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0749 - Hort der Wölfe

0749 - Hort der Wölfe

Titel: 0749 - Hort der Wölfe
Autoren: Timothy Stahl
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Taten!«
    Old Man sah ihn an, und Verstehen schlich sich in seine Züge. Aber auch Zweifel. Und ein bisschen Sorge.
    »Du willst…?«, begann er, doch Strongtree ließ ihn nicht ausreden.
    »Ich will«, erklärte er fest. »Ich fühle mich bereit.«
    Auch Bane begriff. »Du willst zum Großen Kampf antreten?«
    »So ist es. Triff die nötigen Vorbereitungen, Old Man.«
    »Jetzt, auf der Stelle?«, fragte der Alte.
    »Jetzt und sofort!«, drängte der Navajo. »Keinen Augenblick länger will ich die Bürde meines Fluches tragen. Ich will sie abwerfen!« Seine Miene verfinsterte sich vor Entschlossenheit, und sein Blick lohte in kaltem Feuer. »Oder dabei sterben!«
    ***
    Wieder schien die Zeit ausgesperrt aus dem Hogan, und so konnte Strongtree nicht sagen, wie lange es dauerte, bis Oldman alle Vorbereitungen getroffen hatte. Er bemalte Strongtrees nackten Körper mit Zeichen aus der Schrift der Steinalten, kratzte andere mit einem spitzen Stock in den Erdboden, sang und sprach kehlig klingende Worte, mal laut, befehlend, dann wieder leise, wie besänftigend. Dann entfachte er abermals ein Feuer, aus anderen Hölzern diesmal, und streute Ingredienzien in die kleinen Flammen.
    Diesmal entwickelte das Feuer weit mehr Rauch. Bald füllte er das Innere des Kuppelbaus aus, wie Nebel, und die Wände des Hogans verschwanden dahinter, als existierten sie nicht länger. Und auch Old Man war nicht mehr zu sehen, nur mehr zu hören.
    Tief atmete Strongtree den Rauch ein, so wie die Stimme des Alten es von ihm verlangte. Der Qualm kratzte nicht im Hals, reizte Strongtree nicht zum Husten, roch nur angenehm würzig und wirkte belebend, weckte Kräfte. Schließlich hatte Strongtree das Gefühl, als fülle der nebelhafte Rauch ihn aus, gerade so wie er auch den Hogan ausfüllte. Und auch in ihm, seinem Innersten, schienen Wände zu verschwinden, sich aufzulösen.
    Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er die Augen geschlossen hatte, wohl weil er es nicht bewusst getan hatte. Jetzt öffnete er die Lider wieder, auf Old Mans Geheiß hin, und sah, dass der Rauch nun nicht mehr grau war, sondern rotgolden leuchtete, als reflektiere er eine Glut, deren Ursprung der Navajo jedoch nicht auszumachen vermochte.
    Und er saß auch nicht mehr mit untergeschlagenen Beinen an der Feuerstelle inmitten des Kuppelbaus, sondern befand sich, stehend - irgendwo. Im Nichts, wie ihm erst schien. Umgeben nur von dem leuchtenden Nebel.
    »Geh!«, kam Old Mans Stimme von irgendwoher.
    Und Strongtree ging.
    Leicht fühlte er sich, beinahe wie schwebend, erleichtert, als sei eine schwere Last von ihm genommen. So, dachte er, müssen Geister sich fühlen…
    Und frei fühlte er sich. Befreit wie nie zuvor im Leben.
    Er wusste, warum. Old Man hatte ihn sorgsam auf dieses letzte Ritual, den so genannten Großen Kampf, vorbereitet in den zurückliegenden Wochen und Monden.
    Das Wölfische war von ihm geschieden. Wenn auch nicht verschwunden. Es war noch da - irgendwo, um ihn. Harrte seiner, lauerte ihm auf…
    Je weiter er ging, irgendwohin, in keine bestimmte Richtung, einfach nur einen Fuß vor den anderen setzend, den Boden unter sich kaum spürend, lichtete sich der Nebel ein wenig. Rötliche Wände kamen dahinter zum Vorschein, wie feucht glänzender Fels und doch anders, irgendwie lebendig. Sie schienen im Takt eines Herzens zu pulsieren, dessen Schlag Strongtree so deutlich spürte, als sei es sein eigenes.
    Höhlen, Gänge, ein Labyrinth war es, durch das er ging. Ziellos, wie ihm schien, aber doch geführt, hingezogen zu dem Teil seiner selbst, der von ihm gespalten war, angezogen davon wie von einem Magneten, weil dieses Andere sich wieder vereinen wollte mit ihm.
    Wieder langte er am Ende eines lebenden Ganges an. Dahinter lag eine Höhle, deren Boden sich zur Mitte hin vertiefte. Und inmitten dieser weiten Senke stand ein Wolf.
    Sein Wolf.
    Der Wolf, der er gewesen war in so vielen Nächten.
    Zum ersten Mal sah Strongtree diese seine andere Gestalt mit eigenen Augen, sah er sich so, wie seine Opfer ihn gesehen hatten: ein kraftstrotzendes Tier mit rabenschwarzem Fell und Augen wie aus Bernstein. Und mit einem zähnestarrenden Maul, das wie zu einem Grinsen verzogen schien.
    Nein, es schien nicht nur so. Der Wolf grinste ihn, den Menschen, in der Tat an. Hämisch, siegesgewiss.
    Und plötzlich teilte Strongtree noch etwas mit all den Opfern, die er unter dem Fluch des Wolfes gerissen und gefressen hatte.
    Angst.
    »Nein!«, hörte er von nirgendwo und
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