschien das Bild des Doktors: ein kleines, mageres Männchen mit wirrem Haar und hässlicher Rundglasbrille, die aus dem Museum zu stammen schien. Mit Vergnügen hätte er den Kerl gewürgt, aber er kannte den Doktor lange genug. Es musste
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