Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0758 - Mörder aus der Spiegelwelt

0758 - Mörder aus der Spiegelwelt

Titel: 0758 - Mörder aus der Spiegelwelt
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
einen mehr als guten Grund geben, Robin zu stören, sonst hätte der Arzt nicht angerufen. Zudem war es vollkommen unüblich, dass die medizinische Abteilung sich einmischte, wenn es um die Personen ging, die eine Ermittlung führten.
    Robin schloss die Augen und ergab sich in sein Schicksal. »Sagen Sie mir, wohin ich kommen soll. Und gnade Ihnen wer-auch-immer, wenn mich dort nicht eine absolute Sensation erwartet!«
    Ein meckerndes Lachen antwortete ihm. »Sie werden schon sehen, Berg. Ich gebe Ihnen die Adresse durch…«
    ***
    Der Citroën XM des Chefinspektors machte heute Geräusche, die Pierre Robin zuvor nie gehört hatte. Wahrscheinlich hatte er sie nur noch nie wahrgenommen, denn der stechende Zahnschmerz sensibilisierte seine Gehörgänge offensichtlich enorm. Er sehnte sich nach der Stille seiner Wohnung zurück, doch nun war es zu spät, um umzukehren. Der Weg zum Tatort war nicht sehr weit und Robin kannte die Rue de Brest in- und auswendig, musste seinen gemarterten Kopf also nicht unnötig anstrengen, um die angegebene Adresse zu finden.
    Missmutig ertrug er den Fahrzeuglärm. Der Citroën hatte schon etliche Jahre auf dem Buckel und hätte längst ausgetauscht werden müssen, aber der Etat der Mordkommission war knapp geschnitten. Ja, der Polizeipräfekt selbst und die Damen und Herren Staatsanwälte - die fuhren Dienstwagen, die bei Kriminellen beschlagnahmt worden waren. Mercedes, Porsche, Ferrari, Cadillac… Aber ein kleiner Kommissar musste das nehmen, was der Fuhrpark ihm gab. An sich war der XM gar kein schlechter Wagen, deshalb hatte Robin ihn auch längst halb »privatisiert«. Aber mit zunehmendem Alter bekam er immer mehr Mucken und Macken.
    Sie werden schon sehen, Berg, hatte Renoir gesagt.
    Wehe, wenn nicht, dachte Robin vergrätzt. Dann walzt dich der Berg platt! Im trauten Spiel der Spitznamen-Vergabe war er der Berg und der Arzt der Prophet - getreu dem biblischen Spruch, wenn der Prophet nicht zum Berge ginge, müsse der Berg zum Propheten kommen. So war es meist, und hier und jetzt schon wieder. Zudem wirkte Dr. Renoir durch sein Äußeres und seine ganze Art tatsächlich oft wie ein Prophet und hatte mehr als einmal auch solche Fähigkeiten bewiesen. Unglaublich schnell konnte der Arzt Todesursachen analysieren, die sich dann später bei der genauen Untersuchung als richtig erwiesen.
    Schon von weiten konnte er die typischen Anzeichen polizeilicher Ermittlungen erkennen.
    Die Absperrbarrieren, ebenso rotweiß gestreift wie das dazwischen gespannte Flatterband. Einsatzwagen mit blinkenden Rundumleuchten. Beamte in Uniform mit stoischem Gesichtsausdruck, die den einen oder anderen neugierigen Gaffer femhielten. Natürlich und unvermeidbar die Geier der Boulevardpresse, die die offiziellen Verlautbarungen der Polizei nicht abwarten wollten. Also das übliche Theater, das Robin immer und immer wieder meilenweit zum Hals heraushing.
    Pierre Robin parkte seinen Wagen gnadenlos quer hinter einem Polizeifahrzeug. Das fehlte auch noch, dass er, sterbenskrank wie er war, sich auch noch einen ordentlichen Parkplatz suchen musste. So nicht! Mit unwilligem Brummen verscheuchte er zwei Pressevertreter, die schlau genug waren, ihm den Weg frei zu machen. Die Hände tief in den Manteltaschen vergraben betrat er die Boutique Donna M.
    Jerome Vendell, der Verantwortliche bei der Spurensicherung am Tatort, erkannte sofort, dass man den Chefinspektor heute besser nicht mit einem lockeren Spruch begrüßte, und nickte Robin nur kurz zu. Die Tote lag bereits in dem containerähnlichen Sarg. Ein Blick reichte Robin aus, um zu realisieren, wie die schöne Frau ums Leben gebracht worden war. Ganze Arbeit, die der oder die Mörder geleistet hatten. Robin wusste, wer die Inhaberin des Ladens war. Auch wenn er sich wahrlich nicht um Mode kümmerte, war auch ihm der Name Marie Voloh ein Begriff.
    »Hier hinten spielt die Musik, Robin.« Der unmögliche Haarschopf des Doktors erschien im Türrahmen zum hinteren Zimmer.
    Robin deutete ein schiefes Grinsen an. »Einen Propheten brauche ich hier aber nicht. Die Todesursache kann ja wohl jeder Trottel erkennen.«
    Der Arzt schüttelte unwillig den Kopf. »Glauben Sie im Ernst, deshalb hätte ich Sie hierher gerufen? Sie sehen aus, wie durch den Fleischwolf gedreht, Robin. Also kommen Sie in den Hinterraum und fragen nicht lange. Ihnen werden gleich die Augen übergehen.«
    Zufallen wäre der korrekte Ausdruck, dachte der Inspektor und folgte Renoir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher