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0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

Titel: 0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick
Autoren: Jason Dark
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lief völlig normal weiter. Gegenüber hielten die Busse, sammelten Fahrgäste ein oder ließen welche aussteigen.
    Jedenfalls kam ich hier nicht weiter.
    Wo dann?
    Im Hotel? Es war eine Möglichkeit, wenn auch nur vage. Zudem war es für mich ein überschaubarer Ort, und ich dachte zwangsläufig wieder an das alte Hotel in Sils Maria, wo das Grauen Einzug gehalten hatte. Allmählich entwickelte sich das Engadin für mich zu einem Alptraum.
    Von Jessica entdeckte ich ebenfalls keine Spur. Ich überlegte auch, ob ich sie über den Anruf informieren sollte. Die Drohung war verdammt hart gewesen, ob sie mir glaubte und wie sie es aufnehmen würde, darüber konnte ich nur spekulieren.
    Jedenfalls war der Fall vorangegangen. So fand ich mich damit ab, dem Anruf auch etwas Positives abzugewinnen. Dennoch nahm ich die Drohung keinesfalls auf die leichte Schulter. Wer ließ sich schon gern das Herz aus dem Leib schneiden?
    Ich sicherlich nicht…
    ***
    Als Franca Simonis das Hotel betrat, lächelte ihr der Mann an der Rezeption zu. »Hatten Sie einen schönen Vormittag?«
    »Sehr gut.«
    »Ja, das Wetter ist super. Unsere Gäste können sich freuen.«
    »Das glaube ich Ihnen gern.« Sie nahm ihren Zimmerschlüssel entgegen und schritt auf die Glastür zu, die sich automatisch zur Seite schob, damit der, Weg in die prächtige Hotelhalle mit den alten Deckengemälden frei war.
    Wer diesen Weg ging, schaute geradeaus auf den halbrunden Erker, der der Rückseite des Hotels vorgebaut war und zu den Lieblingsplätzen der Gäste am Nachmittag gehörte, denn auch dort verteilten sich, wie überall in der Halle, die Tische mit den entsprechenden Sitzgelegenheiten, wobei der Chippendale-Stil überwog, den Franca leider überhaupt nicht mochte.
    Ein breiter Gang, noch vor der Halle, durchschnitt den Hotelkomplex von links nach rechts. An ihm lagen auch die Bar, einige kleinere Salons und der große Speiseraum; der allerdings an der linken Seite, von der Rezeption aus gesehen, durch eine kleine Treppe zu erreichen war.
    Franca Simonis bewegte sich in die andere Richtung, weil sich dort der Fahrstuhl befand. Sie hätte auch durch, das breite Treppenhaus nach oben in den vierten Stock gehen können, das aber hätte sie zuviel Zeit gekostet. Sie mußte unbedingt jemand anrufen, um zu erfahren, wie es gelaufen war.
    Vielleicht hatten sie ja Glück gehabt. In der mit Holz getäfelten Kabine blieb sie allein, stieg im vierten Stock aus und nickte zwei Mädchen zu, die dabei waren, den Marmor rechts und links des Teppichs zu säubern. Er bedeckte die gesamte Treppe bis hin zum Erdgeschoß. Sie schloß ihre Zimmertür auf, blieb sicherheitshalber auf der Schwelle stehen. Niemand erwartete sie.
    Franca betrat den Raum. Sie trug noch ihre Langlaufschuhe und auch den Skianzug, das störte sie nicht weiter. Sie öffnete nur den vorderen Reißverschluß, setzte sich auf die Bettkante und stellte das flache Telefon auf ihren Schoß. Sie drückte die Null, bekam die Freileitung und tippte dann eine Nummer ein, die in keinem Telefonbuch stand. Ungeduldig wartete sie darauf, daß jemand abhob.
    Mit den Fingerkuppen trommelte sie auf die Platte des Nachttischs, hörte das Läuten und flüsterte etwas, das nicht zu verstehen war.
    Endlich hob jemand ab, und der dunkelhaarigen Frau fiel ein Stein vom Herzen. Sie meldete sich mit ihrem Decknamen Herz-As. »Gut, daß du anrufst.«
    Dieser Satz alarmierte sie. »Wieso? Ist etwas geschehen?«
    »Ja. Karo-As ist tot.«
    Franca Simonis gab keine Antwort. Sie saß starr auf der Bettkante und hielt die Augen geschlossen.
    Nicht, daß sie besonders überrascht gewesen wäre, damit hatten sie immer rechnen müssen, aber daß der Fall nun eingetreten war, machte sie so betroffen.
    »Hörst du noch?«
    »Si.«
    »Es war nichts mehr zu ändern. Sie haben ihn im Abteil tot gefunden.«
    »Wie kam er um?«
    »Seine Lungen sind geplatzt!«
    Franca verschluckte sich beinahe. »Was sagst du da?«
    Der andere lachte bitter. »Ja, das hat die erste Untersuchung der Ärzte ergeben, und ich glaube den Leuten. Man hat auch keine Gewaltanwendung von außen feststellen können, obwohl man vor einem Rätsel steht, wie so etwas überhaupt geschehen konnte.«
    »Wird es als Mord angesehen?«
    »Davon ist mir nichts bekannt.«
    Franca fluchte wie ein sizilianischer Eselstreiber, obwohl sie aus Turin stammte. »Aber das sind doch Idioten, sind das. Sie können nicht einfach eine Leiche im Zug haben und…«
    »Natürlich recherchiert
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