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0749 - Hort der Wölfe

0749 - Hort der Wölfe

Titel: 0749 - Hort der Wölfe
Autoren: Timothy Stahl
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den Rest des Weges bis zu dieser Lichtung zu Fuß zurückgelegt. Beide hatten sie sich schon zuvor mit der Paste eingerieben, die ihre Witterung aufhob, und so konnten sie große Teile des Gesprächs der beiden Indianer und des Weißen in der Blockhütte unbemerkt belauschen.
    Als die drei die Hütte verließen, weil dieser Strongtree zum Großen Kampf antreten wollte, in dem er das Wölfische in sich bezwingen konnte, zogen Talbot und Vanduren sich ein Stück in den umliegenden Wald zurück. Nur so weit aber, dass sie das Geschehen auf der Lichtung noch beobachten konnten.
    Wo es allerdings nicht viel zu sehen gab: Old Man und Strongtree krochen in den Kuppelbau, in dem wohl das Ritual stattfinden sollte. Der Weiße, dessen Name Royce Bane war, blieb auf der Lichtung zurück, wartete und hing offenbar seinen Gedanken nach.
    »Ich glaube«, flüsterte Talbot fast lautlos, »wir können hier mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
    Vanduren knurrte fragend. Zu sprechen bereitete ihm große Mühe, so wie es für Talbot mühsam war, ihn zu verstehen.
    »Wir müssen diesen Old Man töten«, fuhr Talbot leise fort. »Mit ihm steht und fällt dieser ganze Hort der Wölfe. Wenn es ihn nicht mehr gibt, können hier auch keine Werwölfe mehr ›bekehrt‹ werden. Und wenn wir diesen Royce Bane so zur Strecke bringen wollen, dass wir seinen Kadaver hinterher verarbeiten können, müssen wir ihn zuerst dazu bringen, sich in einen Wolf zu verwandeln.«
    Vanduren knurrte abermals, zustimmend diesmal.
    »Und ich weiß, wie wir das bewerkstelligen können«, meinte Talbot, der in diesem neuen Verhältnis nicht mehr der Diener, sondern der Herr war, auch wenn er sich in dieser Rolle nicht wohl fühlte. Aber Vandurens Verwandlung beschränkte sich nicht nur auf sein Äußeres, sie hatte auch seinen Intellekt in Mitleidenschaft gezogen. Als Führer war er in dieser Verfassung nicht zu gebrauchen. Trotzdem ließ sich Talbot seine Überlegenheit nicht anmerken. Er pflegte sogar noch den alten Umgangston, obschon er es mit einem Ungeheuer zu tun hatte.
    »Kommen Sie, Sir«, sagte er, »lassen Sie uns den Wagen holen.«
    ***
    Royce Bane wusste nicht, wie lange Old Man und Strongtree bereits in dem Kuppelbau verschwunden waren. Sein Zeitgefühl ließ ihn völlig im Stich.
    Mittlerweile hatte er es auch aufgegeben, auf Geräusche aus dem Hogan zu lauschen. Es war nichts zu hören außer dem dumpfen Rauschen eines Wildbachs, der in der Nähe fließen musste. Es kam ihm vor, als befänden sich die beiden Indianer gar nicht in der halbrunden Behausung, sondern anderswo, weit entfernt. Und vielleicht war dem ja auch so…
    Außerdem beanspruchten ihn seine eigenen Gedanken in einem Maße, das ihn nahezu blind und taub machte für seine Umgebung. Sie drehten sich im Kreise, so wie er auf der Lichtung im Kreis ging. Einem eingesperrten Tier gleich.
    Und im Grunde war er das auch. Oder genauer gesagt: In ihm war ein Tier eingesperrt.
    Er konnte es spüren, dieses Tier. Noch schlief es, wenn auch unruhig. Er fühlte, wie es sich hin und her wälzte. Wie das Mondlicht nach ihm langte, es berührte, wachrütteln wollte.
    Und es gab nichts, was Royce Bane dagegen tun konnte.
    Sein Wunsch allein, sich nicht in einen Werwolf, ein Monster verwandeln zu müssen, genügte nicht.
    Und der Hass, der in ihm brannte, nährte die Bestie zudem noch…
    Eigentlich gab es nur eine Möglichkeit zu verhindern, dass der Wolf in ihm erwachte und seinen Körper übernahm, ihn vergewaltigte und neu formte, um ihn zum Werkzeug seines unseligen Triebes zu machen: Er, Bane selbst, musste diesen Körper unbrauchbar machen für die Zwecke des Ungeheuers, zu einem Kerker, aus dem es kein Entkommen gab.
    Er musste ihn töten !
    Nachdenklich betrachtete und drehte Bane den Armbrústbolzen in seinen Händen, den er gestern Nacht aus dem Baum gezogen und später in seiner Satteltasche verstaut hatte, aus der er ihn gerade wieder hervorgeholt hatte.
    Wenn er sich selbst die silberne Spitze ins Herz stieß, dann…
    Wie von selbst bewegte sich seine Hand, setzte die Spitze des Bolzens auf seine Brust.
    Es würde keiner sonderlichen Kraft bedürfen.
    Es würde vielleicht nicht einmal wirklich weh tun. Aber was danach kam, nach dem Tod, das schreckte ihn.
    Es ließ ihm die Hand erst zittern, dann sinken, als hingen Bleigewichte daran.
    Stöhnend vor Anstrengung versuchte er, sie wieder zu heben, den Gedanken an das Danach und alle Folgen zu verscheuchen.
    Es glich einem Kampf,
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