Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0756 - Tod über der Tunguska

0756 - Tod über der Tunguska

Titel: 0756 - Tod über der Tunguska
Autoren: Roger Clement
Vom Netzwerk:
fragen.
    »Den Genosséh, der uns hier herausholen wird. Euch, nicht mich. Denn ich werde schon sehr bald im Großen Nichts verschwinden… Er ist ein hoch gewachsener und schöner Genosse. Wie ein verdammter Herr ist er gekleidet, so elegant wie ein Großfürst. Hähähä… aber das ist nur Tarnung, versteht ihr? Er trägt die Maske unserer Feinde, und er spricht ihre Sprache. Aus dem Ausland kommt er angereist, aus Frankreich. Mit der Transsibirischen Eisenbahn ist er vielleicht schon jetzt auf dem Weg hierher. Und wenn er auch aussieht wie ein verfluchter Unterdrücker, so weht in seinem Herzen doch die Schwarze Fahne der Anarchie…«
    Gregor machte eine kleine Pause und murmelte vor sich hin. Er beschrieb diesen eleganten Genossen so genau, als ob er eine Personenbeschreibung abliefern müsste.
    »Und wie heißt der Mann, Genosse Gregor?«
    Die Frage war von einem anderen Gefangenen gekommen.
    »E… er heißt…« Der Alte rang nach Atem. »Z… Za…«
    Noch einmal bäumte sich der Greis auf, von Krämpfen geschüttelt. Seine Hände griffen nach der mageren Brust. Die neben seinem Bett Kauernden tupften ihm den Schweiß von der bleichen Stirn. Aber gegen die furchtbaren Verletzungen, die von der Knute geschlagen worden waren, half überhaupt nichts.
    Gregor starb.
    Petrow schwor sich, den Tod des Alten zu rächen. Und damit würde er nicht warten, bis dieser elegante Genosse auf der Bildfläche erschien.
    Falls der nicht ohnehin eine Fieberfantasie des schwer Verletzten gewesen war…
    ***
    Staatliches Geheimarchiv, Wladiwostok, Russland, Gegenwart
    Boris Iljitsch Saranow schwitzte.
    Der russische Parapsychologe wischte sich mit einem großen geblümten Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. Es war ihm einfach zu heiß.
    Dafür konnte man allerdings nicht die Außentemperaturen hier an der pazifischen Küste Sibiriens verantwortlich machen. Und es gab auch keinen anderen, noch viel schlimmeren Anlass für Saranows Schwitzattacken.
    Obwohl er sich im Gebäude des Federalnaja sluzhbakontrrazvedky, also des Föderalen Abwehrdienstes, befand, wurde er nicht etwa mit rabiaten Methoden unter Druck gesetzt, um irgendetwas zu gestehen. Auch das war also kein Grund für seine Schweißausbrüche.
    Es lag einfach nur an der Zentralheizung des Gebäudes. Die ließ sich nämlich nicht regulieren, genauso, wie die Fenster sich nicht öffnen ließen. Und da irgendein führender Apparatschik offenbar für Tropentemperaturen in den Räumen des Geheimarchivs sorgen wollte, lief dem russischen Parapsychologen der Schweiß in Strömen über das breite Kreuz.
    Saranow kauerte auf einer Art Kinderstuhl und blätterte in Akten. Das war nun nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung, aber manchmal konnte man sich seine Arbeit eben nicht aussuchen. Besonders, wenn man von Mütterchen Russland finanziell abhängig war. Und da Saranow im Gegensatz zu vielen anderen russischen Staatsdienern sein Gehalt pünktlich gezahlt bekam, musste er gelegentlich schon ein paar ungeliebte Aufträge über sich ergehen lassen.
    Zum Beispiel diesen hier.
    Der Abwehrdienst hatte beschlossen aufzuräumen. Manches Geheimmaterial hatte sich durch das Ende des Kalten Krieges von selbst erledigt und wurde einfach in einem Spezialofen verfeuert.
    Doch es gab einige Akten, die okkulte oder mystische Informationen enthielten. Davon hatte der Geheimdienst keine Ahnung. Also forderte man einen Spezialisten an.
    Und dieser Spezialist hieß zufälligerweise Saranow. Und so kam es, dass Zamorras russischer Freund und Kollege auf einem unbequemen Kinderstühlchen saß, in alten Akten blätterte und sich die Seele aus dem Leib schwitzte.
    Schlecht gelaunt blickte Saranow auf.
    Igor, sein Aufpasser, schien nicht zu schwitzen.
    Wahrscheinlich fließt Fischblut durch seine Adern, dachte der Parapsychologe, während er den drahtigen jungen Mann fixierte. Igor war bleich, als ob sein Lieblings-Aufenthaltsort in der-Tat Archivkeller wären. Doch die Muskeln unter seinem unmodischen Anzug zeugten davon, dass er vermutlich seinen Körper noch zu anderen Dingen als zum Aktenstemmen einsetzen konnte. Ganz abgesehen davon, dass die Griffschale seiner Dienstpistole deutlich sichtbar unter dem Jackett hervorlugte…
    »Igor?«
    »Ja, Kollege Saranow?«
    »Ich bin nicht dein Kollege! Gibt es in diesem Rattenloch etwas Kaltes zu trinken?«
    »Hier unten nicht.«
    »Das sehe ich selber! Aber ich verdurste gleich. Kannst du mir nicht eine Cola oder so etwas besorgen?«
    »Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher