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0746 - Der Zeitlose

Titel: 0746 - Der Zeitlose
Autoren: Unbekannt
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Er kam sich plötzlich wie festgenagelt vor.
    Das Bild wechselte.
    Die Erde drehte sich unter dem einsamen Beobachter hinweg.
    Kontinente erschienen und verschwanden, Städte und Felder lösten einander ab. Nirgends gab es Anzeichen von Zerstörung.
    Alles sah so aus, als wäre es gerade verlassen worden.
    Das war die vernichtende Konsequenz der Vision: Auf der Erde gab es keine Menschen mehr!
    In einem unerklärlichen Zusammenspiel seines Unterbewußtseins mit dem auf Derogwanien zurückgelassenen Körper hob Alaska Saedelaere den Kopf aus dem Zeitbrunnen.
    Die Vision endete sofort.
    Alaska wälzte sich herum und lag schwer atmend auf dem Rücken.
    Er hörte sich wimmern. Schließlich hob er den Kopf und sah Callibso zwischen den Statuen stehen.
    „Das ist nicht wahr!" keuchte er. „Du hast mir ein Trugbild vorgegaukelt."
    Callibso schüttelte traurig den Kopf und verließ seinen Platz.
    Er ging langsam zur Hütte hinauf.
    Alaska schloß die Augen und zwang seine Gedanken in geordnete Bahnen. Angenommen, die Bilder, die er erblickt hatte, waren keine Täuschung?
    Als die SOL von Terra aus gestartet war, hatten rund zwanzig Milliarden Menschen auf dem Planeten gelebt.
    Sie konnten doch nicht einfach verschwunden sein. Es hätte Anzeichen für ihren Verbleib erkennbar sein müssen. Die Städte hatten auf Alaska den Eindruck gemacht, als wären sie von einer Sekunde zur anderen entvölkert worden.
    War das vielleicht eine unerwartete Folge der Aphilie?
    Wieder drängten sich geschichtliche Vergleiche in Alaskas Überlegungen. Waren nicht auch in ferner Vergangenheit ganze Völker einfach verschwunden, ohne daß es eine Erklärung dafür gab?
    Eine Frage begann Alaska zu beschäftigen. War das, was er beobachtet hatte, bereits eingetreten - oder stand es noch bevor?
    Der Zeitbrunnen hatte ihm vielleicht einen Abschnitt aus der Zukunft gezeigt.
    Alaska erhob sich und rannte hinter dem Puppenspieler her.
    Er holte ihn kurz vor der Hütte ein.
    „Callibso! Du bist mir eine Erklärung schuldig!"
    Er hatte den Eindruck, daß die Bewegungen der Puppe immer geschmeidiger und eleganter wurden. Callibsos Bewußtsein schien diesen künstlichen Körper allmählich auch in dieser Beziehung zu beeinflussen.
    „Ich hatte dich gewarnt", erinnerte der Zwerg.
    „Wie konnte das geschehen?" brach es aus dem Terraner hervor.
    „Es wird geschehen!" korrigierte Callibso. „Allerdings in absehbarer Zukunft. Ich habe keine Erklärung dafür."
    Alaska gab sich einen Ruck.
    „Ich muß sofort durch den Zeitbrunnen zur Erde. Vielleicht kann ich das Verhängnis abwenden."
    „Ich dachte mir, daß du auf eine solche Idee kommen würdest!
    Sie ist undurchführbar. Natürlich kannst du auf die Erde gelangen, aber nur zu jenem Zeitpunkt, den du in deiner Vision erlebt hast. Eine andere Eintauchzeit gibt es nicht."
    „Wie kann es zu diesem Verschwinden der Menschheit kommen?" fragte Alaska.
    „Ich weiß nicht mehr als du", gab Callibso zurück. „Ich habe die gleichen Bilder gesehen. Als ich Nachforschungen anstellen wollte, stieß ich auf die Sperre, die Beobachtungen vor dem Zeitpunkt des Verschwindens verhindert."
    Alaska hatte den Eindruck, daß er die Wahrheit hörte.
    Er war völlig niedergeschlagen. Die ganze Zeit über hatte er gehofft, zu der Menschheit zurückkehren zu können, aber jetzt stand ihm lediglich das Tor zu einer verlassenen Erde offen.
    Konnte ein einzelner Mensch allein auf der Erde leben?
    Allein der Gedanke daran war unvorstellbar.
    In der darauffolgenden Nacht erwachte Alaska von einem ungewohnten Geräusch. Es hörte sich an, wie das Scharren unzähliger Füße auf hartem Boden.
    Als der Lärm nicht nachließ, stand Alaska von seinem Lager auf. Zwischen dem Tisch und dem offenen Kamin lag Callibso am Boden, den Zylinder fest zwischen den Armen umschlossen.
    Alaska überlegte, ob er den Zwerg wecken sollte, entschied sich aber dagegen.
    Er trat aus der Hütte. Naßkalter Wind fuhr ihm ins Gesicht.
    Alaska entfernte sich von der Hütte und blickte zur Stadt hinab.
    Hunderte von flackernden Fackeln bewegten sich den Hang herauf. Ihre Träger waren in der Dunkelheit nur verschwommen sichtbar, aber Alaska war überzeugt davon, daß es sich bei ihnen um die Puppen handelte, die dort unten in der Stadt lebten.
    Alaska kehrte in die Hütte zurück und weckte den Zwerg.
    „Die Puppen aus der Stadt sind auf dem Weg hierher!"
    berichtete er dem verschlafenen Callibso.
    Im Licht des heruntergebrannten Kaminfeuers spiegelten
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